Johannes FechnerSPD - Änderung zivilprozessrechtlicher Vorschriften
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Tribünen! In den letzten Wochen und Monaten haben wir hier ja sehr intensiv strafrechtliche und zivilrechtliche Thematiken behandelt. Eines ist uns dabei immer klar geworden: Die besten Gesetze bringen nichts, wenn wir für ihre Anwendung bei der Polizei, bei den Sicherheitsbehörden und bei den Gerichten zu wenig Personal haben. Deswegen wollen wir auch mit diesem Gesetz dafür sorgen, dass die Gerichte nicht überlastet sind. Das ist eine ganz wichtige Maßnahme.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich darf daran erinnern, dass wir schon in den letzten Haushaltsberatungen neue Stellen am BGH geschaffen haben, nämlich zwölf am Standort in Karlsruhe und zwölf am Standort in Leipzig. Das war gut und richtig so; denn ich finde, gerade beim Bundesgerichtshof, der ja oft Urteile in zivilrechtlichen Angelegenheiten fällt, die Millionen betreffen, müssen wir genügend Richterinnen und Richter haben.
Einen Weg, um den BGH noch weiter zu entlasten, beschreiten wir heute mit diesem Gesetz, indem wir die Wertgrenze von 20 000 Euro für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen als Dauerlösung festschreiben; denn die Richterinnen und Richter am BGH sind ganz erheblich überlastet. 2018 wurden rund 3 600 Nichtzulassungsbeschwerden eingereicht. Ohne die Wertgrenze, also ohne eine Regelung, nach der ein Beschwerdewert von 20 000 Euro erreicht werden muss, wären es noch wesentlich mehr Fälle. Es wäre mit einem massiven Anstieg der Zahl von Nichtzulassungsbeschwerden zu rechnen. Das würde den BGH überfordern, was wir nicht wollen; denn wichtige Grundsatzurteile könnten dann nicht mehr zeitnah ergehen, wichtige Rechtsfragen blieben auf Dauer unbeantwortet bzw. unentschieden. Dies gilt ebenso für Fallkonstellationen, die Millionen Menschen betreffen. Das wollen wir nicht, und deswegen haben wir uns – zugegebenermaßen nach zu vielen Befristungen – entschlossen, die Beschwerdewertgrenze von 20 000 Euro jetzt festzuschreiben.
Diese Wertgrenze kann man als juristisches Murmeltier, das uns gefühlt jedes Jahr grüßt, bezeichnen. Deswegen ist es für alle Beteiligten gut, dass wir jetzt zu einer Dauerlösung kommen.
(Beifall des Abg. Achim Post [Minden] [SPD])
Dabei ist mir eines wichtig: Wir verkürzen den Rechtsschutz eben gerade nicht. Auch bei kleineren Streitwerten unter 20 000 Euro wird es bei Grundsatzfragen nach wie vor die Möglichkeit geben, Recht beim BGH in letzter Instanz zu suchen. Wir werden also den Rechtsweg nicht in unangemessener Weise verkürzen.
In der Sachverständigenanhörung hat das BGH-Präsidentin Frau Limperg sehr deutlich gemacht und gesagt, dass insbesondere bei mietrechtlichen Streitigkeiten, wo es oft um kleine Summen geht, häufig eine grundsätzliche Frage vorliegt und die Oberlandesgerichte es dann ermöglichen, dass die Grundsatzentscheidung beim Bundesgerichtshof fallen kann. Also kann ganz klar gesagt werden: Es gibt keine unverhältnismäßigen Einschränkungen des Rechtsschutzes für die Bürgerinnen und Bürger an dieser Stelle, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir wollen mit zahlreichen weiteren Maßnahmen in diesem Gesetz die Qualität der Rechtsprechung weiter verbessern. Indem wir zum Beispiel Spezialspruchkörper für bestimmte Rechtsgebiete einrichten, sorgen wir dafür, dass die zuständigen Richter eine noch größere Erfahrung in diesen Rechtsgebieten sammeln und Expertise erlangen.
In der Anhörung wurde gesagt: Das wäre nicht gut, weil Bürger dann zu den Gerichten länger fahren müssten. – Ich glaube, für den Vorteil, dass ein Gericht, ein Spruchkörper, auf ein Rechtsgebiet spezialisiert ist, sind sicherlich viele Bürgerinnen und Bürger bereit, längere Fahrtwege in Kauf zu nehmen, weil ihre Prozesse dann schneller und mit fundierter Qualität entschieden werden.
Ich will schließlich noch eine weitere Neuerung nennen; denn ich glaube, dass sie in der Praxis für wesentliche Verfahrensbeschleunigungen sorgen wird, nämlich die Vereinfachung des gerichtlichen Vergleichs. Hier stellen wir mit der entsprechenden Neuregelung klar, dass ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag zukünftig auch durch zu Protokoll gegebene Erklärungen angenommen werden kann. Das erspart entsprechende Schriftsätze und entlastet die Gerichte.
Im Vergleich zum ursprünglichen Gesetzentwurf haben wir, die Koalitionsfraktionen, auf Wunsch der Bundesländer dem zukünftig immer wichtiger werdenden elektronischen Datenaustausch Rechnung getragen, indem wir in zahlreichen Gesetzen geregelt haben, dass eine elektronische Zustellung von Auszügen aus Akten möglich sein soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, insgesamt sehen Sie, dass wir auch mit diesem Gesetz – wir sorgen mit dem Pakt für den Rechtsstaat für mehr Personal; mit der Modernisierung des Strafverfahrens morgen haben wir uns sehr viel vorgenommen – dafür sorgen, dass die hohe Qualität unserer Rechtsprechung erhalten bleibt. Wir verbessern die personelle Situation an den Gerichten. Wir sorgen auch mit dieser Maßnahme für Verfahrensbeschleunigung. Das alles dient unserem Rechtsstaat, und den wollen wir in seiner Stärke erhalten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist der Abgeordnete Jens Maier für die AfD.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/cvid/7401783 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 127 |
Tagesordnungspunkt | Änderung zivilprozessrechtlicher Vorschriften |