13.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 126 / Zusatzpunkt 2

Timon GremmelsSPD - Energiewirtschaftsgesetz

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur einmal kurz angenommen, wir würden der Argumentation der AfD folgen: Sie würden damit Nord Stream 2 erschweren und unmöglich machen; Sie würden den Amerikanern in die Hände spielen. Das wäre der Fall. – Deswegen ist es gut, wenn wir heute diese EU-Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Das gibt Planungssicherheit für alle Beteiligten; das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Matthias Heider [CDU/CSU])

Ich möchte deutlich machen, dass dieses Projekt ein privatrechtliches Vorhaben ist. Im Unterschied zu den europäischen LNG-Terminals kommt es ohne Unterstützung der öffentlichen Hand aus; das muss man sagen. Das unterscheidet die Nord-Stream-2-Pipeline von den LNG-Terminals in Deutschland und Europa; das nur als Nebenbemerkung.

Mit der heutigen Umsetzung der EU-Vorgabe in nationales Recht sind wir auf der Zielgeraden. Es hat etwas länger gedauert, als nötig gewesen wäre. Aber man muss sagen: Es ist kein nationaler, kein deutscher Alleingang bei Nord Stream 2; das Gegenteil ist richtig. Es hat sich hier immer um ein privatrechtliches europäisch-russisches Projekt gehandelt. Das haben wir schon bei Nord Stream 1 gemerkt, das Teil des Transeuropäischen Netzes war. Auch Nord Stream 2 wird von Unternehmen aus fünf europäischen Ländern vorangetrieben. Neben Deutschland sind das Frankreich, Österreich, die Niederlande und Russland. Es ist ein gesamteuropäisches Projekt, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD)

Anders als vielfach behauptet, geht es hier nicht ausschließlich um nationale, um deutsche Interessen, also dass wir damit unsere Erdgasversorgung sicherstellen. Nein, das Gegenteil ist der Fall. Zwei Drittel des Gases sollen über ganz Europa verteilt werden. Das ist auch notwendig, weil in den Niederlanden, in Großbritannien und auch in Deutschland der Erdgasanteil zurückgeht; die Niederlande steigen komplett aus. Das Gas wird für die europäische Energiesicherheit benötigt. Insofern handeln wir hier im Interesse von ganz Europa.

(Beifall bei der SPD)

Wir nehmen dabei auch die Sicherheitsinteressen unserer osteuropäischen Partner, insbesondere aus Polen und dem Baltikum, sehr ernst. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns in Europa auf gemeinsame Regeln verständigt haben und jetzt den europäischen Gasmarkt bekommen. Mit der Novelle der EU-Erdgasbinnenmarktrichtlinie haben wir einen Kompromiss gefunden, dem 27 von 28 EU-Staaten zugestimmt haben.

(Ulli Nissen [SPD]: 27! Boah!)

Das ist in der Tat sehr positiv. Dieser Beschluss zeigt, dass wir die zahlreichen Bedenken unserer osteuropäischen Partner ausgeräumt haben und das jetzt im Konsens umsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Diese Gasrichtlinie wird eins zu eins in deutsches Recht umgesetzt; das will ich an dieser Stelle deutlich machen. Durch den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen sind wir auf dem richtigen Weg. Das führt – wie Herr Altmaier es heute Mittag bei der Regierungsbefragung deutlich gemacht hat – noch ein Stück weit zu mehr Rechtssicherheit. Es ist gut, dass wir dafür eine Runde länger gebraucht haben. Das ist im Interesse von uns allen, und deswegen war das richtig so, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU])

Es gibt fünf Punkte, warum dieses Signal wichtig ist. Es ist erstens wichtig für Europa. Wir lassen uns von Donald Trump nicht auseinanderdividieren.

(Beifall bei der SPD)

Es ist zweitens wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit und die Diversifizierung des europäischen Gasmarktes.

Es ist drittens wichtig, weil es für alle Unternehmen Planungssicherheit schafft.

Es ist viertens wichtig, weil die chemische Industrie an europäischem und russischem Gas als wichtigem Rohstoff hängt. Auch das müssen wir sagen: Wir brauchen das Gas nicht nur für die Energieversorgung, sondern auch für unsere chemische Industrie in Deutschland. Auch die braucht hier Planungs- und Versorgungssicherheit.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Martin Hebner [AfD])

Fünftens ist es auch für den Klimaschutz wichtig. Wenn wir aus Atomenergie und Kohle aussteigen, brauchen wir Gas, um in Deutschland die Energiesicherheit sicherzustellen. Natürlich muss Gas perspektivisch grüner werden; das machen wir deutlich. Die Infrastruktur, die wir jetzt bauen, sei es bei den Pipelines, sei es bei den LNG-Terminals, muss später auch dafür genutzt werden, um zum Beispiel Wasserstoff zu transportieren.

(Beifall bei der SPD – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du kannst nicht in einem Gasterminal Wasserstoff transportieren! Das geht nicht!)

Deswegen dürfen Sie, wenn wir heute über Infrastruktur reden, nicht sagen, dass Sie nur für Erdgas verwendet werden soll, sondern wir wollen sie perspektivisch auch für Wasserstoff nutzen. Das ist unser Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich eines sagen: Mit der Umsetzung der EU-Gasrichtlinie nimmt ein kontroverses Kapitel ein erfreuliches Ende. Nord Stream 2 kann im Einverständnis der Europäischen Union fertiggestellt werden und, wie geplant, im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden – wenn uns Herr Trump und die Parlamentarier aus dem US-Kongress nicht noch einen Strich durch die Rechnung machen. Ich sage Ihnen klar und deutlich: Wir als Parlament und Deutscher Bundestag sollten deutlich sagen: Wenn es um die Energiesicherheit in Deutschland geht, ist das erst einmal unser Interesse. Wir sollten uns da nicht von Herrn Trump und seinen LNG-Verkaufsplänen in die Irre führen lassen. Wir brauchen auch russisches Gas für die europäische Sicherheit in der Energiepolitik.

Ich danke Ihnen. Auf Wiedersehen!

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Dr. Martin Neumann, FDP.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7401384
Wahlperiode 19
Sitzung 126
Tagesordnungspunkt Energiewirtschaftsgesetz
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