Thomas SattelbergerFDP - Berufliche Bildung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute spreche ich zu Ihnen als Praktiker. Ich war selber Lehrling. Ich bin geprüfter Ausbilder. Ich durfte zwei Berufsbilder ins Leben rufen, den Beruf Servicekaufmann/Servicekauffrau im Luftverkehr und, liebe Frau Fahimi, für angelernte und ungelernte Reifenarbeiter den Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnologie, übrigens modular. Hätten Sie in Hannover mal die Gelegenheit wahrgenommen, sich mit Menschen auseinanderzusetzen,
(Beifall des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP] – Yasmin Fahimi [SPD]: Ich mache das jeden Tag!)
dann hätten Sie Hunderte von Reifenarbeitern getroffen, die glücklich gewesen sind, dass sie aus dem angelernten Beruf in den besser bezahlten Anlagenführerberuf gekommen sind.
(Beifall bei der FDP)
Beschäftigen Sie sich mal mit der Praxis, Frau Fahimi.
(Yasmin Fahimi [SPD]: Öfter als Sie!)
Hätte das BMBF mehr Praxiserfahrung, würde es weniger über Etikettenschwindel bei akademischen Titeln reden, sondern über das, was tatsächlich draußen in der beruflichen Welt passiert: über Expertenlaufbahnen wie die zum Smarthome Designer, die seit Jahren diskutiert und nicht umgesetzt werden, über die Frage der Gründung von Handwerksbetrieben in der Ära der Digitalisierung, wo noch veraltete Ausbildungsinhalte da sind, also über die praktischen Auswirkungen von Berufsausbildung und Berufsbildung auf die Lebensgeschichten junger Menschen. Viele stehen zukunftsunsicher am Anfang ihres Berufslebens. Viele schlagen sich damit herum, dass sie ungelernt sind. Liebe Frau Fahimi, da bin ich bei Gott nicht zynisch, sondern ich habe das in meinen 40 Jahren Berufserfahrung intensiv erlebt und dagegengehalten.
Die Schweiz geht an dieser Stelle kluge Wege. Zum Beispiel verlaufen dort bei den Kaufleuten die ersten beiden Ausbildungsjahre einheitlich. Erst danach beginnt die Spezialisierung. Wir in Deutschland haben das Prinzip „Deckelchen aufs Töpfchen“. Damit passt man zwar für den Arbeitgeber sofort, aber durch frühe Spezialisierung steigt das mittelfristige Arbeitsmarktrisiko.
(Beifall bei der FDP – Stephan Albani [CDU/CSU]: Ist aber alles Aufgabe der Tarifpartner!)
Wir müssen Menschen befähigen für Beruf und Arbeitsmarkt. Runter mit der irren Zahl von 326 Ausbildungsberufen, spätere Spezialisierung!
(Stephan Albani [CDU/CSU]: Das ist nicht Sache der Politik! – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Die Tarifpartner können das alles regeln!)
Und, meine Damen und Herren, wir brauchen zweite Chancen für diese 2,1 Millionen jungen Menschen, die ungelernt sind, und zwar – jetzt mag Ihnen das Messer in der Tasche aufgehen, wie Sie selber gesagt haben -
(Yasmin Fahimi [SPD]: Das habe ich nie gesagt! Das ist eine Lüge! Das habe ich nie gesagt! Lesen Sie die Protokolle!)
durch Modularisierung.
(Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE]: Das ist Schmalspur!)
Wie machen wir einen Ungelernten fit für den Arbeitsmarkt der Zukunft, für qualifizierte Jobs? Indem wir neue Wege gehen, berufsbegleitend, in Etappen, zeitlich flexibel, -
(Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE]: Das ist eine Sackgasse, Herr Kollege!)
Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.
– Schritt für Schritt, mit Kombilohn. Fragen Sie mal alleinerziehende Menschen in diesem Lande, die eine Teilzeitausbildung mitmachen.
Lieber Thomas Sattelberger, Sie müssen zum Schluss kommen, sonst muss ich Ihnen das Wort entziehen.
An diesem Punkt werde ich auch zu Ende kommen. – Das alles fehlt im Gesetzentwurf.
(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Ein Wirrwarr, was Sie da erzählen!)
Frau Karliczek, der Speck, er ist bald weg.
(Beifall bei der FDP – Yasmin Fahimi [SPD]: Toll!)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Jutta Krellmann, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7396543 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 121 |
Tagesordnungspunkt | Berufliche Bildung |