Andrew UllmannFDP - MDK-Reformgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit einem Lob an das Bundesministerium für Gesundheit möchte ich gerne starten; denn unter dem Deckmantel des MDK-Reformgesetzes haben Sie das Thema Infektionskrankheiten versteckt. Es ist zwar die Verlängerung eines bereits bestehenden Förderprogramms, aber allein die Erwähnung und Förderung des Facharztes für Innere Medizin und Infektiologie ist etwas Gutes.
Allerdings gibt es diesen Facharzt in Deutschland nur in Mecklenburg-Vorpommern – sonst nirgends. Daher meine Bitte an Herrn Spahn und an Sie, Herr Dr. Gebhart: Suchen Sie das Gespräch mit der Bundesärztekammer, motivieren Sie bitte die Bundesärztekammer, diesen Facharzt endlich in die Musterweiterbildungsordnung zu implementieren. Ich selber werde das auch tun, und ich bedanke mich an dieser Stelle für Ihre Mühen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Nun aber direkt zum MDK-Reformgesetz. Wieder einmal packt der Bundesgesundheitsminister ein wichtiges Thema nur oberflächlich an. Er will den MDK reformieren – das ist richtig so –, und er will die Unabhängigkeit des Medizinischen Diensts stärken – auch das ist richtig so. Diese Punkte unterstützen wir nachdrücklich. Doch ist der Gesetzentwurf wirklich gelungen?
Vier Kritikpunkte möchte ich gerne aufzählen:
Erstens. Die soziale Selbstverwaltung wird geschwächt. Mit dem Gesetzentwurf wird das legitime Interesse der Beitragszahlenden, also der Versicherten und Arbeitgeber, nicht mehr hinreichend abgebildet.
Zweitens. Sie erweitern zwar den Katalog zum ambulanten Operieren, doch das strukturelle Problem fehlender intersektoraler Vergütungssysteme wird nicht gelöst.
Drittens. Die Neuregelung des Verfahrens der Abrechnungsprüfung bei den Krankenhäusern ist nicht nachhaltig.
Viertens. Die begrenzte Bezahlung der Leiharbeit in der Pflege ist falsch.
(Zuruf von der SPD: Steht doch drin!)
Die letzten beiden Punkte möchte ich gerne ein wenig herausarbeiten:
Allein im Jahr 2018 gab es 2,6 Millionen Abrechnungsprüfungen mit einem Rückforderungsvolumen von insgesamt knapp 3 Milliarden Euro. Warum ist das so? Die Ursachen zunehmender Abrechnungsstreitigkeiten liegen klar auf der Hand: die immer weiter steigende Komplexität des Vergütungssystems und falsche Anreize.
Ihr Gesetzentwurf birgt die Gefahr drastischer Mehrausgaben und neuer Fehlanreize in der stationären Versorgung; denn wir haben ein Vergütungssystem, das keine echte Qualität abbildet. Der Gesetzentwurf geht an diesem Thema und an diesem Problem vorbei. Sie wollen offensichtlich keine strukturelle Reform der stationären Versorgung angehen.
Auch durch die willkürliche Quotierung der Abrechnungsprüfungen, die gerade auch von Frau Dittmar angesprochen wurde, gießen Sie noch mehr Öl ins Feuer. Sowohl im Grundsatz als auch in der beabsichtigten Höhe ist sie abzulehnen.
Meine Damen und Herren, will man wirklich eine nachhaltige Lösung des Problems, bedarf es einer tiefgreifenden ordnungspolitischen Anpassung der Einrichtungsstrukturen und des Vergütungssystems.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Hier ist erheblicher Reformbedarf. Von der Regierung kommt nichts – nur eine oberflächliche symptomatische Therapie.
Nun zum Thema Pflegebudget. Wir lehnen die Begrenzung des Pflegebudgets bei der Leiharbeit ab.
(Beifall bei der FDP)
Bereits heute ist die von Ihnen gewollte Herausnahme der Pflegekosten aus dem DRG-Fallpauschalensystem ein ordnungspolitischer Irrweg. Krankenhäuser sind deswegen auf Leiharbeit angewiesen. Nur so erfüllen sie die Personaluntergrenzen und halten die regionale Versorgung aufrecht. Sie sind daher auch vollständig zu finanzieren.
(Claudia Moll [SPD]: Nein!)
Es ist auch falsch, auf gut ausgebildete Pflegekräfte, die sich bewusst für die Leiharbeit entscheiden, Druck auszuüben. Diese Fachkräfte in ein festes Anstellungsverhältnis in einem Krankenhaus zu zwingen, lehnen wir ab.
(Beifall bei der FDP)
Wer nachhaltig etwas erreichen will, muss weiterdenken, sinnvoller agieren und vor allem die Kausalität der Probleme erkennen. Nur so funktioniert gute Politik. Daher können wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Danke schön.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Dr. Ullmann. – Harald Weinberg, Die Linke, gibt seine Rede zu Protokoll, Maria Klein-Schmeink, Bündnis 90/Die Grünen, gibt ihre Rede zu Protokoll, Emmi Zeulner, CDU/CSU, gibt ihre Rede zu Protokoll,
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7400264 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 124 |
Tagesordnungspunkt | MDK-Reformgesetz |