25.10.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 122 / Zusatzpunkt 11

Frank SittaFDP - Klimaschutz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Klimaschutz ist eine, wenn nicht gar die Herausforderung unserer Zeit. Klimaschutz ist zu wichtig, um dabei Zeit und auch Geld zu verschwenden. Umso wichtiger wäre es doch, jetzt mutig voranzuschreiten. Umso wichtiger wäre es doch, jetzt den effizientesten und kostengünstigsten Weg für einen funktionierenden Klimaschutz zu suchen. Umso wichtiger wäre es doch, jetzt zu zeigen, dass sich Klimaschutz und Wachstum nicht ausschließen. Umso wichtiger wäre es doch, jetzt alles dafür zu tun, dass die Menschen in unserem Land Klimaschutz als Chance verstehen und nicht als Bedrohung.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD, was präsentieren Sie uns stattdessen heute? Eine ganze Fülle von Einzelmaßnahmen und einen nationalen Emissionshandel mit Festpreis, der, wenn wir ehrlich sind, nichts weiter ist als eine verkappte CO

(Beifall bei der FDP)

Hierbei – das ist das Traurigste – nehmen Sie wissentlich einen erheblichen Kollateralschaden in Kauf. Denn weder das Klima noch die Bürger dieses Landes werden davon profitieren, meine sehr verehrten Damen und Herren. Im Gegenteil: Schon jetzt ist absehbar, dass Deutschland die Klimaschutzziele so kaum erreichen wird. Denn ein CO

Klimawochen, das macht mir eher Angst. Erklären Sie doch den Bürgern im Land einmal, was ein Sofortprogramm bedeutet. Was passiert denn, wenn der Verkehrsminister sein Ziel nicht erreicht? Kommt dann das Tempolimit auf Umwegen? Gibt es dann flächendeckende Fahrverbote? Dürfen dann an einigen Tagen nur noch Fahrzeuge mit geraden Zahlen auf den Nummernschildern fahren und an anderen nur welche mit ungeraden? Was soll das sein? Ich glaube, die Antwort darauf sind Sie den Bürgern in unserem Land schuldig.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir, ein Bild zu nutzen. Wer Fischbestände konsequent schützen will, führt doch keine Steuer auf Fisch oder, um in Ihrer Logik zu bleiben, einen Festpreis für Fisch ein. Er wird was tun? Er wird Fangquoten festsetzen.

(Zuruf des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Eine solche Quote, ein Limit, brauchen wir für CO

(Beifall bei der FDP – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Sie sind doch gegen die Quote!)

Wo das CO

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– es freut mich, dass ich Sie erheitere; die Fische werden es mir danken –,

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann dürfen nur die ungeraden Nummernschilder fahren!)

sondern sollte das Ergebnis von Angebot und Nachfrage sein.

Das absehbare Verfehlen der Klimaschutzziele wird unnötig teure Folgen haben. Die Bundesregierung wird Folgendes tun: Sie wird dann im europäischen Ausland auf Zertifikate-Shoppingtour gehen müssen, um diese jetzt schon absehbare Lücke in den ersten Jahren zu stopfen.

(Beifall bei der FDP)

Das ist Pech, Pech für den Steuerzahler in Deutschland; denn er muss erst die nationalen Maßnahmen bezahlen und später dann auch noch den Zukauf von Emissionsrechten. Ich finde, auch das sollten die Bürger in unserem Land wissen.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Die sollten aber auch wissen, was die FDP will! – Gegenruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das weiß die FDP doch nicht!)

– Ja, das erzähle ich Ihnen gleich.

Der Kern Ihres Programms soll also ein nationaler Emissionshandel für die Sektoren Verkehr und Gebäude sein. Dabei – das muss ich noch mal betonen – ist das Wort „Emissionshandel“ nichts weiter als ein Etikett für eine kraftlose Mischung aus einer CO

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD, Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie einen wirksamen Emissionshandel oder lieber Mikromanagement betreiben wollen. Wollen Sie endlich mehr Marktwirtschaft wagen, oder locken doch die süßen Verlockungen der sozialistischen Planwirtschaft?

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quote!)

Es wird Sie nicht wundern: Ich rate Ihnen zu Ersterem. Beides zusammen macht jedenfalls keinen Sinn.

(Beifall bei der FDP – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Planungsquote!)

Ihr ganzes Klimaschutzprogramm ist nicht durchdacht. Schlimmer noch: Die Bundesregierung schafft es sogar, das Teure mit dem Nutzlosen zu verbinden. Teuer wird es für den deutschen Steuerzahler,

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie allerdings recht!)

und nutzlos ist das Ganze für das Klima. Das ist schon eine Glanzleistung, liebe Große Koalition.

(Beifall bei der FDP – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Klingt schon etwas destruktiv, was Sie sagen!)

Eines muss ich heute noch mal betonen: Das alles wäre ein Stück weit vermeidbar gewesen.

