07.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 124 / Tagesordnungspunkt 11

Michael BrandCDU/CSU - Chinapolitik

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegenden Anträge zum Thema „Menschenrechte in China“ beleuchten Verletzungen zentraler Grundrechte durch das Regime und seinen Kampf gegen das eigene Volk. Von der Besetzung Tibets im Jahr 1959 über die Niederschlagung der Demokratiebewegung beim Tiananmen-Massaker 30 Jahre später, 1989, bis hin zum gewaltsamen Kampf gegen die Demokratiebewegung in Hongkong wieder 30 Jahre später, 2019, zieht sich ein roter Faden: Es ist der Faden der Unterdrückung.

Aktuell wird die Minderheit der muslimischen Uiguren besonders hart verfolgt: über 1,3 Millionen Menschen, die im Jahr 2019 mit Totalüberwachung und Einsatz künstlicher Intelligenz interniert werden. Dies wird international zu Recht als Schandfleck für China offen thematisiert; denn es handelt sich nicht, wie die Führung in Peking behauptet, um Kampf gegen Terrorismus; es ist blanker Terror gegen das eigene Volk.

Das Muster ist nicht neu. Seit Jahrzehnten gibt es systematische Verfolgung, auch von Tibetern und Christen. Im Übrigen: In den drei Anträgen der Grünen findet sich nicht einmal das Wort „Christen“. Das ist ein grundlegendes Manko der Anträge; denn auch diese Religionsgruppe wird terrorisiert, interniert, die Freiheit des Glaubens massiv bekämpft. Wir sagen immer: Das sind ja gar nicht so viele. – Es sind aber mehr, als wir Einwohner haben. China ist ein großes Land. Es gibt über 80 Millionen Christen, die verfolgt werden; diese brutale Verfolgung gilt auch für die Tibeter und in diesen Zeiten ganz besonders für die Uiguren.

Das alles hat ein klares Motiv: Die Religionsfreiheit wird vom kommunistischen Regime wie jede Freiheit als Gefahr für seine Existenz betrachtet, und das nur, weil Menschen auf der Grundlage der UN-Menschenrechtscharta, die auch China unterschrieben hat, ihren Glauben frei ausüben wollen. Das Regime hält sich unter Xi nicht länger zurück, nicht im Inneren und auch immer weniger nach außen. Man schreckt selbst nicht davor zurück, dem deutschen Parlament vorschreiben zu wollen, was hier im Hohen Hause diskutiert werden dürfe und was nicht. In einer offiziellen Erklärung der Botschaft in Berlin hat China vor genau einem Jahr versucht, uns hier mundtot zu machen. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Es gab eine vierseitige Stellungnahme für alle Redner nach der Debatte. Dort heißt es:

Am 8. November wurde, ungeachtet des starken Einwandes der chinesischen Seite, die so genannte Menschenrechtslage in der chinesischen Provinz Xinjiang im deutschen Bundestag beraten. Die chinesische Seite ist hierüber äußerst unzufrieden und bringt dem deutschen Bundestag und der Bundesregierung ernsthafte Demarche entgegen.

Das geht über vier Seiten so weiter.

Ich sage, an die chinesische Botschaft gerichtet, klar: Ihr könnt euch morgen das Fax sparen. Wir sind ein freies und ein souveränes Land. Hören Sie auf mit diesen unwürdigen Einschüchterungsversuchen! Es wird auch nichts bringen. Wir lassen uns von niemandem vorschreiben, worüber wir hier im Deutschen Bundestag zu beraten und zu diskutieren haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Deutschland und in Europa braucht es eine Intensivierung der Debatte um die geopolitische Aggression der neuen chinesischen Führung. Wir werden nicht darauf verzichten, auf der Universalität der Menschenrechte zu bestehen, was niemals eine Einmischung in innere Angelegenheiten sein kann. China hat die Charta unterschrieben, die vor 70 Jahren verabschiedet worden ist. Und wir werden es nicht unterlassen, auch die Rechte derjenigen zu verteidigen, die unter der chinesischen Diktatur besonders hart zu leiden haben.

Europa hat im Übrigen überhaupt keinen Grund, vor diesem totalitären Regime in die Knie zu gehen. Wir sind wirtschaftlich stärker, und wir sind – um diesen Begriff einmal zu benutzen – auch ideologisch stärker: Es geht um Freiheitsrechte, es geht um Menschenrechte. Wir bieten China den Dialog an, aber wir werden der Unterdrückung von Millionen Menschen nicht einfach stumm zusehen.

Ein ernsthafter Dialog ist für Hongkong wie für ganz China – das hat mein Vorredner auch gesagt, lieber Kollege Trittin – die einzige Möglichkeit, die Stabilität dieses Riesenreichs auf Dauer aufrechtzuerhalten. Weder mit maximalem Druck noch mit intensiver Propaganda werden sich die stärker werdenden Zentrifugalkräfte – und das sieht doch auch jeder – in der chinesischen Gesellschaft binden lassen. Die kommunistische Führung in China ist gut beraten, von Arroganz und auch von aggressivem Nationalismus abzulassen und endlich im 21. Jahrhundert anzukommen.

Es geht im Inneren wie international um Miteinander, nicht um Konfrontation. Deutschland kann China dabei aus der eigenen Geschichte in vielen Bereichen ein ehrlicher und guter Partner sein. Hongkong, die nationalen und internationalen Proteste, Chinas wirtschaftliche Probleme und die Folgen seiner aggressiven Politik für Partner in Asien, Europa und den USA sollten der chinesischen Führung Alarmzeichen genug sein, dass man endlich einen anderen Weg als den der totalen Repression einschlagen muss.

Der Deutsche Bundestag war und bleibt zum Dialog bereit. Die Verweigerung der Einreise deutscher Abgeordneter, ja ganzer Ausschüsse ist Zeichen von Schwäche und nicht von Souveränität und Stärke.

Vor allem appellieren wir heute in dieser Debatte an China: Respektieren Sie endlich die Menschenrechte! Kein Druck, keine totale Überwachung retten ein Regime, das vom eigenen Volk nicht respektiert und getragen wird. Chinas Führung kann den ehrlichen Respekt des eigenen Volkes und den Respekt der Welt erst dann verdienen, wenn sie selbst die Rechte der Menschen in China respektiert.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Michael Brand. – Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Dr. Roland Hartwig.

(Beifall bei der AfD)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7400204
Wahlperiode 19
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Chinapolitik
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