Achim PostSPD - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, Herr Gauland, nach Ihrer Rede: Da gab es diesmal keine Ausflüge in die deutsche Geschichte, keinen Untergang des Abendlandes.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Ich kann Sie ja nicht immer belehren!)
Zum Glück ist auf Frau Weidel Verlass; sie hat sich vorgearbeitet vom Marktradikalismus zum Rechtsradikalismus und ist damit bei ihrem Markenkern angelangt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: So ein Schwachsinn!)
Denn vor einem haben Sie beide ja gemeinsam Angst: dass demnächst der Höcke vor der Tür steht.
(Zuruf von der AfD: Herr Post, das ist völlig unter Ihrem Niveau!)
Kommen wir einmal zum Haushalt.
(Zuruf von der AfD: Ah!)
Ich habe in den letzten beiden Tagen den Reden, den Beiträgen, der Kritik, den Vorwürfen zugehört, die es gibt gegenüber der Großen Koalition, gegenüber diesem Bundeshaushalt, gegenüber den Schwerpunkten des Bundeshaushalts. Wenn ich einmal zusammenfassen darf – ganz subjektiv natürlich –, was eigentlich die Hauptkritikpunkte waren, stellen sich für mich drei Punkte heraus: Erstens. Da sei doch zu viel Klein-Klein bei dieser Koalition, kein großer Wurf, alles zu wenig, alles zu spät. Zweitens. Diese Koalition, diese Bundesregierung investiere zu wenig. Und drittens: Eigentlich habe ja diese Koalition und eigentlich habe ja diese Bundesregierung ihr Pulver schon verschossen und für die zweite Halbzeit nichts mehr vor.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie aber die Kritik aus der SPD vergessen!)
Gehen wir einmal auf den ersten Vorwurf ein, den Vorwurf des Klein-Klein.
(Zuruf von der AfD: Niemand sagt das!)
Ich weiß gar nicht, was es dagegen einzuwenden gibt, wenn man sich auch mit sogenannten kleinen Dingen befasst, wenn man sich damit befasst, was die Nöte, die Alltagssorgen von 83 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland sind. Dagegen gibt es gar nichts einzuwenden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn Sie sich einmal anschauen, wie diese Große Koalition in den letzten 20, 21 Monaten gearbeitet hat, die Probleme angegangen ist, dann müssen Sie feststellen: Wir haben uns um die kleinen Dinge gekümmert, aber auch um die großen. In diesem Land wurde 25, 30 Jahre über ein Einwanderungsgesetz geredet. Die Große Koalition hat es auf den Weg gebracht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD – Ulrich Freese [SPD]: Wir haben es auf den Weg gebracht, und die Schwarzen sind mitgegangen!)
Wir haben seit Jahrzehnten über den Ausstieg aus der Kernkraft geredet, und zwar völlig zu Recht. Jetzt macht diese Koalition beides. Wir gehen aus zwei Großtechnologien heraus – aus Kernkraft und Kohle. Das als Klein-Klein zu bezeichnen, geht wohl etwas an der Realität vorbei, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Wir unterlegen das mit einem Strukturstärkungsgesetz, das wir hier in diesem Hause noch diskutieren werden, bei dem es darauf ankommt, daraus einen Markenkern für die Bundesrepublik Deutschland zu machen. Aus Strukturstärkung machen wir gelingenden Strukturwandel, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Diese Große Koalition – darüber wurde heute häufig geredet – hat einen Markenkern – das stimmt, Herr Lindner –: Das ist sozialer Fortschritt. Wie sollte all das funktionieren, wenn es keinen sozialen Fortschritt gäbe
(Beifall bei der SPD)
bei der Stabilisierung der Renten, mit der Grundrente und mit vielen anderen Dingen, die die Koalition auf den Weg gebracht hat?
(Christian Lindner [FDP]: Können Sie auf Dauer weitermachen!)
– Na ja, über Ihre Jobperspektiven können wir auch noch einmal reden. Sie hätten ja Außenminister, Finanzminister oder Arbeitsminister werden können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der FDP: Das ist für uns nicht das Kriterium!)
Ich bin froh, dass Sie nicht da sitzen. Sie haben sich heute um etwas anderes beworben. Das hörte sich eher an, als wollten Sie Senator für Bauen und Wohnen in Berlin werden. Aber das hat diese Stadt auch nicht verdient, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD – Zuruf von der FDP: Überstehen Sie mal die Woche!)