(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Wenn Sie in die Regierung eingetreten wären!)

Auch wenn wir jetzt das Hohelied auf die parlamentarische Beratung hören: Die Bundesvorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, hat großspurig einen Klimakonsens angekündigt. Eine parteiübergreifende, vernünftige und verhältnismäßige Lösung wäre in unserem Land tatsächlich bitter nötig; denn wir sehen ja, dass dieses Thema eben nicht nur in Legislaturperioden gedacht werden kann.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Was war jetzt noch mal Ihr Vorschlag?)

Wir standen für Gespräche bereit; aber es gab nicht mal Gesprächsangebote. Stattdessen jagen Sie jetzt das Resultat Ihres innerkoalitionären Rosenkrieges Hals über Kopf durch die Parlamente. Und das können wir nur kritisieren.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wie wäre es mit Vorschlägen?)

Aber ich komme noch mal auf den Kern Ihres Klimaschutzprogramms zurück, den vermeintlichen Emissionshandel. Ein richtiger Emissionshandel ist – liebe Grüne, jetzt gut zuhören; jetzt kommt unser Vorschlag – Teil unseres Klimaschutzantrags.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Ach ja?)

Bei uns – und das unterscheidet unsere Vorlagen – ist eben auch drin, was draufsteht: echte Marktpreise, das Prinzip von Angebot und Nachfrage, Anreize für Innovationen und Kosteneffizienz.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen die Sektoren Verkehr und Gebäude – es ist ja richtig, dort anzusetzen – vernünftig in den bestehenden EU-Emissionshandel integrieren, weshalb wir diesen ganzen planwirtschaftlichen Ballast nicht brauchen.

(Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abschieben ins Ausland!)

Je mehr Sektoren Zertifikate miteinander handeln, umso intensiver wird nach kostengünstigem Klimaschutz gesucht. Schon dadurch sparen wir, und das ist doch die Aufgabe von Parlamentariern in diesem Parlament: dafür zu sorgen, den effizientesten, kostengünstigsten Weg zu finden.

(Beifall bei der FDP)

Sie begründen Ihre Maßnahmenflut oft mit dem Hinweis auf soziale Verträglichkeit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich frage Sie, was ist denn sozialer, als ebendiesen kostengünstigsten Weg zur Erfüllung der Einsparziele zu suchen?

(Beifall des Abg. Dr. Florian Toncar [FDP])

Ich weise noch mal darauf hin: Welche Kraft hat dieses Land und seine Bürger eigentlich in der Vergangenheit am weitesten und nachhaltigsten nach vorne gebracht? Das ist die Kraft der sozialen Marktwirtschaft. Sie funktioniert jedoch nur, wenn es auch Anreize, wenn es die Freiheit gibt, neue Ideen und Innovationen auszuprobieren. Genau diese Kraft könnten wir mit einem cleveren, echten Emissionshandel auch im Bereich des Klimaschutzes buchstäblich auf die Straße bringen. Packen wir es also endlich an, und verheddern wir uns nicht im ständigen Klein-Klein-Basar der gegenseitigen Geschenke innerhalb der Großen Koalition.

Ganz nebenbei bleibt bei unserem Konzept natürlich auch viel mehr Geld für die Entlastung von Bürgern und Unternehmen übrig. Es bleibt mehr Geld für die Erforschung und Entwicklung klimaschonender Technologien; denn – auch das gehört zur Ehrlichkeit dazu –: Wir brauchen Technologien zum Entzug, zur Speicherung, zur Nutzung im CO

(Beifall bei der FDP)

Wir machen also Ernst mit globalem Klimaschutz, nicht indem wir uns mit überambitionierten nationalen Zielen und Symbolpolitik brüsten. Nein, wir achten darauf, dass Deutschland sich selbst und damit der Welt zeigt, dass sich Wachstum und Klimaschutz nicht ausschließen. Denn wer seine Bürger mit immer mehr Regulierungen drangsaliert und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft riskiert, wird zum abschreckenden Beispiel.

Klimaschutz – das ist doch allen hier bewusst – ist eine globale Herausforderung, und sie kann auch nur gemeinsam und global gelöst werden; das funktioniert nur global. Ehrliche Nachahmer für unsere Klimaschutzpakete und Klimaschutzmaßnahmen finden wird doch nur, wenn sich Menschen und Märkte weltweit auf die Suche nach kostengünstigem Klimaschutz machen. Machen wir also CO

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Dann folgt uns die Welt?)

und dann folgen uns auch die Menschen in unserem Land.

(Beifall bei der FDP)

Wer also in diesem Haus Klimaschutz ernst nimmt, dem machen wir mit unserem Antrag ein sehr, sehr gutes Angebot.

Vielen, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was die FDP jetzt wollte, wissen wir immer noch nicht!)

Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7397449
Wahlperiode 19
Sitzung 122
Tagesordnungspunkt Klimaschutz
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