26.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 129 / Tagesordnungspunkt I.5

Rainer SpieringSPD - Ernährung und Landwirtschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Vor allen Dingen: Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer oben auf den Rängen! Ein spannender Tag heute. Ich fange mit dem Kollegen Hocker an, der bekanntermaßen beweglich ist in seinen Äußerungen. Ich habe zwei Erwiderungen.

Zur Frage der Einträge von Nitrat ins Grundwasser – wir lassen einmal außer Acht, wer zuständig ist –: Die Wissenschaft sagt, dass die Landwirtschaft dafür zu mindestens 80, 90 Prozent verantwortlich ist. Daher möge sich die Landwirtschaft diesem Problem nähern, und wir kommen über die Kommunen dahin, das andere Problem zu klären.

Zweite Aussage, Kollege Hocker: Direktzahlungen-Durchführungsgesetz. Sie haben angesprochen, dass wir Bonuszahlungen vornehmen wollen. Ja, genau das machen wir jetzt mit der Umwandlung der Direktzahlungen. Man muss das nur verstehen. Das, was Sie tun, ist das, was die FDP seit Urzeiten macht: Da, wo viel ist, viel mehr hingeben. – Wir kennen das von der Mövenpick-Steuer. Wes Geistes Kind Sie sind, wissen wir.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der FDP – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: FDP: Zehn Jahre her! – Stephan Brandner [AfD]: Ein ganz wunder Punkt bei der FDP!)

Ich möchte übrigens dringend darauf hinweisen, dass dieser Ausschuss „Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft“ heißt. Ich würde mich dringend mal der Frage der Ernährung zuwenden. Ich bin letzte Woche im Kreis Gütersloh gewesen, und bekannterweise ist da ein Großschlachter unterwegs. Dann hat man uns von der Stadtverwaltung gezeigt, was das bedeutet: Jedes Jahr werden dorthin neue Arbeitskräfte exportiert. Sie werden in Südosteuropa mit irren Versprechungen angeworben. Nach einem Jahr sind sie arbeitstechnisch fertig und begeben sich dann in den Kreis Gütersloh – es sind etwa 7 000 Menschen –, und dann holt der geneigte Großschlachter neue Kolleginnen und Kollegen dazu. Caritas-Zitat:

Das System der Werkverträge führt dazu, dass immer mehr arme und zunehmend bildungsferne Menschen aus Südosteuropa in den Kreis Gütersloh kommen. Ein Megaschlachter aus Rheda-Wiedenbrück braucht immer neue schlecht bezahlte und unwissende Arbeitskräfte.

Wer sich den Haushalt angeschaut hat, stellt fest: Wir haben erstmalig 500 000 Euro bereitgestellt, um über eine wissenschaftliche Untersuchung festzustellen: Was ist auf den Schlachthöfen los? Welche sozialen Auswirkungen hat das? Ich kann für die SPD nur sagen: Wir wollen uns diesen Werkverträgen nähern. Wir haben dazu wissenschaftliche Aussagen. Es gilt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, egal wo jemand herkommt.

(Beifall bei der SPD)

Das Tun dieses Großschlachters hat übrigens noch deutlich mehr Auswirkungen. Wer dort ökonomisch sinnvoll arbeiten will, muss auf der einen Seite aus den Arbeitskräften das meiste rausquetschen, und er braucht auf der anderen Seite eine Infrastruktur, die für schnelle Wege sorgt. Jeden Tag werden dort ungefähr 20 000 Schweine geschlachtet. Sie müssen aus der näheren Umgebung kommen. Das ist unter anderem Weser-Ems. Für all diese Schweine – 20 000 pro Tag! – werden Proteine nach Deutschland importiert – mit den entsprechenden Folgen für Entwicklungsländer –, etwa Soja aus Südamerika. Das bedeutet: Menschen verarmen, Südamerika verarmt, und wir haben die Gülle vor den Füßen. Der Bereich Weser-Ems hat 3 Millionen Tonnen Gülle vor den Füßen, die wir jetzt loswerden müssen.

Dazu trägt im Übrigen dieser Haushalt seinen Teil bei.

