26.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 129 / Tagesordnungspunkt I.4

André BergheggerCDU/CSU - Finanzen, Bundesrechnungshof

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Bekanntlich verlässt kein Gesetz dieses Haus so, wie es eingebracht worden ist. Ich glaube, das gilt insbesondere für das Haushaltsgesetz, eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste Gesetz, das wir im Laufe eines Jahres beschließen. Wir debattieren schließlich auch eine ganze Woche darüber. Wir haben zwei Besonderheiten in diesem Jahr: Zum einen haben wir im Laufe des parlamentarischen Verfahrens einen Ergänzungshaushalt zur Umsetzung des Klimapakets bekommen, zum anderen haben wir in der Bereinigungssitzung rund 350 Koalitionsanträge beschlossen.

Ich denke, die Rahmendaten für diesen Haushalt sind in Ordnung. Das Volumen liegt bei 362 Milliarden Euro; das entspricht einer moderaten Steigerung. Die Investitionen liegen bei knapp 12 Prozent des Haushaltes. Aber über 50 Prozent werden inzwischen für die soziale Sicherung aufgewandt; das erste Mal über 100 Milliarden Euro als Zuschuss für die Rentenversicherung. Wir müssen aber das Verhältnis von Investitionen zu sozialer Sicherung im Blick behalten – das sagt uns auch der Bundesrechnungshof in vielen Berichten –;

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

denn für Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum sind Investitionen die Voraussetzung.

Auch wenn es vielleicht selbstverständlich klingt und bei uns schon die Regel ist: Wir nehmen zum siebten Mal nacheinander keine neuen Schulden auf. Das ist immer wieder eine Erwähnung wert. Außerdem erfüllen wir das erste Mal nach längerer Zeit den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt. Die gesamtstaatliche Verschuldungsquote sinkt unter 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das schafft Vertrauen, ist generationengerecht und nachhaltig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir setzen Schwerpunkte in diesem Haushalt. Wir setzen wichtige Zeichen für ein sicheres Land mit hoher Lebensqualität: ein Milliardenprogramm zur Umsetzung des Klimaschutzprogrammes. Wir erhöhen den Ansatz für Bildung und Forschung – wie wir es heute schon mehrfach gehört haben –, und wir investieren in die innere und äußere Sicherheit. 3 900 Stellen sind für diesen Bereich vorgesehen, davon über 2 000 für die Bundespolizei. Davon werden Kapazitäten aufgebaut, und man kann sich neuen Aufgaben widmen bzw. bestehende besser ausführen. Insbesondere widmen wir uns der Extremismusbekämpfung. Aber wir erhöhen nicht nur die Anzahl der Stellen, sondern wir werden auch für entsprechende Flexibilität sorgen. So gibt es eine Zusage, dass Kapazitäten für die Transporthubschrauber erhöht werden können. Das dient der Leistungsfähigkeit der Einheiten.

Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz erhält mehr Stellen und – ich rechne den Zoll zu den Sicherheitsbehörden – natürlich auch der Zoll. Für uns war es wichtig – mein Kollege Andreas Schwarz hat das vorhin angesprochen –, die Verlässlichkeit für die Zöllnerinnen und Zöllner zu stärken. Daher werden alle Stellen, die aufwachsen sollen, auch über den Finanzplanungszeitraum hinaus, in diesem Haushalt dargestellt. Das ist, denke ich, ein gutes Signal an die Zöllnerinnen und Zöllner.

Wir erhöhen die Verteidigungsausgaben auf 1,42 Prozent des BIP. Das ist ein guter Weg, auch im Zusammenhang mit der Diskussion über die NATO-Quote. Die zusätzlichen Mittel werden insbesondere für die deutsche Beteiligung an der NATO-Präsenz in Litauen verwendet werden.

Nun zu den Investitionen und damit zu einem Thema, über das wir hier in verschiedensten Facetten lange diskutiert haben. Infrastrukturinvestitionen sind Voraussetzung für Wohlstand und Wachstum in unserem Land. Darüber, dass wir im Bereich Investitionen mehr machen müssen und wollen, sind wir uns, glaube ich, einig. Aber damit hört die Einigkeit auch schon auf.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weiß ich nicht!)

