07.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 124 / Tagesordnungspunkt 6

Angelika GlöcknerSPD - Hartz IV

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir reden über den Antrag der Linken. Sie wollen die Regelleistungen anheben. Ich muss ehrlich sagen: Ich bin froh, dass wir aufgrund dieses Antrags Gelegenheit haben, auch einmal über das Existenzminimum zu sprechen. Da dies für uns als SPD ein wichtiges Thema ist, begrüßen wir das immer, denn es geht hier um ein würdevolles Leben. Nur muss man ganz klar sagen: Allein mit Erhöhung der Regelleistungen ist es nicht getan, das greift zu kurz.

(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Das behauptet ja auch niemand!)

Das reicht nicht. Es geht um mehr.

(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber auch darum!)

Das oberste Ziel ist es, aus dem System der Sozialhilfeleistungen herauszukommen – das hat auch das Gerichtsurteil des Bundesverfassungsgerichts diese Woche deutlich unterstrichen –, und zwar geht es im Wesentlichen darum, dass wir als Gesetzgeber den Rahmen schaffen, um die Menschen zu befähigen, sich aus eigener Kraft wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es geht darum, dass wir Kräfte in ihnen fördern und die Menschen auch fordern. Im Übrigen beginnt das Prinzip des Förderns und des Forderns für jedes Kind im Kindergarten. Ich kann nicht verstehen, warum Sie Menschen, die mit beiden Beinen im Leben stehen sollen und das auch wollen, hier herausnehmen wollen. Ich halte das für den komplett falschen Weg.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Die Politik muss die Instrumente und den Rahmen schaffen, um die entsprechenden Anreize zu setzen. Wir haben ja vieles getan – meine Kollegen haben schon darauf hingewiesen –, und ich nenne es gern noch einmal: beispielsweise das Teilhabechancengesetz, das, wie mir aus meinem Wahlkreis immer wieder gemeldet wird, sehr gut wirkt und greift,

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür müssen die Menschen erst einmal sechs Jahre ohne Arbeit sein! Sie müssen langzeitarbeitslos sein!)

und eben auch das Qualifizierungschancengesetz, mit dem wir darauf hinwirken wollen, dass Menschen gar nicht erst arbeitslos werden. Das genau ist doch das, was wir bisher bewirkt haben, und das ist gut so. Ich denke auch an das Budget für Arbeit oder an das Budget für Ausbildung, das wir heute noch beschließen werden, das Menschen in schwierigen Lebenslagen wichtige Instrumente an die Hand gibt, um in den Arbeitsmarkt integriert zu werden, um an der Gesellschaft teilzuhaben. Da sind wir auf einem guten Weg, und da wollen wir auch ansetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte auch das Thema Grundrente erwähnen. Wir diskutieren hier über das Thema Grundrente, ja, und wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sagen: auch ohne Bedürftigkeitsprüfung! Wir wollen nicht, dass sich Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, nackig machen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Im Übrigen: Das entbürokratisiert auch in einem ganz erheblichen Maße. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir da mit großen Schritten in hohem Tempo vorankommen.

Ich möchte als Fazit sagen: Der Antrag greift ein wichtiges Thema auf, aber er geht einfach nicht weit genug.

Wenn ich noch einmal auf das Fördern und Fordern und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu sprechen kommen darf: Ich glaube, die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Was das Bundesverfassungsgericht gesagt hat, war doch nichts anderes als: Sanktionen sind möglich – aber anders. – Ich kann mich gut daran erinnern, dass gerade wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten es waren, die auf genau diesen Weg immer wieder hingewiesen haben.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen, glaube ich, ist es auch ganz wichtig, dass wir jetzt die Chance nutzen, die uns das Bundesverfassungsgericht mit auf den Weg gegeben hat, auf einen Sozialstaat mit einem umfassenden Sozialstaatskonzept hinzuarbeiten, der die Menschen auf Augenhöhe mitnimmt, der mit ihnen Eingliederungsvereinbarungen schließt, der sie aber auch als verantwortliche Wesen erkennt und sie nicht hindert, indem er ihnen jegliche Verantwortung abnehmen will, so wie Sie es vorhaben. Ich halte das für komplett falsch.

Ich bin der Meinung, man muss auch über Sanktionen in einem angemessenen Verhältnis nachdenken, denn alles andere würde bedeuten, dass Sie die Menschen abhängen und ihnen dann niemand mehr helfen kann.

Ich glaube, wir haben einen guten Weg eingeschlagen. Ihn wollen wir fortsetzen. Ich freue mich auf die künftige Arbeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Kollege Stephan Stracke für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7399603
Wahlperiode 19
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Hartz IV
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