Markus GrübelCDU/CSU - Syrien
Das hört sich komisch an mit dem „leibhaftig“. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die USA haben in Syrien ein Vakuum hinterlassen, indem sie sich ohne Not aus dem Norden zurückgezogen haben. Dieses Vakuum haben die Türkei, Russland und Assads Truppen gefüllt.
Erdogan, Putin und Assad haben neue Fakten geschaffen. Europa und damit auch Deutschland haben schon viel zu lange zugeschaut.
Was wir jetzt brauchen, ist eine stringente Syrien-Strategie der EU. Wir Europäer sind unmittelbare Nachbarn von Syrien. Eine gute Entwicklung ist in unserem ureigenen Interesse.
Eine Syrien-Strategie muss verschiedene Punkte beinhalten. Der erste und wichtigste Punkt: Die EU übernimmt Verantwortung. Dazu gehört eine Schutzzone im Norden unter internationaler Kontrolle.
Wir müssen die Lebensbedingungen vor Ort verbessern. Rund 80 Prozent der Syrer leben in großer Armut. Die Menschen in Syrien brauchen wieder eine Perspektive; sonst bleiben sie nicht im Land. Gerade von den Christen in Syrien höre ich, dass sie ein starkes Signal von Deutschland und Europa erwarten.
Nur so können Fluchtursachen vermindert werden. Die Zerstörung der Infrastruktur, der Produktionsanlagen und der Wohnungen durch Assads Armee und die russische Luftwaffe hat ganze Arbeit geleistet. Ich meine die Zerstörung von Städten wie Aleppo und Homs.
Von den Bomben der russischen Luftwaffe ist in den Anträgen der Linken überhaupt nichts zu lesen. Mit solchen ideologischen Anträgen kann man sich darum nicht ernsthaft befassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen brauchen eine Perspektive. Darum müssen wir auch über das Thema Sanktionen reden. Ich meine nicht die Sanktionen gegenüber der verbrecherischen Führung des Landes, die die Menschenrechte verletzt und das Völkerrecht gebrochen hat. Diese Sanktionen müssen bleiben.
Es gibt aber auch Sanktionen, die mehr das Volk treffen als die verbrecherische Führung. Und sie führen dazu, dass den Menschen eine Perspektive im Land fehlt.
(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche?)
Ich denke zum Beispiel an Ersatzteile für die Wasser- und Stromversorgung, an Maschinen für Handwerker und Baumaschinen.
Die Aufhebung dieser Sanktionen, die die Menschen treffen und am wenigsten die Führung, muss an Bedingungen geknüpft werden. Dazu gehören die Freilassung der von Assad eingekerkerten Menschen, die Aufklärung über die vielen Tausend Menschen, die verschwunden sind, Sicherheit und Straffreiheit von Rückkehrern und auch, dass die Enteignungen von Flüchtlingen – deren Immobilien enteignet wurden – rückgängig gemacht werden.
Zu einer Versöhnung gehört auch die Bestrafung der Haupttäter. Syrien ist – wie der Irak – kein Vertragsstaat des Römischen Statuts. Daher muss die EU darauf hinwirken, dass der UN-Sicherheitsrat dem Internationalen Strafgerichtshof oder einem Sondertribunal das Verfahren zuweist. Denken wir an Ruanda oder Jugoslawien.
Das wird im UN-Sicherheitsrat gegen China und gegen Russland sicherlich kein einfaches Unterfangen. Aber ich bin der Überzeugung, wir müssen dafür kämpfen.
Zur Strafverfolgung ist eine Beweissicherung zwingend erforderlich. Insofern teile ich das Anliegen aus den vorliegenden Anträgen der Grünen.
Wir müssen auch darauf drängen, dass der Verfassungsprozess ernsthaft betrieben wird. Es besteht die Gefahr, dass der Verfassungsprozess nur scheinbar betrieben wird, damit dem Westen unter Gesichtswahrung ermöglicht wird, den Wiederaufbau zu finanzieren. Darum ist Voraussetzung für eine Unterstützung des Wiederaufbaus eine glaubwürdige Veränderung in Syrien.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank, Markus Grübel. – Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Armin-Paulus Hampel.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7400268 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 124 |
Tagesordnungspunkt | Syrien |