24.10.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 121 / Tagesordnungspunkt 4

Thomas KemmerichFDP - Einkommensteuertarif

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Tribüne und an den Bildschirmen oder anderen Empfängern! Die Steuerbelastung der Menschen ist in keinem europäischen Land so hoch wie in Deutschland. Leider sind wir nur in einer Disziplin Weltmeister: Steuerweltmeister!

Durch die gute Konjunktur der letzten Jahre gab es ein Steuerrekordjahr nach dem anderen. Jedoch kam davon bei den Menschen, die diesen Wohlstand ermöglichten, nur wenig an. Steuerzahler, Familienunternehmer, Gründer, Landwirte, Handwerker, der deutsche Mittelstand und seine fleißigen Mitarbeiter finanzieren uns alle.

(Beifall bei der FDP)

Sie brauchen endlich eine Entlastung; auch das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Wir Freie Demokraten fordern von der Politik Solidarität mit den Steuerzahlern.

(Beifall bei der FDP – Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Machen wir über den Solidaritätszuschlag!)

– Sie wollen den Solidaritätszuschlag nur halb abschaffen; dazu komme ich noch. – Übrigens hilft es eben nicht, nur auf mehr Steuereinnahmen zu hoffen, sondern – auch das muss gesagt werden – wir sollten darauf achten, dass wir den Erfolg nicht mit Steuerverschwendung zunichtemachen. Deshalb stehen wir auch da an der Seite der Bürger und Bürgerinnen und achten darauf, dass das Geld schonend ausgegeben wird.

(Beifall bei der FDP – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Das wäre mir neu!)

Sie wissen alle – Herr Gutting, auch wenn Sie es anders beschreiben –, dass die Mittelschicht, die Bezieher mittlerer und kleiner Einkommen, immer noch zu stark belastet ist. Ich merke hier Ihr Bemühen, zu kämpfen, auch gegen den Koalitionspartner. Aber da müssen wir einen Weg aufmachen;

(Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Den Weg haben Sie zugemacht!)

denn wenn wir weiter an der Realität vorbeidiskutieren und ignorieren, was der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen fühlt und spürt, nämlich dass es sich nicht mehr lohnt, sich reinzuhängen, wird er leider andere Parteien wählen, was wir vielleicht nicht wollen. Deshalb sollte es unser Streben sein, da endlich zuzupacken.

(Beifall bei der FDP)

Es ist tatsächlich so, dass von der Lohnerhöhung, aber auch von dem Weihnachtsgeld oder einer Prämie am meisten der Finanzminister Olaf Scholz profitiert. Das kann nicht sein; das ist das falsche Signal an eine leistungsbereite Gesellschaft.

(Markus Herbrand [FDP]: Genau!)

Ich denke, da stehen wir zusammen. Deshalb müssen wir uns dafür weiterhin einsetzen. Das ist das Aufstiegsversprechen der sozialen Marktwirtschaft.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU])

Ich muss Sie mit zwei Zitaten konfrontieren, meine Damen und Herren.

Ich zitiere aus dem Wahlprogramm der CDU:

Wir werden den Einkommensteuertarif insgesamt gerechter ausgestalten und den sogenannten „Mittelstandsbauch“ verringern.

Aus dem Wahlprogramm der SPD:

Mit unseren Vorschlägen für eine Steuerreform werden wir vor allem den sogenannten „Mittelstandsbauch“ angehen. Wir verbinden Entlastungen und mehr Gerechtigkeit!

(Beifall bei der FDP)

Warum schreiben Sie das in Ihr Wahlprogramm und halten sich nicht daran? Hier kann man einem Familienstreit beiwohnen. Sie haben es in Ihrem Wahlprogramm versprochen, Sie haben es den Wählern versprochen. Was haben Sie gemacht? Nichts!

(Beifall bei der FDP – Dr. Wiebke Esdar [SPD]: 10 Milliarden! – Weitere Zurufe von der SPD)

Ich möchte auch den Wählern in Thüringen sagen: Seien Sie vorsichtig mit dem, was versprochen wird.

(Dr. Wiebke Esdar [SPD]: 11 Milliarden Soli!)

Sonntag geht es nicht darum, wer was verspricht, sondern darum, wer es am nächsten Tag einlöst. Dafür stehen wir Freie Demokraten. Dafür stehen wir!

(Beifall bei der FDP)

Herr Altmaier ist gerade nicht da. Eine große Belastung für den Mittelstand ist die Bürokratie. Wie oft wurde schon angekündigt, Bürokratie abzubauen. Passiert ist auch da nichts.

(Beifall bei der FDP – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Das ist falsch!)

