Karl-Heinz BrunnerSPD - Kriegerische Eskalation im Nahen Osten
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ein Bekenntnis zu Israel ist selbstverständlich, aber heute nicht unbedingt Gegenstand dieser Beratungen.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Die gehören in einer solchen Konferenz dazu, Herr Brunner! Selbstverständlich!)
– Die gehören sicherlich dazu. Aber wir diskutieren jetzt nicht quer. Sie hören mir mal kurz zu!
Was wollen Sie, was will die AfD mit diesen Anträgen, die heute eingebracht worden sind? Sie wollen doch nichts anderes – die Kollegin Motschmann hat das auch schon angesprochen –, als die über 11 Millionen geschundenen Seelen, die vor Assad, dem Schlächter, der Giftgas gegen sein eigenes Volk einsetzt, geflohen sind, wieder in die Hände dieses Schlächters zurückführen. Das darf nicht sein, und das darf in diesem Hause, im Deutschen Bundestag, nicht auch nur annähernd eine Zustimmung erfahren.
(Beifall bei der SPD – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Mehr mit Niveau, Herr Brunner! Nicht immer so platt!)
Ich sage das ganz deutlich, weil hier manchmal offensichtlich Ursache und Wirkung verwechselt werden. Ich bin froh, dass der Kollege Nouripour den Ursprung in der Stadt Daraa, das Auflehnen der Bevölkerung gegenüber einem Despoten, angesprochen hat. Es ist nicht Assad gewesen, der dem Land Frieden gebracht hat, sondern es sind mehr oder weniger glückliche oder unglückliche Umstände gewesen, die dazu geführt haben, dass Frieden herrscht oder Krieg.
Ich sage ganz deutlich: Das Beispiel der KSZE zieht nicht.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Dann lag Ihr Herr Steinmeier falsch! Das ist aber schlecht für euch!)
Das zieht deshalb nicht, weil wir offensichtlich vergessen haben, dass die KSZE-Akte mit der Friedenssicherung
(Beifall der Abg. Aydan Özoğuz [SPD])
einen Schlusspunkt gesetzt hat, wir dafür aber vorher Frieden in Syrien und in der Region erreichen müssten. Wenn wir Frieden haben, können wir eine Art KSZE-Akte als Schlusspunkt setzen. Das wäre der richtige Weg.
Sie sehen ja in Ihrem Weltbild – die Kollegin Özoğuz hat es schon angesprochen – den Vorderen Orient Goethes – das ist eher veraltet – im Mittelpunkt, nicht die Zukunft. Deshalb ist es ja auch typisch, dass Sie in Ihrem Antrag das Wort „laizistische“ mit vier I schreiben,
(Lachen des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
obwohl das Wort üblicherweise mit drei geschrieben wird. Das zeigt die Flüchtigkeit bei diesem Antrag.
Mit Ihrem Antrag wollen Sie in erster Linie wirtschaftliche Sicherheit für Assad erreichen. Sie wollen nicht den Menschen vor Ort Stabilität geben. Und Sie sind keineswegs bereit, so wie Sie das bei Ihrer Privatreise nach Syrien schon getan haben, für die Menschen da zu sein, sondern Sie wollen mit Machthabern sprechen, um die Situation zu erzeugen, dass die geschundenen Menschen wieder zurückgeführt werden.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sie können gern mitkommen!)
Wir haben nicht zuletzt durch den Fünf-Punkte-Plan von Außenminister Heiko Maas
(Lachen des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD])
sehr viel dazu beigetragen – und machen hier auf diplomatischem Weg weiter –, die Waffenruhe zu stabilisieren -
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ja, das macht Deutschland!)
– das ist nämlich das Erste, was wir in dieser Region brauchen –, humanitäre Hilfe zu geben – Deutschland ist das zweitgrößte Geberland für humanitäre Hilfe in Syrien und hat bereits 500 Millionen Euro für 2019 zugesagt –, den politischen Prozess zu unterstützen, also ein Verfassungskomitee unter Leitung der Vereinten Nationen personell und finanziell zu unterstützen – dieses Land braucht eine Verfassung; dieses Land braucht die Grundlage für eine Versöhnung der Bürgerinnen und Bürger in Syrien und in dieser Region – und – nicht last, but not least, sondern zuvor – den Kampf gegen den IS fortzuführen. Ich persönlich weigere mich, von einem „Staat“ zu sprechen, denn der IS ist kein Staat, sondern eine Verbrecherorganisation, die aus dieser Region beseitigt werden muss.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU])
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lambsdorff?
Nein, das gestatte ich nicht.
(Zurufe von der FDP)
Last, but not least sind internationale Partner einzubinden, den UN-Prozess fortzuführen, aber auch mit der Türkei und Russland bilateral zu sprechen.
Die Small Group on Syria unterstützt den politischen Prozess bereits. Die humanitäre Diplomatie der Geberkonferenzen arbeitet im Dialog mit entsprechenden Partnern und politischen Entscheidungsträgern. Im Kreis der EU, die in Ihrem Antrag nicht genannt wird, und der Vereinten Nationen setzt sich Deutschland für die Erhöhung und Bereitstellung von Geldern für humanitäre Hilfe ein. Deshalb ist es richtig und gut, dass wir uns in Deutschland und aus Deutschland heraus an diesem umfangreichen politischen Prozess in Syrien beteiligen. Denn ohne Frieden in dieser Region wird wirtschaftliche Hilfe und wird letztendlich auch eine Rückkehr der geschundenen Menschen an den Ort, an den sie wollen, ihre Heimat, nicht möglich sein. Ich glaube, dass es notwendig ist, dass diese Menschen in ihre Heimat erst zurückkehren, wenn sie dort in Sicherheit, Frieden und Freiheit leben können,
(Frank Pasemann [AfD]: Und Wohlstand!)
so wie dies bei uns selbstverständlich ist.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Alexander Radwan, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7401935 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 128 |
Tagesordnungspunkt | Kriegerische Eskalation im Nahen Osten |