18.10.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 119 / Tagesordnungspunkt 28

Maik BeermannCDU/CSU - Digitalisierung Deutschlands

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich persönlich finde es richtig gut, dass wir heute in der Kernzeit digitalpolitische Themen diskutieren, auch wenn man bei der Anzahl der Anträge das Gefühl hat, hier heute eine Digitalisierungswoche der FDP zu erleben.

(Frank Sitta [FDP]: Genau!)

Wenn man sich allerdings die Anträge anschaut, stellt man sich an der einen oder anderen Stelle doch die Grönemeyer-Frage: Was soll das?

(Beifall des Abg. Dr. Jens Zimmermann [SPD])

Beispielsweise der Antrag „Smart Germany – Bundesministerium für Digitalisierung etablieren“ ist ja nichts Neues.

(Frank Sitta [FDP]: Machen Sie doch mal!)

Man kennt das jetzt ja schon seit einigen Jahren. Diese Forderung wird gerade auch seitens der FDP immer und immer wieder hier vorgetragen. Ich erinnere mich an eine Rede des Kollegen Brandenburg vom November 2018 zur KI-Strategie der Bundesregierung. Darin sagte er unter anderem, ein Digitalministerium sei das einzig Wahre.

(Beifall bei der FDP)

Das hat anscheinend eine ungemein hohe Bedeutung für die FDP. Heia Safari! Wie oft und wie lange wollen wir uns noch mit diesen Themen beschäftigen?

(Manuel Höferlin [FDP]: Bis Sie es verstanden haben!)

Auf den ersten Blick mag man meinen, dass es eine gute Idee ist und auch gut gemeint ist. Auf den zweiten Blick, wenn man genauer hinschaut, stellt man fest, dass das alles doch nicht so einfach ist. Das möchte ich auch gern begründen.

Wenn wir uns vor Augen führen, dass das Thema Digitalisierung einen großen Querschnitt unserer Gesellschaft widerspiegelt, dann erkennen wir, dass nicht nur ein einziges Ministerium davon betroffen ist, sondern mittlerweile alle Häuser, die wir in Berlin haben. Beispielsweise die Zuständigkeit für die elektronische Patientenakte oder den digitalen Impfpass aus dem Gesundheitsministerium herauszulösen, also aus dem Ministerium, in dem die Fachleute sitzen, und in ein Digitalministerium zu überführen, ist aus meiner Sicht nicht der richtige Weg. Wenn man weiterschaut und feststellt, dass zum Beispiel der Bereich Cyberwar, wo es möglicherweise auch um Aus- und Aufrüstung geht, ein fachspezifisches und spezielles Thema, aus dem Verteidigungsministerium herausgelöst werden soll, um ihn in ein Digitalministerium zu überführen, dann ist das aus meiner Sicht nicht der richtige Weg, meine Damen und Herren. Ich glaube, dass es ohne fachlichen Hintergrund nicht geht. Deshalb bin ich und sind wir von der Union von einem Digitalministerium nicht überzeugt.

Wichtig ist, dass die vielen digitalpolitischen Maßnahmen, die in den verschiedenen Ministerien geplant werden, gut koordiniert werden, und das erfolgt ja auch.

(Manuel Höferlin [FDP]: Nicht!)

Das erfolgt im Kanzleramt durch unsere Staatsministerin Dorothee Bär.

(Manuel Höferlin [FDP]: Nicht!)

Dort wird ein guter Job geleistet.

Auch der internationale Vergleich zeigt: Digitalministerien erfassen oft nur einen kleinen und spezifischen Ausschnitt der Digitalisierung. Ich nenne beispielhaft Polen. Das polnische Digitalministerium ist ausschließlich für den Breitbandausbau und für die Digitalisierung der Verwaltung verantwortlich. Eine andere Aufgabe hat dieses Ministerium derzeit nicht. Da fragt man sich: Ist das erforderlich und zwingend notwendig? Kurzum: Aus unserer Sicht ist ein Digitalministerium bei uns in Deutschland weder sinnvoll noch praktikabel.

Der zweite Antrag der FDP befasst sich mit dem Thema IT-Sicherheit. Die Themensetzung kann ich erst einmal begrüßen. IT-Sicherheit ist ein wichtiges Thema, das die breite Gesellschaft in unserem Land betrifft. Auch mit den Inhalten kann ich in Teilen mitgehen. Das betrifft zum Beispiel die Haushaltsausstattung in diesem Bereich. Wenn ich mehr Sicherheitsbehörden fordere, dann brauche ich auch mehr Personal, dann brauche ich auch eine bessere Ausstattung.

Gewundert habe ich mich allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, ähnlich wie in meiner Rede vor ein paar Monaten zum FDP-Antrag „Innovationsbotschafter entsenden“, über die neue Staatsgläubigkeit der FDP gerade in Fragen der Hochtechnologie. Es ist schon spannend, dass aktuell eine liberale Partei dem Staat anscheinend mehr vertraut als den Anwendern und Nutzern selbst.

(Manuel Höferlin [FDP]: Steht da gar nicht drin!)

Der Staat soll zukünftig für die ganze IT-Sicherheit zuständig sein.

Das sehen wir anders. Wir wollen den Nutzer in die Selbstverantwortung bringen und ihn stärken. Auch darüber müssen wir einmal reden, wenn wir über IT-Sicherheit debattieren. Jedes Netz ist ja nur so sicher wie der Anwender, der es verwendet. Denken wir hier nur einmal an die Zahlen: Über 60 Prozent der Deutschen nutzen ein und dasselbe Passwort für unterschiedliche Onlineaccounts.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Sollte man das nicht?)

Wenn „00000“, „ichliebedich“ oder „Schalke04“ zu den beliebtesten Passwörtern gehören, nützt auch die beste IT-Sicherheit nichts.

(Timon Gremmels [SPD]: Sie wissen doch, dass es andere Passwörter sind!)

– Das sind aber die beliebtesten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bekomme das Signal vom Präsidenten. Es ist immer ärgerlich, wenn am Ende der Redezeit noch so viel Redetext übrig ist. Aber es ist, wie es ist. Ich kann nur sagen, dass wir den Anträgen in dieser Form nicht zustimmen werden.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Beermann. – Sie sehen, dass ich heute etwas großzügiger bin. Ich möchte auch gemocht werden von den Kolleginnen und Kollegen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Karsten Möring [CDU/CSU]: Keine Chance! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Aber nur zwischendurch!)

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Joana Cotar, AfD-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der AfD)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7395490
Wahlperiode 19
Sitzung 119
Tagesordnungspunkt Digitalisierung Deutschlands
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