René SpringerAfD - Arbeitsbedingungen in der Paketbranche
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung geht es um die Paketbranche. Genau genommen geht es um große Paketdienstleister, die Personalkosten sparen wollen und aus diesem Grund Subunternehmer beauftragen, die ihrerseits wieder Subunternehmer beauftragen. Am Ende dieser Subunternehmerketten stehen dann oft osteuropäische Paketboten, die weder die deutsche Sprache noch das deutsche Recht kennen und deren Arbeitnehmerrechte systematisch ausgehebelt werden.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Da finden Sie Bulgaren und Rumänen, die sich für 4,50 Euro die Stunde versklaven, die bis zu 16 Stunden am Tag arbeiten, Ihnen auch abends um halb neun noch ein Paket bringen und am Wochenende im Sprinter übernachten. Das ist eine Schande! Und ja, es ist höchste Zeit, dass das ein Ende hat.
(Beifall bei der AfD)
Deshalb wollen Sie, Herr Minister, wie Sie selbst sagen, für Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt sorgen. Der Auftraggeber soll zukünftig haften, wenn Subunternehmer für ihre Mitarbeiter keine Sozialabgaben zahlen. Aber wird das schwarze Schafe in Zukunft davon abhalten, Paketboten auszubeuten? Nein, gewiss nicht. Schon deshalb nicht, weil Ihr geplantes Gesetz dem Auftraggeber die Möglichkeit gibt, sich mit einfachsten Mitteln von der Haftung gleich wieder befreien zu lassen. Dieses Gesetz, Herr Minister, soll Ihnen den Glanz eines Kümmerers verschaffen. Den Paketboten hilft es nicht.
Dieses Gesetz wird nicht verhindern, dass es auch weiterhin unzumutbare Arbeitsbedingungen gibt, dass der Arbeitstag 12 bis 16 Stunden hat – auch sonntags –, dass der gesetzliche Mindestlohn unterschritten wird, dass Arbeitnehmern die Einsicht in die Dokumentation der eigenen Arbeitszeiten verwehrt wird, dass ausländische Arbeitskräfte, wie der Zoll in der Anhörung bestätigt hat, illegal eingeschleust und massenhaft ausgebeutet werden, dass Heerscharen von Osteuropäern isoliert in Schlafghettos leben müssen. Dieses Gesetz „Paketboten-Schutz-Gesetz“ zu nennen, grenzt an boshafte Täuschung der Öffentlichkeit, Herr Minister.
(Beifall bei der AfD – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Euch als „Alternative“ zu bezeichnen, auch!)
Und noch etwas muss gesagt werden: Was wir bei den Paketboten erleben, ist die negative Kehrseite der EU-Freizügigkeit,
(Katja Mast [SPD]: Ah!)
die von Ihnen, Herr Minister, und von Ihnen, liebe Vertreter der Altparteien hier im Haus, gerne verschwiegen wird. Sie meiden dieses Thema; denn es könnte sich herausstellen, dass die EU-Freizügigkeit erst das Fundament legt, um von Bukarest bis Brest eine mobile Masse von Billiglöhnern zu schaffen,
(Beifall bei der AfD)
ganz im Interesse europäischer Konzerne.
Schauen wir auf die Fakten. Die Zahl der vollzeitbeschäftigten Deutschen im Bereich „Post und Zustellung“ ist in Deutschland von 2012 bis 2017 um 6,2 Prozent gestiegen. Im selben Zeitraum ist die Zahl der Ausländer in dieser Branche um 103 Prozent gestiegen. Woran liegt das wohl? Ausländer sind in diesem Markt begehrter als Deutsche – nicht weil sie besser sind, nein, weil sie billiger sind, und jeder weiß das hier. 2012 lag der Lohnunterschied zwischen Deutschen und Ausländern in der Branche noch bei 11,9 Prozent. 2015, einige Jahre später mit der Einführung des Mindestlohns, betrug der Lohnabstand schon 19,7 Prozent. 2017 – das sind die letzten aktuellen Zahlen – lag der Unterschied zwischen Deutschen und Ausländern in der Branche bei 21,5 Prozent. Das sind die offiziellen Zahlen aus Ihrem Ministerium, Herr Minister. Und da sind die vielen Teilzeitbeschäftigten, die prekär Selbstständigen und die Scheinselbstständigen noch gar nicht mit eingerechnet, die tagtäglich zu erbärmlichen Löhnen unterwegs sind. Die sind in dieser Statistik noch nicht einmal berücksichtigt.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was schlagen Sie denn vor?)
Lohndumping ist keine unbeabsichtigte Folge der EU-Freizügigkeit. Es ist die kalkulierte Folge der EU-Freizügigkeit.
(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Jetzt kommt Ihr Lösungsvorschlag!)
Was wir brauchen – das sage ich Ihnen jetzt –, ist eine ehrliche Debatte hier im Haus und in der Öffentlichkeit über die sozialen Folgen der EU-Freizügigkeit.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: „Ehrlich“ kommt von „Ehre“, und die fehlt Ihnen!)
Was wir nicht brauchen, sind zahnlose Papiertiger wie der vorliegende Gesetzentwurf des Ministers. Und davon abgesehen helfen Kontrollen, Kontrollen, Kontrollen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit und Sanktionen, die wirklich greifen, die wirklich wehtun. Unser Ziel muss es sein, Lohndrücker und schwarze Schafe konsequent aus dem deutschen Paketmarkt zu drängen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7396611 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 121 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitsbedingungen in der Paketbranche |