Birke Bull-BischoffDIE LINKE - Berufliche Bildung
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Beratungen zum Berufsbildungsgesetz sind abgeschlossen, aber es bleibt trotzdem leider eine ganze Menge offen. Ich will nur drei Punkte nennen.
Erstens. Unzweifelhaft ist die Mindestausbildungsvergütung ein erster Schritt – und auch noch in die richtige Richtung. Aber davon profitieren lediglich 3 Prozent der jungen Leute. Das ist zu wenig.
(Beifall bei der LINKEN)
Vorgeschlagen war, dass die Mindestausbildungsvergütung 80 Prozent der durchschnittlichen Ausbildungsvergütung branchenübergreifend betragen müsse. Auch das wäre noch nicht existenzsichernd gewesen – ich finde, das muss die Ausbildungsvergütung aber sein –, es hätte aber auf jeden Fall für deutlich mehr junge Leute wirkliche Relevanz für ganz irdische Dinge besessen: um selbst die Kosten für Bus und Bahn für den Weg zur Berufsschule zu tragen oder eben auch eine eigene Wohnung bezahlen zu können, um selbstbestimmt an einem anderen Ausbildungsort eine Ausbildung zu wählen. Trotzdem ist es ein kleiner, oder sagen wir, ein befriedigender Erfolg, Frau Bas. Wir werden uns deshalb enthalten.
Zweitens. Wir brauchen ein Recht auf Ausbildung, und zwar auf vollqualifizierte Ausbildung.
(Beifall bei der LINKEN)
Das heißt beispielsweise für junge Leute, die aus unterschiedlichen Gründen mit einer zweijährigen Ausbildung beginnen, dass sie nicht nur die Möglichkeit, sondern das verbriefte Recht haben müssen, diese mit einer drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildung fortsetzen zu können. Immerhin betrifft das 45 500 junge Leute in 43 Berufen, die auf diese Art und Weise ihre eigene Qualifizierung und damit ihren Einstieg in das Erwerbsleben verbessern können, um eben nicht im Niedriglohnbereich zu landen mit schlechter Arbeit und schlechtem Lohn.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber mit einem Recht auf eine vollqualifizierte Ausbildung ist es noch nicht getan. Es braucht Assistenz und es braucht Unterstützung für diejenigen jungen Menschen, die in sehr problembeladenen Lebensumständen ihre berufliche Ausbildung absolvieren, die eben nicht die leichten und unkomplizierten Wege gehen oder gehen können, und für die Unternehmen, die sich dieser Herausforderung stellen. Diese Menschen kommen – und das ärgert mich; das sage ich zum wiederholten Male – bei Ihnen, Frau Karliczek, nie vor. Ähnlich ist das bei der FDP. Zugegeben, bei der FDP wird das zwar benannt, aber Sie von der FDP haben auch bloß die alten Lösungen von Modularisierung im Blick.
(Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Das ist nicht das Einzige! Steht alles in unserem Antrag!)
Drittens. Wir sagen, wir brauchen Schulsozialarbeit an Berufsschulen. Schulsozialarbeit an Berufsschulen muss die Regel werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich erinnere an unseren Antrag, dies ins SGB VIII aufzunehmen. Wir brauchen assistierte Ausbildung. Wir brauchen ausbildungsbegleitende Hilfen. Wir brauchen Jugendberufsagenturen. Dies gehört heraus aus den Sozialgesetzbüchern – das ist der Punkt, über den wir hier beraten müssen – und hinein ins Berufsbildungsgesetz.
(Beifall bei der LINKEN)
„Normalität statt Maßnahme“ muss der Grundsatz sein, und zwar für alle jungen Menschen. Das wäre in der Tat ein erster Schritt in ein inklusives berufliches Bildungsgesetz. Ein Berufsbildungsgesetz für alle, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Beate Walter-Rosenheimer, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7396537 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 121 |
Tagesordnungspunkt | Berufliche Bildung |