18.10.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 119 / Tagesordnungspunkt 34

Stephan PilsingerCDU/CSU - Masernschutzgesetz

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den vergangenen Wochen haben mich zahlreiche Zuschriften von engagierten Bürgerinnen und Bürgern erreicht, die ihre Bedenken zur verpflichtenden Masernimpfung geäußert haben. Dieses Engagement respektiere ich sehr.

Als Gesundheitspolitiker und vor allem auch als Arzt warne ich aber ausdrücklich davor, die Masern zu unterschätzen. Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten, die wir kennen. Zudem werden Masernviren ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen. Das ist ein wichtiger Punkt; denn das heißt, dass wir dieses Virus durch lückenlose Impfungen ausrotten können. Das ist nicht nur seit über 35 Jahren das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, sondern sollte auch das Ziel des Deutschen Bundestages sein.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Leider scheinen wir uns aktuell von diesem Ziel eher zu entfernen: Alleine bis Mai dieses Jahres wurden dem Robert-Koch-Institut bereits 420 Fälle von Masern gemeldet. Im Jahr 2018 waren es über das gesamte Jahr gesehen nur etwa 540 Fälle.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viele davon waren Erwachsene?)

Das können wir in einem Land mit einem solch fortschrittlichen Gesundheitssystem einfach nicht akzeptieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte Ihnen in drei Punkten gerne erläutern, warum ich Impfungen gegen Masern grundsätzlich für sinnvoll und auch für obligatorisch halte:

Erstens und ganz grundsätzlich. Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit, sondern eine hochansteckende Infektionskrankheit mit teilweise sehr schwerwiegenden Verläufen und Spätfolgen. Dabei können wir das verhindern; denn uns stehen gut verträgliche Impfungen zur Verfügung. Das Risiko einer Impfung ist deutlich geringer als das Risiko von Komplikationen bei einer Erkrankung.

Zweitens. Die Impfungen sind wirksam. Mithilfe der uns zur Verfügung stehenden Impfstoffe erreichen wir eine Immunität einfach und nebenwirkungsarm. Die Viruszirkulation ist gestoppt, wenn mindestens 95 Prozent der Bevölkerung einen vollständigen Impfschutz aufweisen. Das können wir erreichen. Vermehrte Krankheitsausbrüche in der jüngeren Vergangenheit zeigen uns jedoch: Hier bestehen noch immer Impflücken, und die sind wirklich gefährlich.

Denn – drittens – bestimmte Personen können nicht gegen Masern geimpft werden. Dazu zählen sehr junge Kinder, aber auch Menschen, die aufgrund einer schweren Erkrankung die Impfung nicht vertragen würden. Zudem gibt es Fälle, in denen Menschen überhaupt nicht oder nur vermindert auf eine Impfung ansprechen. All diese Gruppen müssen vor einer Ansteckung durch nicht geimpfte Personen geschützt werden. Hier gilt für mich ganz klar der Grundsatz: Die Freiheit des Einzelnen endet da, wo die Freiheit des anderen eingeschränkt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wir können nicht zulassen, dass diese besonders schutzbedürftigen Gruppen durch einen nicht ausreichenden Gemeinschaftsschutz gefährdet werden. Der vorliegende Entwurf zum Masernschutzgesetz sieht daher eine verpflichtende Impfung für bestimmte Gruppen vor. Das Impfen selbst bleibt dabei grundsätzlich freiwillig. Stattdessen müssen die betroffenen Personen entweder einen ausreichenden Impfschutz oder alternativ eine Immunität gegen Masern nachweisen, wenn sie eine entsprechende Einrichtung besuchen oder dort arbeiten wollen; eine Impfung kann und wird nicht durch unmittelbaren Zwang durchgesetzt werden. Das halte ich für umsetzbar und sinnvoll. Daran ändern auch mögliche Manipulationsversuche nichts.

Mir ist zugetragen worden, dass eine solche verpflichtende Impfung auch umgangen werden kann, indem Einträge in Impfausweisen – vornehmlich im Ausland – gefälscht werden. Hier werden wir eine Regelung finden, die das verhindert und die Beteiligten scharf sanktioniert. Aus diesem Grund sollten wir bei Impfungen im Ausland überlegen, grundsätzlich einen Impftiter als Nachweis zu verlangen, also einen Bluttest, mit dem wir die Immunität einschätzen können.

Meine Damen und Herren, Masern sind eine gefährliche Krankheit. Sie besitzen eine hohe Ansteckungsfähigkeit. Eine Impfung schützt nicht nur diejenigen, die sie bekommen, sondern vor allem auch die Menschen, die aus bestimmten Gründen nicht geimpft werden können oder auf eine solche Impfung nicht ansprechen.

Ich denke, dieses Maß an Solidarität sollte man von den Bürgerinnen und Bürgern durchaus einfordern dürfen. Und dort, wo es gefährlich wird, fordern wir sie jetzt auch ein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Martina Stamm-Fibich für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7395743
Wahlperiode 19
Sitzung 119
Tagesordnungspunkt Masernschutzgesetz
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