07.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 124 / Zusatzpunkt 4

Fabian JacobiAfD - 2. Wahlgang – Stellvertreter des Präsidenten

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Wird dieser Wahlvorschlag zugelassen, brauche ich das Wort nicht. Wenn er nicht zugelassen wird, dann erbitte ich das Wort zur Geschäftsordnung.

Dann haben Sie jetzt das Wort zur Geschäftsordnung;

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

denn Sie müssen dem Haus erst einmal erklären, was Sie wünschen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dann mal los!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Geschäftsordnung: Wir befinden uns im Tagesordnungspunkt „Wahl eines Stellvertreters des Präsidenten“. Das Grundgesetz sieht vor, dass der Präsident des Bundestages und seine Stellvertreter vom Bundestag gewählt werden. Als Mitglied des Bundestages nehme ich das Recht in Anspruch, zu dieser Wahl einen Wahlvorschlag zu machen.

Dass die Mitglieder der Versammlung, welche eine Wahl vorzunehmen hat, auch Wahlvorschläge machen können, ist Kernbestand demokratischer Verfahren. Ich habe gerade vernommen, dass mein Wahlvorschlag nicht zugelassen wird. Das Präsidium vertritt, soweit mir bekannt, die Auffassung, unsere Geschäftsordnung verwehre den Abgeordneten, und damit auch mir, das Vorschlagsrecht. Nur eine Fraktion könne danach einen Wahlvorschlag machen.

Nun wäre es eine interessante Frage, ob den Mitgliedern des Bundestages ein so elementares Mitwirkungsrecht durch eine bloße Geschäftsordnungsregelung entzogen werden könnte. Ich sage: Es „wäre … eine interessante Frage“; denn tatsächlich stellt sich diese Frage nicht, weil unsere Geschäftsordnung das gar nicht tut.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Schauen wir in § 4 der Geschäftsordnung. Er regelt die Wahl des Bundeskanzlers. Hier in der Tat finden wir eine Regelung, wonach Wahlvorschläge nur von einem Viertel des Hauses oder einer Fraktion dieser Größe gemacht werden können. Blicken wir zum Vergleich in § 2 der Geschäftsordnung. Er regelt die Wahl des Bundestagspräsidenten und seiner Stellvertreter. Hier findet sich eine solche Regelung nicht. Eine Einschränkung des Wahlvorschlagsrechts ist an dieser Stelle also gerade nicht vorgesehen.

(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie jetzt zwei Kandidaten benennen?)

Eine solche Einschränkung ergibt sich auch nicht, wie das Referat PD 2 meint, aus den §§ 75 und 76 der Geschäftsordnung. Dort ist lediglich geregelt, welche Vorlagen als selbstständige Punkte auf die Tagesordnung gesetzt werden können. Darum geht es hier aber nicht. Es geht nicht um die Aufnahme eines neuen Tagesordnungspunktes, sondern um einen Wahlvorschlag zu dem bestehenden Tagesordnungspunkt mit dem Verhandlungsgegenstand „Wahl eines Stellvertreters“.

Ebenso wenig überzeugen kann die These, daraus, dass jede Fraktion im Präsidium vertreten sein soll, könne man ableiten, dass es immer nur einen Wahlvorschlag geben dürfe. Das ist bereits logisch unhaltbar; denn eine Fraktion kann ohne Weiteres mehreren Abgeordneten die Zustimmung geben, sie im Falle ihrer Wahl durch das Plenum im Präsidium zu vertreten, was meine Fraktion im Hinblick auf meinen Wahlvorschlag auch getan hat.

Unabhängig davon geht diese Interpretation auch sprachlich fehl; denn die fragliche Formulierung „vertreten sein“ bedeutet nicht mehr, als dass mindestens ein Abgeordneter aus jeder Fraktion dem Präsidium angehören soll. Daraus ableiten zu wollen, die Mitglieder des Bundestages hätten kein Wahlvorschlagsrecht, ist reichlich kühn.

Gegen die Auffassung des Referats PD 2 steht weiterhin die einschlägige juristische Literatur. Es gibt einen wissenschaftlichen Kommentar zur Geschäftsordnung des Bundestages. Schlägt man dort nach, findet man folgende Erläuterung:

Vorschlagsberechtigt ist jedes Mitglied des BT … Jedes Mitglied kann daher unabhängig von dem Vorschlag seiner eigenen oder einer anderen Fraktion einen eigenen Wahlvorschlag unterbreiten.

Greift man dann zu gängigen Kommentaren zum Grundgesetz, dem Maunz/Dürig etwa, entnimmt man der Kommentierung zu Artikel 40 des Grundgesetzes genau dasselbe:

Jedes Mitglied des Bundestages ist vorschlagsberechtigt.

Einen letzten Umstand möchte ich erwähnen – dann komme ich zum Schluss –, der mir beim Studium der Protokolle früherer Bundestagssitzungen aufgefallen ist: Über viele Jahrzehnte war es ständige Übung, dass vor einem Wahlgang zur Wahl eines Präsidenten oder eines Stellvertreters von dem jeweiligen Sitzungsleiter ausdrücklich gefragt wurde, ob es weitere Wahlvorschläge aus der Mitte der Versammlung gebe. Diese bis zur letzten Wahlperiode jahrzehntelange, ständig praktizierte Verfahrensweise ist in der laufenden Wahlperiode aufgegeben worden, ohne eine Änderung der Rechtslage oder sonstigen erkennbaren Grund.

(Zuruf von der AfD: Hört! Hört!)

Zum Schelm wird wohl, wer darauf sich einen Reim macht.

(Beifall bei der AfD)

Nach alledem halte ich dafür, dass es mir zu Unrecht verwehrt wird, einen Wahlvorschlag zu machen. Ich bitte daher das Präsidium ebenso höflich wie eindringlich, seine Haltung zu überdenken und zu ändern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Wünscht noch jemand das Wort zur Geschäftsordnung? – Das ist offensichtlich nicht der Fall.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7399618
Wahlperiode 19
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt 2. Wahlgang – Stellvertreter des Präsidenten
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