08.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 125 / Zusatzpunkt 12

Eva HöglSPD - Aktuelle Stunde - Durchsetzung des Rechtsstaates im Fall Ibrahim Miri

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, der Fall Miri ist Anlass für politischen, rechtlichen und auch gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Denn wenn ein rechtskräftig verurteilter abgeschobener Straftäter mit Einreise- und Aufenthaltsverbot offensichtlich ohne größere Schwierigkeiten wieder nach Deutschland einreist, dann haben wir ein Problem; das muss man ganz klar so adressieren.

(Beatrix von Storch [AfD]: Ist nicht wahr? Meine Güte!)

Aber Ihre Vorschläge sind weder eine Alternative noch ein Beitrag zur Lösung.

Bevor ich zu den Herausforderungen komme, möchte ich drei Dinge positiv hervorheben. Ich möchte für die SPD-Bundestagsfraktion die Gelegenheit wahrnehmen, Ihnen, Herr Präsident Romann, und der gesamten Bundespolizei ganz herzlich für das unglaubliche und vorbildliche Engagement in dem gesamten Sachverhalt Miri, sowohl bei der Abschiebung als auch jetzt bei der weiteren Verhandlung, sowie dem Bundeskriminalamt und allen beteiligten Sicherheitsbehörden zu danken.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Dr. Christian Wirth [AfD]: Trotz Ihrer Politik!)

Auch wenn bei diesem Fall viel schiefgelaufen ist: An der Bundespolizei lag es jedenfalls nicht.

(Dr. Christian Wirth [AfD]: Das ist richtig!)

Und: Er ist in Haft, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das Amtsgericht Bremen hat einen ganz hervorragenden Beschluss gefasst. Der Mann ist in Haft auf der Basis unserer Grundlagen und im Rahmen unserer rechtsstaatlichen Möglichkeiten. Auch das BAMF hat entschieden, nämlich dass der Asylantrag offensichtlich unbegründet ist. Das zeigt: Unser Rechtsstaat funktioniert.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich haben wir noch Themen, an denen wir arbeiten müssen. Das große Thema ist das Thema Grenzen. Wir haben heute Morgen in der Vereinbarten Debatte erst über den Mauerfall diskutiert und über die Errungenschaft, in Europa offene Grenzen zu haben.

(Beatrix von Storch [AfD]: Verwechseln Sie doch bitte nicht die Mauer mit der Grenze! Das ist doch lächerlich! Das hat doch nichts miteinander zu tun! Die Bildungskatastrophe in diesem Land zeigt sich hier! Mauer und Grenze!)

Das ist ein Zeichen des geeinten Europas; Freiheit und Freizügigkeit sind ein hohes Gut.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen alle, wie wertvoll und wichtig die offenen Grenzen sind; aber wir wissen auch, dass diese offenen Binnengrenzen nur zu bewahren und zu erhalten sind, wenn wir endlich sichere EU-Außengrenzen bekommen.

(Dr. Christian Wirth [AfD]: Ach, wirklich?)

Darüber sprechen wir eigentlich schon viel zu lange.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Der Hauptauftrag für die neue EU-Kommission ist, diese Aufgabe jetzt endlich zu erledigen. Das ist eine gemeinsame Aufgabe und eine gemeinsame Kraftanstrengung für uns alle. Wenn wir die offenen Grenzen bewahren wollen, dann muss die EU-Außengrenze klar gesichert sein und kontrolliert werden.

Wir als SPD-Bundestagsfraktion unterstützen den Bundesinnenminister auch darin, die deutschen Grenzen jetzt besser zu kontrollieren. Wir haben keine andere Alternative. Das ist eine konsequente Reaktion; das unterstützen wir. Ich sage aber auch direkt dazu: Wir müssen alles dafür tun, dass das nur eine vorübergehende Maßnahme ist. Daran haben wir alle gemeinsam ein Interesse, wenn wir die offenen Grenzen bewahren wollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP])

Zu dem anderen Komplex „Asylrecht, Aufenthaltsrecht“ möchte ich zunächst betonen, dass das humanitäre Asylrecht, unser Rechtsstaat, die sorgfältige Prüfung der Behörden, die unabhängigen Entscheidungen der Gerichte, dass all das ein ganz hohes Gut ist. Das alles genießt zu Recht viel Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern. Aber genau deshalb dürfen wir es nicht zulassen – und Sie haben genau das Richtige gesagt –, dass uns eine Person wie Miri oder andere Straftäter auf der Nase herumtanzen. Genau das dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deswegen müssen wir hier gemeinsam auch die Lücken identifizieren, die wir gegebenenfalls im Aufenthaltsrecht, im Asylrecht, im Strafrecht und im Verfahrensrecht noch haben. Das werden wir sorgfältig prüfen, aber wir werden es auch zügig prüfen und hier gegebenenfalls Vorschläge machen und diese beraten.

(Dr. Christian Wirth [AfD]: Da gibt es nichts zu prüfen!)

Ich möchte hervorheben, dass das Amtsgericht Bremen bei seinem Beschluss über die Sicherungshaft bereits die neuen Rechtsgrundlagen angewandt hat, die wir hier im Juni gemeinsam beraten und beschlossen haben. Es hat nämlich als Haftgrund sowohl die Fluchtgefahr als auch die unerlaubte Wiedereinreise bejaht. Das sind die Grundlagen, die wir hier gelegt haben. In diesem Sinne müssen wir auch weiter daran arbeiten.

Ein Punkt bleibt, Herr Seehofer – das ist ein politischer Punkt, über den wir auch sprechen müssen –: Wir müssen natürlich die Abschiebungen intensivieren – Bund und Länder sind da gemeinsam gefragt; wir müssen da noch besser werden –, und wir müssen auch Gespräche mit den Heimatländern führen über die Ausstellung von Pässen und Reisedokumenten. Auch das ist ganz oben auf unserer politischen Agenda.

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss möchte ich für die SPD-Bundestagsfraktion betonen, dass uns eins ganz wichtig ist: Auch so ein gravierender Fall wie der Fall Miri – es gibt ja weitere Fälle – darf niemals ein Grund dafür sein, dass wir unsere Grundsätze über Bord werfen: weder offene Grenzen noch rechtsstaatliche Prinzipien. Aber das Vertrauen in den Rechtsstaat, in Behörden, in unabhängige Gerichte, auch in uns als Politikerinnen und Politiker, in die Politik, hängt natürlich davon ab, dass der Rechtsstaat handlungsfähig ist, und dazu wollen wir alles, was uns hier möglich ist, auch beitragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Friedrich Straetmanns für Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7400604
Wahlperiode 19
Sitzung 125
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Durchsetzung des Rechtsstaates im Fall Ibrahim Miri
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