18.10.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 119 / Tagesordnungspunkt 34

Sabine DittmarSPD - Masernschutzgesetz

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Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wenn man dem Herrn Oehme so zuhört, meint man, die Welt sei voller Impfgegner und ‑skeptiker. Glücklicherweise haben Ihre Kollegen im Brandenburger Landtag da eine andere Position.

Tatsache ist doch, Kolleginnen und Kollegen, dass eine breite Mehrheit der Bevölkerung sehr wohl weiß, dass Impfungen ein medizinischer Segen sind. Impfungen schützen nicht nur die eigene Gesundheit, sie schützen auch das Umfeld. Wenn es aber eine so große Impfbereitschaft gibt: Warum verfehlen wir dann Jahr für Jahr erneut das erklärte Ziel, Masern zu eliminieren?

Seit über 40 Jahren stehen hierfür wirksame und auch sehr gut verträgliche Impfstoffe zur Verfügung. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung initiierte mehrere Aufklärungskampagnen. Die Überprüfung des Impfstatus ist Gegenstand von diversen Vorsorge- und Gesundheitsuntersuchungen. Mittlerweile ist vor jedem Kitabesuch der Nachweis einer Impfberatung zu erbringen. Trotz all dieser Bemühungen und Regelungen haben wir weiterhin nicht tolerierbare Impflücken.

Wir benötigen bei der Masernzweitimpfung eine Impfquote von 95 Prozent, um die Herdenimmunität zu erreichen. Davon sind wir weit, weit entfernt. Für dieses Jahr sind beim Robert-Koch-Institut schon wieder fast 500 Masernfälle erfasst. 95-prozentige Herdenimmunität bedeutet, dass es in Deutschland nicht mehr als 80 Masernfälle im Jahr geben darf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Masern sind keineswegs eine harmlose Kinderkrankheit.

(Karin Maag [CDU/CSU]: So ist es!)

Masern sind eine der ansteckendsten Erkrankungen weltweit. Wenn Sie als ungeschützte Person Kontakt mit einem Maserkranken haben, erkranken Sie zu fast 100 Prozent an Masern. Masern sind nicht nur hochvirulent. Sie sind auch hochgefährlich. Bei etwa jedem zehnten Betroffenen treten Komplikationen auf: von der Lungenentzündung bis hin zur Hirnhautentzündung. Aber besonders dramatisch sind die Spätfolgen, die oftmals erst Jahre nach der Infektion auftreten. Ich spreche hier von der subakut sklerosierenden Panenzephalitis, SSPE: Masernviren zerstören die Nervenzellen im Gehirn und führen letztendlich zum Tod.

Warum erzähle ich das so ausführlich? Masern und ein an SSPE erkrankter Patient waren Thema meiner ersten ärztlichen Prüfung. Diese dramatische Krankengeschichte hat meine Einstellung zum Thema Impfen tief geprägt. Der Junge infizierte sich im ersten Lebensjahr mit Masern, also zu einem Zeitpunkt, als der Nestschutz nachließ, die Impfung aber noch nicht durchgeführt werden konnte.

Und genau darum geht es im Masernschutzgesetz: Durch die Erhöhung der Impfquote wollen wir die Herdenimmunität erreichen. Wir wollen vulnerable Personengruppen besser schützen, also Personen, die zum Beispiel aufgrund einer Erkrankung nicht geimpft werden dürfen, und insbesondere Kinder unter neun Monaten. Deshalb halte ich es für vertretbar, notwendig und verhältnismäßig, den Nachweis eines ausreichenden Impfschutzes für Kinder, die in Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden, und für Personen, die dort arbeiten, zu verlangen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mit dieser Forderung befinde ich mich in guter Gesellschaft. Nicht nur der Deutsche Ärztetag und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, sondern laut Umfragen auch die Mehrheit der Bevölkerung stehen hinter dieser sogenannten Impfpflicht. Die Impfung ist ein leichter und zeitlich begrenzter Eingriff in die persönliche Freiheit – das hat der Staatssekretär dargestellt –, der aber von einem großen gesellschaftlichen Nutzen ist. Ich meine, die individuelle Entscheidungsfreiheit endet dort, wo die Gesundheit und sogar das Leben anderer wissentlich gefährdet werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])

Sehr geehrte Damen und Herren, Impfungen schützen uns wirksam vor Erkrankungen. Ich möchte Sie daher direkt an die Grippeschutzimpfung erinnern. Jetzt, bei diesem herbstlichen Schmuddelwetter, ist die richtige Zeit dafür. Damit Sie es in Zukunft auch noch leichter haben und es niedrigschwelliger ist, sich gegen Grippe impfen zu lassen, haben wir gleich auch noch einen Änderungsantrag eingebracht, der es Apotheken zukünftig im Rahmen eines Modellversuchs ermöglichen wird, die Impfung durchzuführen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit und wünsche ein schönes Wochenende.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Dr. Ullmann für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7395739
Wahlperiode 19
Sitzung 119
Tagesordnungspunkt Masernschutzgesetz
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