Es geht bei dieser Entlastung vor allem um die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Die Unternehmer wollen eins: Entlastung von der Bürokratie.

(Dagmar Ziegler [SPD]: Wir haben bald Weihnachten! Ein „Wünsch dir was“ der FDP!

Das bindet nämlich Zeit, Kapazität und damit auch Geld. Entlasten Sie die Unternehmen von Bürokratie und die fleißigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen von Abgaben.

(Beifall bei der FDP)

Zurück zum Antrag. Ich denke, wir legen mit unserem Antrag ein einfaches und finanzierbares Konzept vor. Das sind nicht mehrere 10 Milliarden Euro, sondern es sind 3 Milliarden Euro pro Jahr – das addiert sich; das geben wir gerne zu –, die wir den Beziehern mittlerer und kleiner Einkommen an Entlastungen zukommen lassen wollen.

(Dagmar Ziegler [SPD]: Die Kleinen bezahlen keine Steuern!)

Das ist umsetzbar, insbesondere mit Blick auf die Tatsache, dass dieser Regierung in dieser Zeit über 70 Milliarden Euro Mehreinnahmen zustehen und dass die Steuereinnahmen über alle Körperschaften bald die Schwelle von 900 Milliarden Euro erreichen werden.

(Beifall bei der FDP)

Es ist ein Gebot der Stunde, hier gerade den Handwerker, die Krankenschwester, den Gesellen und die Freischaffenden zu entlasten, weil – das spüren wir überall – sie sich sonst von unserem System abwenden. Schlimmstenfalls verlassen sie unser Land in Richtung Ausland, weil sie dort mehr für ihre Leistung bekommen:

(Dagmar Ziegler [SPD]: Wo denn? Wo denn, bitte?)

mehr Anerkennung, aber auch mehr Netto in der Tasche.

(Beifall bei der FDP)

Was macht die Große Koalition stattdessen, auch wenn sie leugnet, dass Geld vorhanden ist?

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Um 10 Milliarden entlasten!)

Wir pfeffern 54 Milliarden Euro in ein Klimapaket, das wirkungslos ist.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Oh, jetzt wird es interessant!)

Wir pfeffern Geld in eine sogenannte bedingungslose Grundrente. Nicht zielgenau und sogar Ungerechtigkeit produzierend, werden wir dafür mehrere Milliarden Euro ausgeben.

(Dagmar Ziegler [SPD]: Mein Gott, Sie sind ja ein richtig Wissender!)

Geben Sie das Geld doch den Leuten, die den Wohlstand ermöglichen und das halten, was sie versprechen, nämlich der fleißigen Mittelschicht.

(Beifall bei der FDP – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Grundrentenbezieher waren nicht fleißig: Haben Sie das gesagt?)

Die Menschen, die früh aufstehen, täglich zur Arbeit gehen und ihren Job verrichten, haben unsere Anerkennung verdient.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Grundrentner nicht? – Weiterer Zuruf von der SPD: Genau das machen wir damit!)

– Auch die Rentner. – Im Zusammenhang mit den bedürftigen Rentnern kann ich gerne noch einmal Ihr Wahlprogramm zitieren. Sie sind sich beide einig – auch wir sind dafür –, eine Grundrente oder eine Flexirente einzuführen, um gerade die Ungleichheiten über das Finanzamt auszugleichen,

(Zurufe von der SPD)

aber natürlich bedarfsorientiert. Wollen Sie die Rentnerin unterstützen, die im eigenen Haus wohnt und von der Rente ihres Mannes lebt? Das ist doch ungerecht. Wenn ich mit den Leuten auf der Straße darüber spreche, sagen sie mir: Ich finde das ungerecht. Es muss einen Unterschied im Land machen, ob ich mich reinhänge oder mich nicht reinhänge. Das dürfen wir nicht egalisieren und einebnen.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, wir stehen für Solidarität und Gerechtigkeit für alle,

(Dagmar Ziegler [SPD]: Unter Reichen!)

gerade für den deutschen Mittelstand, die deutsche Mittelschicht und deren Arbeitnehmer, die mit den Steuern, die sie in erheblicher Höhe zahlen, unsere Gesellschaft am Laufen halten. Das sind diejenigen, die unseren Respekt verdienen.

(Beifall der Abg. Carina Konrad [FDP])

Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht nur an diejenigen denken, die vom Staat leben. Die Freien Demokraten machen Politik auch für diejenigen, von denen der Staat lebt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Unterste Schublade!)

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Fabio De Masi, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7396518
Wahlperiode 19
Sitzung 121
Tagesordnungspunkt Einkommensteuertarif
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