08.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 125 / Tagesordnungspunkt 28

Kerstin KassnerDIE LINKE - Nationale Tourismusstrategie

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Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Wie stolz das klingt: nationale Tourismusstrategie. Ja, es klingt stolz, muss aber auch stolz umgesetzt werden. Dazu bedarf es eines riesigen Aufgebotes an Kraft, Energie und Kreativität. Tourismus ist tatsächlich eine Querschnittsaufgabe. Nicht nur der Bund beschäftigt sich damit, sondern hier sind alle gefordert: die Länder, die Kommunen. Es ist ganz wichtig, das immer im Auge zu haben; denn die Kommunen haben eine breite Infrastruktur für den Tourismus aufrechtzuerhalten. Oft wird sie nur sehr eingeschränkt genutzt. Trotzdem ist sie notwendig, damit gerade im ländlichen Raum kleine und mittelständische Unternehmen eine Existenzgrundlage haben. Es ist also eine sehr vielfältige Aufgabe.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist aber auch eine Querschnittsaufgabe für unsere Bundesregierung. Ich will ganz deutlich sagen: Ich hätte mir hier mehr Anstrengungen gewünscht. Über dieses Thema wird seit Beginn der Legislatur diskutiert – wir als Abgeordnete durften nicht mitwirken –, aber das, was jetzt vorgelegt wurde, genügt offensichtlich nicht einmal den Regierungskoalitionen; denn sie mussten mit eigenen Vorschlägen nachlegen. Das Gleiche haben die Kollegen von den Grünen und auch wir getan, um das Augenmerk auf bestimmte Schwerpunkte zu legen.

(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das ist die Aufgabe des Parlaments!)

Ich wünsche mir, dass man die Vorschläge auch aufnimmt und dass man diese Querschnittsaufgabe als solche wahrnimmt. Wahrscheinlich ist es nicht richtig, dass das Thema beim Wirtschaftsministerium angesiedelt ist; denn hier geht es nur um Kapitalverwertung, um höher, schneller, weiter. Das alleine wird nicht reichen, um die Branche nachhaltig am Markt halten zu können.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb sage ich ganz deutlich: Das Thema gehört zentral angesiedelt im Bundeskanzleramt beim Bundesminister für besondere Aufgaben; denn es sind viele Ministerien gefordert.

Wir haben das Thema schon aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet: Arbeits- und Lebensbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ein ganz wichtiges Thema. Mit sachgrundlosen Befristungen der Beschäftigten und mit Minijobs wird man nichts dazu beitragen können, dass die Branche attraktiv ist und so ein Weg aus dem Fachkräftemangel gefunden wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb sagen wir ganz deutlich: Hier braucht es Veränderungen im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Zum Thema Bürokratie. Ich will nur daran erinnern, wie lange wir uns über die Pauschalreiserichtlinie unterhalten haben. Man kam nicht zu den richtigen Ergebnissen, was zulasten der Reisenden geht. Klar ist: Hier müssen wir ran. Ich will der Bundesregierung mit auf den Weg geben: Schauen Sie sich die Besteuerung der Margen genau an. Auch hier ist ein vernünftiges Augenmaß gefragt, damit wir die Existenz der Reisebüros nicht noch zusätzlich gefährden. Sie haben es in der jetzigen Zeit ohnehin schon sehr schwer.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein wichtiges Feld ist auch die Mobilität. Hier nutzt es wenig, wenn wir Verbesserung bei der Deutschen Bahn erreichen – das wollen wir auch erst mal sehen –; vielmehr muss die Mobilität bis zum letzten Dorf aufrechterhalten werden. Sonst nutzt es uns nichts, und die Urlauberinnen und Urlauber werden bei der Mobilität weiter auf ihr eigenes Fahrzeug setzen. Was das bedeutet, liebe Kolleginnen und Kollegen, das kann ich Ihnen von meiner Insel erzählen: Trotz der Brücken und neuer Schnellstraßen geht nichts mehr, stehen die Menschen stundenlang im Stau und kommen nicht von A nach B. Also brauchen wir andere Lösungen, und das geht wieder nur gemeinsam zwischen Bund, Ländern und den Kommunen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich wünschte mir, dass wir noch viel mehr Forschung und Entwicklung betreiben. Das wird uns helfen, nachhaltige Antworten zu finden und zu definieren: Was ist Qualitätstourismus? Dafür brauchen wir Geld. Aber es macht mich schon sehr betroffen, dass von den 4,4 Millionen Euro, die aus dem Forschungsministerium für Tourismusforschung zur Verfügung gestellt werden, kaum etwas in den Osten geht. Nicht 30 Prozent, nicht 20 Prozent, nicht 10 Prozent dieser Summe gehen in den Osten, sondern nur 2 Prozent. 2 Prozent gehen nach Wismar für ein Forschungsprojekt im Tourismus. Ich sage ganz deutlich: Das ist viel zu wenig. Das widerspricht allen Kriterien im 29. Jahr der deutschen Einheit.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Donth [CDU/CSU]: Dann müssen da doch auch Konzepte kommen! Da sind Sie gefordert! So läuft das nicht!)

Deshalb müssen wir uns verstärkt darum bemühen, in den neuen Bundesländern die Forschungslandschaft und auch den Tourismus – eine der wenigen Branchen, die in infrastrukturell schwächeren Bereichen boomt und in der Arbeitsplätze vorgehalten werden – zu unterstützen. Das wünsche ich mir.

(Beifall bei der LINKEN)

Denken Sie einmal daran, wenn Sie morgen mit uns allen 30 Jahre Mauerfall feiern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Markus Tressel für Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7400345
Wahlperiode 19
Sitzung 125
Tagesordnungspunkt Nationale Tourismusstrategie
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