Wieland SchinnenburgFDP - Pflegeversicherung
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich diesen Antrag der Grünen gelesen habe, habe ich mich doch einigermaßen gewundert. Denn er widerspricht in vielem dem, was die Grünen uns sonst so erzählen.
Erstens. Die Grünen reden gerne von Nachhaltigkeit und zünden hier einen Ausgabenturbo. Meine Damen und Herren, Mehrkosten im zweistelligen Milliardenbereich für künftige Generationen – das ist nicht nachhaltig, das ist schlicht und einfach falsch.
(Beifall bei der FDP)
Zweitens. Die Grünen sagen doch ständig, das Klima sei das wichtigste Thema, und entwerfen apokalyptischste Szenarien. Wenn dem so ist, müssen wir doch jeden verfügbaren Euro dafür ausgeben, das Klima zu retten. Wir müssen Geld ausgeben für Klimaforschung und für klimafreundliche Infrastruktur. Ich sage Ihnen: Das Geld, das Sie hier ausgeben wollen, wird uns später beim Kampf gegen den Klimawandel fehlen. Das ist ein Fehler.
(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Pflege gegen Klima – das ist toll!)
Drittens. Die Grünen wecken falsche Erwartungen. Sie suggerieren mit diesem Antrag, die Pflege würde billiger für die Menschen. Das ist falsch. Der Eigenanteil sinkt; das stimmt. Aber dadurch werden die Beiträge und die Steuern steigen. Das ist nicht billiger. Sie erwecken einen falschen Eindruck.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Martin Hebner [AfD])
Viertens. Die Grünen reden gerne von Vielfalt. Hier wollen Sie auf einmal die Bürgerversicherung, also eine Einheitsversicherung, das genaue Gegenteil von Vielfalt und das Gegenteil von Wettbewerb und Alternativen.
(Widerspruch bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beifall des Abg. Martin Hebner [AfD])
Damit sind wir bei der sogenannten Bürgerversicherung, die in Wirklichkeit eine Einheitsversicherung ist.
(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht bei uns gar nicht drin! Auch bewusst!)
Diese Bürgerversicherung hat mehr Fehler, als mancher Hund Flöhe hat. Lassen Sie uns einen Blick in diesen Flohzirkus werfen:
(Heike Baehrens [SPD]: Ein bisschen ernsthafter werden!)
Erstens. Die Bürgerversicherung basiert auf dem Umlageprinzip. Das Umlageprinzip kann funktionieren, wenn die Jahrgänge etwa gleich sind. Das ist aber nicht der Fall. Wir haben schon sehr bald sehr viele Pflegebedürftige, aber nur wenige Beitragszahler, und da kann ein Umlagesystem nicht funktionieren.
(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Wie die Kapitaldeckung funktioniert, sehen wir in Chile!)
Wir belasten damit Ältere. Das ist inakzeptabel.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Martin Hebner [AfD] – Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb klatscht auch die AfD gerade!)
Zweitens. Wir müssen, gerade weil das so ist, den Menschen Anreize geben, eigene Vorsorge zu betreiben. Wenn Sie aber einen relativ niedrigen Eigenanteil vorsehen und dafür die gesamten Leistungen anbieten, entfällt jeglicher Anreiz, eigene Vorsorge zu betreiben. Das, meine Damen und Herren, ist nichts anderes als kontraproduktiv. Darum lehnen wir das auch ab.
Drittens. Wir müssen natürlich sehen – das hat mich wirklich überrascht –, dass Sie auf diese Weise die Arbeitgeber entlasten. Das mag man ja gut finden. Nur kann ich mich entsinnen, dass Grüne, Linke und auch die SPD immer von der Parität reden; die Arbeitgeber müssen einen paritätischen Beitrag leisten. Mit der Bürgerversicherung beseitigen Sie genau das.
(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie haben schon mitbekommen, dass es kein Bürgerversicherungsantrag ist?)
Denn wenn Sie alle Einnahmen einbeziehen, sinkt der Anteil des Beitrages aus der abhängigen Beschäftigung, woran sich der Arbeitgeber beteiligt. Ergebnis: Grüne, Linke und SPD senken den Arbeitgeberanteil. Kann man gut finden, entspricht aber nicht dem, was Sie sonst immer erzählen.
(Heike Baehrens [SPD]: Das ist falsch! Das ist kompletter Unsinn! Sie haben das Konzept nicht begriffen!)
Viertens. Wenn Sie alle Einnahmen berücksichtigen wollen, müssen Sie natürlich auch kontrollieren, ob sie auch wirklich gemeldet werden. Was brauchen Sie? Eine Pflegefahndung analog der Steuerfahndung. Liebe Grüne, haben Sie nicht irgendwann mal was von Datenschutz erzählt? Meine Damen und Herren, die Bürgerversicherung wird zu einer großen Schnüffelei führen. Das teilen wir als Freie Demokraten nicht.
(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie reden irgendwie am Thema vorbei!)
Ergebnis: Die Einheitsversicherung ist nichts anderes als eine Einfaltsversicherung, und das lehnen wir Freie Demokraten ab.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Dr. Schinnenburg. – Nächster und letzter Redner in dieser Debatte: Dr. Roy Kühne für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7400539 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 125 |
Tagesordnungspunkt | Pflegeversicherung |