Timon GremmelsSPD - Aktuelle Stunde zum Arbeitsplatzabbau in der Automobilindustrie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon etwas grotesk: Die AfD-Fraktion beantragt eine Aktuelle Stunde zum Thema „Arbeitsplatzabbau in der Automobilindustrie“ ausgerechnet an dem Tag, an dem Elon Musk verkündet hat,
(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Nee! Das war gestern!)
im Großraum Berlin eine Tesla-Gigafactory zu errichten. Bis zu 10 000 Arbeitsplätze sollen dort entstehen. Das ist auch das Verdienst von Dietmar Woidke und der SPD-geführten Landesregierung in Brandenburg.
(Beifall bei der SPD)
Das ist ein gutes Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland, für die Automobilindustrie, für die Facharbeiter.
Vor allem, sehr geehrte Kollegen von der AfD: Was waren denn die Gründe von Tesla, sich für Brandenburg zu entscheiden?
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Subventionen!)
Die Verfügbarkeit von Ökostrom!
(Lachen der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD] – Karsten Hilse [AfD]: So ein Quatsch! – Weitere Zurufe von der AfD)
– Hören Sie genau hin! – Insbesondere die erneuerbaren Energien und die Windkraft sind ein echter Standortfaktor für Deutschland.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das war ein Grund, warum sich Elon Musk für Brandenburg entschieden hat. Klimaschutz ist also ein Investitionsmotor. Es ist kein Programm zur Deindustrialisierung Deutschlands, wie Sie von der AfD hier immer behaupten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Nein! Das zeigt, dass Sie keine Ahnung haben!)
Zweitens war die Weltoffenheit der Metropolregion Brandenburg ein weiterer wesentlicher Grund. Ich kann an Sie nur appellieren: Sorgen Sie mit Ihrer Politik nicht dafür, dass die Weltoffenheit verloren geht
(Beifall des Abg. Falko Mohrs [SPD])
und dass sich Elon Musk das noch mal überlegt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dann tragen Sie dafür die Verantwortung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Christian Jung [FDP]: Warum haben wir so viel Kurzarbeit? Sie haben doch gar keinen Kontakt mehr zur Realität! Was ist mit den Zulieferern?)
Was ist denn die größte Gefahr für die Automobilarbeitsplätze in Deutschland? Es ist die Abschottungspolitik! Abschottungspolitik ist der größte Faktor, der die Automobilindustrie gefährdet.
(Falko Mohrs [SPD]: Genau!)
Das sehen wir ja an Großbritannien: Tesla hat sich auch wegen des Brexits gegen Großbritannien entschieden.
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Nee! Wegen der fehlenden Subventionen! – Zuruf des Abg. Oliver Luksic [FDP])
BMW hat seine MINI-Produktion gedrosselt, weil der Brexit droht. Ein Drittel aller im Vereinigten Königreich tätigen Automobilunternehmen hat bereits jetzt Arbeitsplätze abgebaut. Und genau so eine nationale Abschottungspolitik verfolgt doch die AfD. Sie gefährden die Automobilwirtschaft in Deutschland und niemand sonst!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ja, die Automobilindustrie steht in einem großen Transformationsprozess,
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Einem politisch verursachten!)
aber den können wir nicht zurückdrehen; denn wenn wir jetzt abwarten und uns zurücklehnen, dann ziehen China und andere Länder an uns vorbei, und dann gucken die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Automobilindustrie in die Röhre.
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Die Chinesen waren gestern da! Die lachen über Ihre Politik!)
Wir müssen uns jetzt bewegen, wir müssen jetzt die innovativen Arbeitsplätze bei den Automobilunternehmen auf den Weg bringen.
(Beifall des Abg. Falko Mohrs [SPD])
Und es ist ja nicht nur Tesla. Gucken wir mal auf Volkswagen! Volkswagen hat ein E-Mobilitätswerk in Zwickau gebaut bzw. entsprechend umgerüstet.
(Oliver Luksic [FDP]: Wegen Ihrer politischen Vorgaben machen die das!)
