15.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 128 / Tagesordnungspunkt 27

Roman ReuschAfD - Modernisierung des Strafverfahrens

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf oder, besser gesagt, seine Behandlung ist ein Musterbeispiel dafür – ich muss es ja so deutlich sagen –, wie man Gesetze nicht durchpeitschen sollte. Vor etwa zwei Wochen erhielt ich von der Presse eine Bitte um Stellungnahme zu dem Referentenentwurf. Ein, zwei Tage später wurde er im Bundeskabinett verabschiedet. Letzte Woche Donnerstag hatten wir hier die erste Lesung. Am Montag wurden die Sachverständigen angehört. Am Mittwoch war er Beratungsgegenstand im Rechtsausschuss; da haben wir nach meiner Erinnerung im Wesentlichen gar nicht darüber gesprochen, weil wir nämlich keine Zeit dazu hatten.

(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das liegt an Ihrem leeren Vorsitz!)

Und heute haben wir die zweite und dritte Lesung.

Selbst in diesem Haus ist das doch eine sehr ungewöhnliche Beschleunigung. Ein Grund dafür ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, sodass man also Druck von oben vermuten kann. Diesem Druck hätte man sich lieber in besonnener Selbstbehauptung entgegenstellen sollen; denn abgesehen von allen anderen Fragen verstieß das auch gegen die Bosbach-Doktrin, nach der alles, was sachlich falsch ist, politisch nicht richtig sein kann.

Wenn man so einen Gesetzentwurf, noch dazu zu so einem hochkomplexen Thema, durchpeitscht, ist durch die Beschleunigung die Gefahr der Oberflächlichkeit evident, und damit besteht die erhebliche Gefahr, dass man beträchtliche Fehler begeht. Also sollte man die Finger von so was lassen. Das hätten wir locker auch noch in der übernächsten Sitzungswoche besprechen können, zumal hinzukommt, dass die Anhörung der Sachverständigen ausgesprochen ergiebig war. Das waren sehr gute Sachverständige, die alle exzellente Gutachten, wenn auch unterschiedlicher Richtungen, vorlegten. Einige haben einzelne Punkte des Gesetzentwurfs attackiert, andere haben sie verteidigt. Sie haben Alternativvorschläge unterbreitet, teilweise sogar ausformuliert. Das wäre es weiß Gott wert gewesen, sich damit mal einige Stunden seines Lebens ins stille Kämmerlein zurückzuziehen und sich das Punkt für Punkt anzusehen. Ich kann mir keinen Kollegen vorstellen, der in einer laufenden Sitzungswoche die Zeit dazu hat.

Ich hatte nach der Befragung auch den Eindruck, dass vonseiten der Koalition da doch deutlich mehr an Änderungen kommen würde. Dieser Eindruck trog; denn der im Ausschuss gestellte Änderungsantrag ist vom Umfang her relativ dünn und beschäftigt sich gerade nicht mit den spannenden Fragen, die die Sachverständigen aufgeworfen haben.

Ein Beispiel dafür, dass hier womöglich auch im BMJ schon die heiße Nadel geschwungen wurde, sind die Regelungen für die Dolmetscher. Es ist ja völlig richtig, dass man sich mal ein einheitliches Konzept überlegt, welche Anforderungen Dolmetscher erfüllen müssen, um den Beruf ausüben zu können. Aber wer hat denn bitte die Idee gehabt, beeidigte Dolmetscher nur für EU-Staatsangehörige vorzusehen? In der Praxis, im Strafrecht zumindest, braucht man Englisch, Französisch und Italienisch relativ selten, außereuropäische Sprachen jedoch sehr häufig.

(Beifall bei der AfD)

Auch ein Sachverständiger aus der Praxis, ein Richterkollege, äußerte die große Befürchtung, dass als Folge dieser Regelungen den Gerichten nachher die Dolmetscher fehlen werden. Außerdem gibt es doch Tausende Dolmetscher in diesem Land, die seit Jahrzehnten im Geschäft sind und Firmen haben. Auf einmal droht ihnen am Ende ein Berufsverbot? War da nicht mal was mit dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb?

Also: keine Übergangsregelung, nichts drin. Immerhin hat die Koalition jetzt die Frist für die Anwendung um ein Jahr verlängert.

Es gibt also die Möglichkeit, diesen Gesetzentwurf in der nächsten Zeit wieder zu überarbeiten. Solide ist anders. Blutenden Herzens haben wir uns entschlossen, uns bei der Abstimmung zu enthalten.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Ich erteile das Wort der Kollegin Elisabeth Winkelmeier-Becker, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Personen

Dokumente

Automatisch erkannte Entitäten beta

Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7401941
Wahlperiode 19
Sitzung 128
Tagesordnungspunkt Modernisierung des Strafverfahrens
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine