07.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 124 / Tagesordnungspunkt 16

Jürgen PohlAfD - Angehörigen-Entlastungsgesetz

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Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren an den Geräten! Die Anhörung der Sachverständigen und die Sitzung im Ausschuss haben ergeben, dass das Angehörigen-Entlastungsgesetz ein großer Wurf zur Entlastung der Kranken und Pflegebedürftigen und ihrer Kinder hätte werden können. Herausgekommen ist jedoch eine rechtliche Regelung, der es an vielem mangelt. Richtig ist, Herr Minister – das unterstreiche ich genauso wie Sie –: Es darf durch die Pflege kein Pflegebedürftiger und kein Angehöriger zum Sozialfall werden. Das muss ehernes Ziel unserer Gesellschaft sein.

(Beifall bei der AfD)

Aber – ein großes Aber – stattdessen machen Sie mit diesem Gesetz die Kommunen zum Sozialfall unserer Gesellschaft; dazu komme ich später. Ein Blick in die Nachbarländer zeigt, dass die angedachte rechtliche Regelung eine massive Steigerung der stationären Pflegeleistungen hervorbringen wird, und zwar bis zu 25 Prozent. Diese Steigerung wird zu verschiedenen Problemen führen.

Erstens. Die Vorrangigkeit der ambulanten Pflege – das heißt, unsere Eltern dürfen in gewohnter Umgebung, zu Hause in Würde altern – wird durch dieses Gesetz konterkariert; denn dieses Gesetz bevorzugt die ambulante häusliche Pflege nicht. Es bevorzugt die stationäre Pflege. Dabei ist es gerade die häusliche Pflege, verbunden mit der Liebe zu unseren Eltern, die unserer Gesellschaft ihren humanen Rückhalt gibt. Das ist entscheidend.

(Beifall bei der AfD)

Warum wir den Vorrang der ambulanten Pflege verlassen, wenigstens wirtschaftlich verlassen, das bleibt bisher völlig im Dunkeln. Gerade die Kinder dieser Eltern, die zu Hause bleiben, tragen die Hauptlast der Pflege und hätten es verdient, von der Gesellschaft anerkannt und besser gefördert zu werden.

(Beifall des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Aber es gibt noch ein zweites großes Problem. Wir wissen es, die Kommunen sagen es: Unter der Last der Finanzierung dieses Gesetzes werden viele Kommunen zusammenbrechen.

(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das ist ja lächerlich!)

Der Gesetzentwurf rechnet mit Kosten für den Bund von circa 24 Millionen Euro. Machbar. Den Kommunen werden 300 Millionen Euro aufgelastet. Im Rahmen der Anhörung sprachen die Sachverständigen von Kosten von rund einer halben Milliarde Euro, und das zu Anfang. Wenn die Kommunen dann pleite sind, haben wir neben der Pflege die nächste große Herausforderung in unserer Gesellschaft, das nächste große Problem.

Drittens. Wir müssen uns folgendem Problem stellen: Bei einem Aufwuchs des Bedarfes der stationären Pflege, verbunden mit dem Altern unserer Gesellschaft, müssen wir uns fragen: Wo sind die Pflegekräfte, die wir dann brauchen? Wo sind die Heime, die Heimplätze, die wir brauchen? Wer trägt die Kosten dieser notwendigen Investitionen? Das sind die Fragen, die heute auch anstehen, wenn wir über dieses große Gesetz sprechen wollen.

In einer Gesamtschau sieht es wie folgt aus: Es wird die ambulante Pflege de facto mal wieder außen vor gelassen. Es gibt eine Einkommensgrenze, die völlig unflexibel ist und kein Vermögen berücksichtigt. Da werden Ungerechtigkeiten bei der Bewertung von Einkommen bei Beamten und Selbstständigen zugelassen. Da wird ein Gesetz vorgelegt, ohne dass die Finanzierung steht. Auch wenn das Thema viel zu ernst ist, ich muss es sagen: Hier wird einfach ins Blaue hinein eines Ihrer Gute-Laune-Gesetze verabschiedet. Ich sage Ihnen: Um die Realität müssen sich dann irgendwelche anderen kümmern.

Wir sind der Meinung: Setzen Sie sich noch einmal hin, machen Sie Ihre Hausaufgaben, kümmern Sie sich um die Finanzierung und um die Ausgestaltung! Bis dahin können wir diesem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen. Wir werden uns enthalten.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Der nächste Redner: für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Wilfried Oellers.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Personen

Dokumente

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7400216
Wahlperiode 19
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Angehörigen-Entlastungsgesetz
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