Das ist genau der richtige Weg. Und auch bei mir im VW-Werk Kassel, in Baunatal in meinem Wahlkreis, ist die Belegschaft dabei, gemeinsam diese Transformation zu gestalten. Der dortige Betriebsratsvorsitzende von Volkswagen hat gesagt, dass er stolz auf seine engagierten Kolleginnen und Kollegen ist, die während des Wandels des Standorts hin zu einem E-Mobilitätswerk hart am Anlauf mitgearbeitet haben.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ja! Die sind auch alle ganz dankbar, dass sie ihre Arbeitsplätze verlieren! Dazu haben Sie noch überhaupt kein Wort verloren! Was ist mit den Tausenden von Arbeitsplätzen, die da verloren gehen? Darüber haben Sie noch gar nicht gesprochen! Das ist völliger Unsinn, was Sie da gerade erzählen!)
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind nämlich unsere Partner bei diesem Wandel; die müssen wir mitnehmen. Wir müssen den Wandel gestalten und dürfen uns dem nicht verweigern, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der größte Standortvorteil für die Automobilwirtschaft ist die betriebliche Mitbestimmung. Das müssen wir deutlich sagen.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Genau! Sie sind nämlich dafür verantwortlich, dass wir diese Standvorteile, alle Standortvorteile verlieren!)
– Sie brauchen gar nicht so zu geifern, Frau Weidel. Wer schreit, hat unrecht, und Sie schreien hier die ganze Zeit in meine Rede rein. Ich bitte, das zu unterlassen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Alice Weidel [AfD]: Sie sind dafür verantwortlich, dass wir sämtliche Standortvorteile verlieren! Aber das haben Sie ja noch gar nicht verstanden! Kapieren Sie nicht, ne?)
Ich sage Ihnen: Die betriebliche Mitbestimmung und eine funktionierende Tarifpartnerschaft sind der entscheidende Standortvorteil für Deutschland. Das müssen wir auch Tesla sagen. Wir erwarten, dass das gut bezahlte Arbeitsplätze sind, dass die Mitbestimmung da funktioniert. Auch das muss man Elon Musk an so einem Tag wie heute sagen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Alice Weidel [AfD], an die SPD gewandt: Worüber redet Ihr Kollege eigentlich? Hat er eigentlich verstanden, worum es eigentlich geht? – Gegenruf des Abg. Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Wir brauchen neue Arbeitsplätze! – Gegenruf der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD]: Sie sind einstellig! Ihnen rennen die Wähler davon wegen solchen Sachen!)
Ehrlich gesagt: Natürlich gehört es auch dazu, dass wir gerade beim Schwerlastverkehr nicht nur E-Mobilität in den Fokus nehmen. Wir brauchen auch dort Alternativen, wie zum Beispiel LNG, wie zum Beispiel die Brennstoffzelle, wie zum Beispiel E-Fuels, wie zum Beispiel Erdgas. Auch beim Schwerlastverkehr müssen wir voranschreiten.
(Oliver Luksic [FDP]: Wir bauen gerade Oberleitungen! – Dr. Alice Weidel [AfD]: Reden Sie doch einfach mal zum Thema! – Zuruf des Abg. Dr. Christian Jung [FDP] – Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Sogar die FDP widerspricht Ihnen!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, wenn es Ihnen wirklich um industrielle Arbeitsplätze hier in Deutschland gehen würde, dann wäre mir an Ihrer Stelle in dieser Woche ein anderes Thema eingefallen. Wo sollen denn nach der Ankündigung in dieser Woche die meisten Arbeitsplätze abgebaut werden? In der Windkraftbranche! Im Bereich Windkraft fallen allein bei Enercon über 3 000 Stellen in Ostfriesland und Magdeburg weg. Dazu habe ich von Ihnen hier kein Wort gehört! Das ist zynisch, und das entlarvt Ihren Standpunkt, den Sie hier deutlich gemacht haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Bernhard Loos [CDU/CSU])
Ich sage Ihnen ganz klar und deutlich: Die Partei der Arbeit ist und bleibt die Sozialdemokratische Partei Deutschlands.
(Lachen bei der AfD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da gibt es schon noch mehrere! Wir zum Beispiel!)
Das ist gut so.
In diesem Sinne: Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Da lachen sogar Ihre Koalitionsfreunde! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das war wirklich ein guter Witz! – Dr. Alice Weidel [AfD]: Der war gut, ja!)
Das Wort hat der Kollege Alexander Ulrich für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7401658 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 127 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum Arbeitsplatzabbau in der Automobilindustrie |