Die Opposition sagt: Wir müssen mehr machen, wir müssen die Ansätze erhöhen. Das hält sie für den Königsweg. Das sagt sich so leicht. Ich bin da ebenso wie einige meiner Vorredner ganz anderer Meinung. Frau Hajduk, ich wiederhole gerne das, was der Kollege Eckhardt Rehberg gesagt hat: Wir haben hier ein Umsetzungsproblem;

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für die Umsetzung ist doch die Regierung zuständig!)

wir müssen die Investitionshemmnisse abbauen.

Das möchte ich gern erklären. Schauen wir uns einmal die Haushaltsreste an. Diese Haushaltsreste sind in den letzten Jahren ständig gewachsen, von 7 Milliarden Euro in 2010 auf knapp 20 Milliarden Euro in diesem Jahr. Das zeigt: Der politische Wille kann nicht ganz umgesetzt werden, die bewilligten Mittel fließen nicht ab. – Daran müssen wir arbeiten. Deswegen, lieber Kollege Fricke – wo ist er? –,

(Otto Fricke [FDP]: Hier!)

ist die globale Minderausgabe, die der Finanzminister aufgenommen hat, seriös berechnet. Erfahrungswerte der vorangegangenen Jahre zeigen, wie viel Geld nicht abfließt.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch ein Armutszeugnis!)

Deswegen kann man immer einen Ansatz im Haushalt verwenden bzw. dafür einsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Kollege, der Kollege Fricke würde gerne eine Zwischenfrage stellen. – Nein.

Ich mache das auch am Beispiel einer wichtigen Ebene in diesem Staat deutlich, an den Kommunen: Schauen wir uns das KfW-Kommunalpanel an, wofür jährlich bei allen Kämmerern in diesem Land Daten abgefragt werden. Ja, wir haben einen Investitionsstau in den Bereichen Schule, Straßen, Verwaltungsgebäude. Das ist das Ergebnis: Rund ein Drittel der geplanten Investitionen kann vor Ort nicht umgesetzt werden. Woran liegt das? Als Grund wird von finanzstarken Kommunen angegeben: Es liegt an den Kapazitäten im Baubereich, an zu wenig Personal und an den Baukosten, aber nicht am fehlenden Geld. Woran liegt es bei den finanzschwachen Kommunen? An den Einschränkungen aufsichtsrechtlicher bzw. politischer Art, an den Kapazitäten im Baubereich und natürlich, sonst wären es keine finanzschwachen Kommunen, an finanziellen Engpässen. Aber es ist zuvörderst Aufgabe der Länder, die Kommunen ordnungsgemäß mit Finanzmitteln auszustatten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Schlussfolgerung lautet deswegen: Allein den Ansatz für Investitionen zu erhöhen, bringt uns nicht weiter. Wir müssen die Investitionshemmnisse abbauen. Wir können die Ansätze nicht um jeden Preis erhöhen. Das würde nur die Leistung vor Ort verteuern oder die Qualität senken, weil jeder einen Auftrag mitnehmen will. Das würde aber nicht unserem Ziel dienen, mehr Investitionen umzusetzen. Wir brauchen also langfristige Kontinuität, Planungssicherheit vor Ort, damit Kapazitäten aufgebaut werden. So schaffen wir es, wieder mehr Geld in die Straße und auf die Straße zu bringen.

Genauso machen wir es bei den staatlichen Aufgaben – wir haben es gerade gesagt –: Wir erhöhen die Personalkapazitäten und verbessern damit die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Institutionen. Dann können die Aufgaben sinnvoll wahrgenommen werden.

Nur am Rande sage ich: An dieser Argumentation können Sie sehr leicht erkennen, wie wir zur Schuldenbremse bzw. zu Erleichterungen bei der Schuldenbremse stehen – dieses Thema hat Herr De Masi immer wieder angesprochen –: Davon halten wir zurzeit gar nichts, eigentlich sogar überhaupt nichts, weil das der falsche Weg wäre. – Darüber werden wir aber an anderer Stelle noch diskutieren.

An dieser Stelle kann ich mich nur für die gute Mitarbeit, für die gute Zuarbeit bedanken, insbesondere bei den Mitberichterstattern. Ich kann allen Kolleginnen und Kollegen nur empfehlen, den Einzelplänen 08 und 20 zuzustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Zu einer Zwischenbemerkung erteile ich das Wort dem Kollegen Otto Fricke, FDP.

(Ulli Nissen [SPD]: Warum hat er eine so geringe Redezeit bei der FDP, dass er das jetzt so machen muss?)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7403437
Wahlperiode 19
Sitzung 129
Tagesordnungspunkt Finanzen, Bundesrechnungshof
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