24.10.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 121 / Tagesordnungspunkt 10

Carl-Julius CronenbergFDP - Arbeitsbedingungen in der Paketbranche

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um die Sache kurz zu machen: Die deutliche Kritik am Entwurf, die wir Freien Demokraten letzte Woche vorgetragen haben, hat zu deutlichen Nachbesserungen geführt. Das begrüßen wir.

(Beifall bei der FDP – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Das ist die Verwechslung von Kausalität und Korrelation!)

Unsere Kritik an dem überhasteten parlamentarischen Verfahren – Anhörung im Ausschuss, zweite Lesung; alles in einer Woche – wurde nicht erhört. Das hat dazu geführt, dass nicht alle Schwächen und offenen Fragen ausgeräumt werden konnten, und das bedauern wir.

(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Schade!)

Als Serviceopposition hätten wir gern mit Ihnen weitere Verbesserungen beraten.

(Beifall bei der FDP)

Wir bedauern das, weil es darum geht, die Lohn- und Arbeitsbedingungen von vielen Tausend mit der Zustellung von Paketen Beschäftigten nachhaltig zu verbessern, und zwar ohne die Branche in toto zu überfordern und ohne gerade die ehrlichen Marktteilnehmer zusätzlich mit Bürokratie zu belasten. Wir bedauern das, weil unbestritten Handlungsbedarf besteht und weiter bestehen wird. Dauerhafter Rechtsbruch in zahlreichen Fällen in der Paketbranche ist für uns Freie Demokraten inakzeptabel.

(Beifall bei der FDP)

Verstöße gegen Mindestlohn- oder Arbeitszeitgesetz, Sozialversicherungsbetrug, Schwarzarbeit, all das muss mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden.

Zurück zum Gesetz. Die Klarstellung, dass Spediteure vom Geltungsbereich ausgenommen sind und nur Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen erfasst werden, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wilfried Oellers ist darauf ebenso eingegangen wie auf das Problem mit den ausländischen Unternehmern. Unklar bleibt nämlich, ob Auftraggeber aus dem EU-Ausland von der Nachunternehmerhaftung erfasst werden, wie das kontrolliert werden soll und ob hier eine EU-rechtskonforme Regelung möglich ist.

Die Anhörung der Sachverständigen am Montag hat gezeigt: Die Nachunternehmerhaftung allein bleibt ein stumpfes Schwert in der Missbrauchsbekämpfung. Überhaupt ist zweifelhaft, was genau sie bringen soll. Da, wo schwarze Schafe am Werk sind, werden wohl die Lohnabrechnungen gefälscht werden, sodass die abgeführten Sozialversicherungsbeiträge korrekt erscheinen, es in Wahrheit aber nicht sind. Bestenfalls lässt die Nachunternehmerhaftung erwarten, dass Unternehmen sensibilisiert werden und mehr Sorgfalt bei der Beauftragung von Nachunternehmern walten lassen.

Weiterhin ist unklar, wie mit Ausweichstrategien in Selbstständigkeit ohne Sachkunde umgegangen werden soll oder wie Scheinselbstständigkeit entdeckt werden soll. Die Antworten auf diese Fragen bleiben Sie uns weiter schuldig. Mit Blick auf andere Problembranchen wie Bau oder Fleisch gilt: Es braucht regelmäßige und schlagkräftige Kontrollen, vielleicht sogar anfangs ein paar mehr verstärkte Kontrollen. Nadelstiche reichen nicht.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Denn eins muss immer klar sein: Der Staat darf sich nicht mit der Einführung einer Unternehmerhaftung aus seiner Verantwortung ziehen. Wenn es um Mindestlohn oder um Sicherstellung von menschenwürdigen und rechtskonformen Arbeitsbedingungen geht, haben wir keine rechtliche Lücke, sondern ein Durchsetzungsdefizit.

(Beifall bei der FDP)

Wir begrüßen die Befristung des Gesetzes. Richtig ist auch die vorgesehene Evaluierung. Allerdings hätte ich mir eine erste Evaluierung schon nach zwei Jahren gewünscht. Auf jeden Fall sollten wir jetzt die Zeit nutzen, um weitere substanzielle Verbesserungen bei der Missbrauchsbekämpfung umzusetzen, zum Beispiel durch kluge Rahmenbedingungen für eine digitale Arbeitszeiterfassung. Dafür wäre es übrigens, Herr Heil, hilfreich, wenn das Arbeitsministerium endlich eine Stellungnahme zum EuGH-Urteil vom 14. Mai 2019 zur Arbeitszeiterfassung vorlegen würde.

(Pascal Kober [FDP]: Wird endlich Zeit! – Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Höchste Zeit!)

Das Gesetz hat trotz deutlicher Verbesserungen gegenüber dem ersten Entwurf weiter Schwächen und lässt wichtige Fragen wie die EU-Rechtskonformität offen. Aber wenn dann, lieber Kollege Bernd Rützel, in acht Wochen Weihnachten kommt und wenn der eine oder andere betroffene Paketbote die Hoffnung in der Krippe vorfinden soll, dass sich seine Lohn- und Arbeitsbedingungen bald bessern könnten, dann wollen wir Freien Demokraten dem heute nicht im Wege stehen und werden uns deshalb enthalten.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU] – Bernd Rützel [SPD]: Ach! Schade! Chance verpasst!)

Das Wort hat der Kollege Pascal Meiser für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7396614
Wahlperiode 19
Sitzung 121
Tagesordnungspunkt Arbeitsbedingungen in der Paketbranche
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