(Beifall bei der SPD – Stephan Protschka [AfD]: Und gleichzeitig das Mercosur-Abkommen unterstützen!)

Wir haben in den Energiesparbereich ungefähr 11 Millionen Euro eingepreist, um neue Gülleaufbereitungsanlagen zu finanzieren und dann über Wärmekopplung mit Biogasanlagen dafür Sorge zu tragen, dass wir Gülle zu einem zertifizierten Mineraldünger umwandeln. Damit können wir die Flüssigkeitsfracht entlasten und Trockensubstrate in die Landwirtschaft bringen. Damit leisten wir wirklich einen guten Beitrag für eine in Zukunft gute Landwirtschaft.

(Beifall bei der SPD)

Das Werkzeug dafür ist die Agrarmasterplattform; das ist mittlerweile auch unstrittig. Worum geht es? Es geht darum, die Landwirtschaft dazu in die Lage zu versetzen, Düngeverordnung, Nitratrichtlinie, Stoffstrombilanz, GAP-Anträge in atemberaubender Geschwindigkeit zu bewältigen. Eine der großen Landwirte hat mir letztens gesagt, er brauche aufgrund seiner Digitalisierung heute für seinen GAP-Antrag – er ist umfassend – zwei Stunden. Das muss das Ziel sein. Diese Koalition, die von Ihnen so oft kritisiert worden ist, ist die erste Koalition, die das im Parlament auf den Weg gebracht hat. Dazu brauchten wir auch gar kein Ministerium. Wir haben das entwickelt. Nur Mut als Parlamentarier! Wir können das!

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen dieses Land sichern vor dem, was die FDP fördert, nämlich der Macht der IT-Großkonzerne.

(Frank Sitta [FDP]: So ein Quatsch!)

Wir wollen kein System von Google. Wir wollen kein System von Microsoft. Wir wollen eine souveräne IT-Plattform für Deutschland, bei der Landwirte, landwirtschaftliche Unternehmen, Landmaschinenhersteller und das Volk als Souverän dazu in der Lage sind, transparent Stoffströme zu beurteilen. Dann wird sich auch die unselige Messstellendiskussion erledigt haben, weil wir nämlich wissen werden, wer zu welchen Bedingungen erzeugt hat. Das ist unser Ansatz: eine IT-Plattform eines souveränen Staates.

(Beifall bei der SPD – Karlheinz Busen [FDP]: Nächste Woche kommt der Nikolaus oder Knecht Ruprecht!)

Wir haben in diesen Haushalt jetzt schon 22,5 Millionen Euro eingebracht. Das ist Ihnen vermutlich entgangen; das Geld ist aber da. Ich möchte die Gelegenheit dazu nutzen, mich einmal bei der IT-Abteilung des BMEL herzlich zu bedanken. Angeführt von einer toughen Wissenschaftlerin, bringen die da richtig was auf die Kette. Das ist auch die Unterabteilung des BMEL, die ausnahmslos alles Geld ausgibt. Im Mai werden wir die Grundkonstruktion der Masterplattform haben. Ich sage Ihnen: Wenn wir das abgeschlossen haben, dann wird dieser Finanzminister das Geld zur Verfügung stellen, um eine IT-Plattform für Deutschland in wesentlich größerem Maße bereitzustellen. Wir werden Transparenz und Offenheit haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Thema Volkswirtschaft. Wir haben gemeinsam mit der CDU ein Papier entwickelt. Wir als SPD-Fraktion haben auch ein weit darüber hinausgehendes Papier entwickelt, nämlich zur Frage der Holznutzung. Für uns ist es wichtig, Forst- und Landwirtschaft mit Handwerk zu verbinden, dem größten und eigenständigsten Unternehmenszweig in Deutschland. Wir wollen, dass Holz als CO

Ich finde, dieser Haushalt setzt wirklich Marken und verändert die Bundesrepublik Deutschland, ich glaube, zum Guten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Rainer Spiering. – Nächster Redner: Artur Auernhammer.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Der mit der verlängerten Redezeit!)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7403457
Wahlperiode 19
Sitzung 129
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
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