24.10.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 121 / Tagesordnungspunkt 13

Christoph HoffmannFDP - ODA-Leistungen an die Türkei

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer auf den Rängen! Wie so oft debattieren wir heute wieder einen populistischen Aufschlag der Truppe der AfD, dessen Überschrift den Bürgerinnen und Bürgern vorgaukelt, die Türkei würde tatsächlich Millionen und Abermillionen Entwicklungsgelder von uns kassieren.

(Markus Frohnmaier [AfD]: Die Titel habe ich mir nicht ausgedacht!)

Sie verkaufen die Bürger für blöd.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bei uns im Südbadischen sagt man: D’Lütt verseggle. Das ist der Fehler Nummer eins in Ihrem Antrag. Es stimmt so einfach nicht: Die Türkei ist kein offizielles Kooperationsland deutscher Entwicklungszusammenarbeit.

Jetzt kommen wir zum Fehler Nummer zwei: Die EU hat 6 Milliarden Euro Unterstützung im Rahmen des Flüchtlingspakts zugesagt, und dafür wurden bisher so 2,3 Milliarden Euro ausgezahlt. Sie fordern tatsächlich ein Ende der deutschen Zahlungen zu diesem Flüchtlingspakt mit der Türkei.

(Markus Frohnmaier [AfD]: Funktioniert ja nicht!)

Denn nichts anderes sind diese Gelder, auf die Sie anspielen.

(Markus Frohnmaier [AfD]: Der funktioniert ja nicht!)

Und es ist doch völlig irre: Sie wollen also, dass sich die Flüchtlingswelle wiederholt und damit Ihr Geschäftsmodell, das der Angst, funktioniert. Das ist unverantwortlich, hier die Streichung der Gelder einzufordern und damit neue Flüchtlingswellen zu fordern. So redet niemand, der für unser Land steht.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Frohnmaier?

Nein, der tät gscheiter Schittle spalten.

(Martin Reichardt [AfD]: Da reicht es wieder nicht mit antworten! – Ulli Nissen [SPD]: Kann mal jemand übersetzen, was das heißt?)

Sie wollen also, dass die Flüchtlingswelle wieder rollt.

Fehler Nummer drei: Sie haben in Ihrem Antrag null Komma null Lösungsvorschläge -

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist immer so! – Ulli Nissen [SPD]: Das ist nichts Neues!)

Null Komma null Lösungsvorschläge für die 5 Millionen Flüchtlinge, die in der Türkei verharren müssen.

(Martin Reichardt [AfD]: Doch! Das Geld dazu reicht!)

Das sind Syrer, Afghanen, aber auch Angehörige anderer Nationen, die von der Türkei versorgt werden. Und wegen der schwächelnden Wirtschaftslage der Türkei ist die Stimmung in der Bevölkerung in der Türkei nicht mehr so positiv gegenüber diesen Flüchtlingen, und deshalb müssen sie Sorge haben, dass sie auch weiter versorgt werden. Sie fordern also tatsächlich, den milliardenschweren Fehler von Frau Merkel, den sie 2012 gemacht hat und den sie auch hier im Bundestag eingeräumt hat, zu wiederholen. Wir erinnern uns: 2012 hat die Kanzlerin den Hilferuf der UN nicht erhört, dass die Flüchtlingslager rund um Syrien weiter und mehr unterstützt werden müssen. Das war die Ursache der Flüchtlingswelle 2015. Und genau das wollen Sie nun wiederholen mit der Streichung dieser Gelder? Das ist doch völlig irre. Sie fordern eine neue Flüchtlingswelle und Milliardenschaden für die Bundesrepublik. Nein, Sie stehen nicht für unser Land, Sie wahrlich nicht.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Ich denke, das kostet nichts mit den Flüchtlingen! Milliarden kostet das!)

Ihr Hintergedanke ist völlig klar: Sie wollen die Beziehungen zu Erdogan kappen. Das bedeutet mehr Flüchtlinge für Europa. Und wenn die kommen, was ist dann Ihre Lösung an der Grenze? Vielleicht das Maschinengewehr, oder was?

(Martin Reichardt [AfD]: Welche Lösung haben Sie denn? – Beatrix von Storch [AfD]: Ist doch super! – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Ist das billig!)

Das ist doch Wahnsinn.

Richtig ist aber auch, dass seit dem Deal mit Erdogan in den letzten zwei Jahren zu wenig gelaufen ist, um aus der Erpressbarkeit herauszukommen, zu wenig Engagement in Libyen, zu wenig Unterstützung für Griechenland bei Personal zur Bearbeitung von Asylanträgen, zu wenig für eine wirksame Frontex-Truppe. Wir haben viele Ankündigungen der Bundesregierung gehört, aber wenig Taten gesehen. Das vergrämt die deutsche Bevölkerung.

Wir brauchen europäische Lösungen – und hier ist die Bundesregierung in der Pflicht –:

(Martin Reichardt [AfD]: Die kommen doch nicht!)

für ein Einwanderungsrecht, für ein Asylsystem, aber auch für ein Waffenembargo gegen die Türkei; denn die Türkei produziert in diesen Stunden mit der Invasion in Nordsyrien gerade wieder neue Flüchtlinge, einen Genozid an den Kurden und Umsiedlungen im Nordirak.

(Beifall bei der FDP)

Und die AfD will nun wieder einen Keil in die Europäer hineintreiben, eine Destabilisierung Europas ganz im Sinne Russlands. Und hier leistet der von Moskau hofierte Abgeordnete Frohnmaier nun wieder treue Dienste für den Kreml.

(Markus Frohnmaier [AfD]: Ach ja? Wer hat das denn geschrieben?)

Klar ist: Wir müssen raus aus der Abhängigkeit von Erdogan, aber nicht mit nationalen Alleingängen und plumpen Anträgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort die Kollegin Dagmar Ziegler.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7396651
Wahlperiode 19
Sitzung 121
Tagesordnungspunkt ODA-Leistungen an die Türkei
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