Der zweite Vorwurf lautet, diese Koalition investiere zu wenig. Wenn Sie sich einmal die Mühe machen, diesen Haushalt zu lesen, wenn Sie sich einmal die Mühe machen, zu schauen, was bei der Bereinigungssitzung herausgekommen ist, dann kann man nur sagen: Diese Koalition investiert an allen Ecken und Enden: allein im nächsten Jahr mehr als 43 Milliarden Euro Investitionen – das ist ein Rekordwert für die Bundesrepublik Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen –,
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
54 Milliarden Euro für den Klimaschutz, 100 Milliarden Euro bis 2023 für Bildung und Forschung. Das alles ist doch kein Pappenstiel. Es kann sich sehen lassen, was diese Bundesregierung, was der Bundesfinanzminister auf den Weg gebracht hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der dritte Vorwurf ist die These, die Bundesregierung, die Koalitionsfraktionen hätten ihr Pulver schon verschossen. Ich will Ihnen eines sagen: Beide Teile dieser Koalition – die CDU/CSU-Fraktion und die SPD-Fraktion – haben noch viel vor. Es gibt in diesem Land genug zu tun. Ich fange einmal mit einer Sache an, die wir uns für die nächsten Jahre besonders auf die Fahne geschrieben haben. Das ist der Schutz unserer Demokratie, der Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit, der Kampf für einen demokratischen Rechtsstaat gegen alle, die diese Demokratie zerstören wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist egal, ob das arabische Familienclans, Neonazis, deutsche Nazis oder Nationalisten und Islamisten sind, die mit terroristischen Attacken diesen Staat gefährden und zerstören wollen. Es gilt für alle. Sie können sich alle, liebe Bürgerinnen und Bürger, auf diese Koalition verlassen im Kampf gegen rechts und gegen die Feinde der Demokratie.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Fabian Jacobi [AfD]: Lösen Sie auf, dann sind wir ein großes Stück weiter!)
Der nächste Punkt, über den wir reden müssen und reden werden, ist Europa. All das, was wir heute besprechen und gestern besprochen haben, was wir in den nächsten beiden Jahren machen werden, geht nur mit Europa. Das Schicksal unseres Landes liegt in Europa. Das Schicksal Europas liegt in diesem Haus und in dieser Bundesregierung. Deutschland kann und wird noch mehr tun, als wir bisher gemacht haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will Ihnen einmal sagen: Vor 30 Jahren war die große Frage, wie Europa, das neue Europa, zusammenwachsen kann. Jetzt, 30 Jahre später, ist die große Frage, wie wir dieses Europa zusammenhalten können, liebe Kolleginnen und Kollegen. Diese Bundesregierung wird ihren Beitrag dazu leisten mit einem Ausbau der europäischen Industriepolitik, mit einem Ausbau europäischer Sozialpolitik und nicht zuletzt mit der Vollendung der Bankenunion und der Reform der Wirtschafts- und Währungsunion. Wenn wir das alles machen, dann – und nur dann – können wir zuversichtlich in die nächsten zwei Jahre und in die nächsten zehn Jahre gehen. Das geht nur mit dieser Bundesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Wenn diese Debatte, wenn dieser Haushalt, wenn das, was wir in den letzten zwei Jahren gemacht haben, eine Überschrift haben kann, dann ist das das Zitat von Johannes Rau „Versöhnen statt spalten“. Mit diesem Haushalt versöhnen wir unterschiedliche Interessenlagen. Mit diesem Haushalt investieren wir auch in die Zukunft. Mit diesem Haushalt investieren wir in Forschung, Technologie und Klimaschutz.
Deshalb zusammengefasst, liebe Kolleginnen und Kollegen, –
Kommen Sie bitte zum Schluss, mit einer kurzen Zusammenfassung.
– es ist ein guter Haushalt, den Bundesfinanzminister Olaf Scholz vorgelegt hat. Sie können sicher sein, ich bin sicher: Auch der nächste Haushalt 2021, den diese Bundesregierung vorlegt, wird ein guter Haushalt sein.
Schönen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Achim Post. – Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Otto Fricke.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 130 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt |