27.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 130 / Tagesordnungspunkt I.10

Roland HartwigAfD - Auswärtiges Amt

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Helmut Kohl berief sich gerne auf Bismarck, der gesagt hatte: Politik ist keine Wissenschaft. Politik ist, dass man Gottes Schritt durch die Weltgeschichte hört, dann zuspringt und versucht, einen Zipfel seines Mantels zu fassen, dass man mit ihm fortgerissen wird. -

Beide Männer dienten ihrem Land in Umbruchzeiten, und beide erwiesen sich als Staatsmänner, als sie die Gunst der Stunde erkannten und zum Wohle Deutschlands nutzten. Bismarck gelang die deutsche Einigung, Kohl die Wiedervereinigung.

Heute leben wir wieder in Umbruchzeiten. Herr Minister Maas, Sie ahnen bereits, worauf ich hinaus möchte: Das Erkennen des historischen Moments, das mutige Zuspringen und Zupacken, ist Ihre Stärke nicht.

(Beifall bei der AfD)

Sie bewegen sich vorzugsweise in Ihrer ideologischen Komfortzone, und dort, wo Sie sie einmal verlassen müssen, wirkt es hastig und konzeptlos. Ihr Lieblingsprojekt ist die sogenannte Allianz der Multilateralisten, die Sie zwar ins Leben gerufen haben, aber nicht mit Leben füllen können, wie es ein deutscher Diplomat formulierte. Als Sie zu dem Thema vor der UN-Generalversammlung gesprochen haben, war der Saal fast leer. Ein weiteres Ihrer Projekte ist der Donnerstag der Demokratie in Anlehnung an Fridays for Future. Herr Maas, sind das wirklich Ihre Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit?

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Montags gegen Maas!)

Ein weiteres Beispiel: Seit 2001 sind deutsche Soldaten in Afghanistan. Viele haben dort ihr Leben gelassen. Die Zahl der getöteten Zivilisten ist so hoch wie noch nie seit 2001. Im Interesse der afghanischen Bevölkerung, aber auch unserer eigenen, wäre es dringend geboten, hier endlich zu einer Friedenslösung zu kommen. In Ihrer Amtszeit als Außenminister haben die USA, Russland und China jeweils unabhängig voneinander Gespräche mit den Akteuren in Afghanistan geführt. Es waren keine nennenswerten Bemühungen von Ihrer Seite erkennbar, gemeinsam mit diesen Staaten an einer Beilegung des Konfliktes zu arbeiten. Stattdessen haben Sie auf eine Kooperation mit Norwegen gesetzt.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: So ist es!)

Die Ausgaben Ihres Ministeriums sind auch deshalb so massiv angestiegen, weil es nicht gelingt, politische Lösungen für die Krisen unserer Welt zu finden. Sie versuchen, das mit immer mehr Geld für humanitäre Maßnahmen zu kompensieren, und haben dabei nicht einmal annähernd einen zuverlässigen Überblick über die Verwendung der Mittel. Hinzu kommt, dass Sie viele Projekte finanzieren, die sich nicht der neutralen humanitären Nothilfe verschreiben, sondern eine Ideologie in andere Länder transportieren sollen, die sich destabilisierend auf die dortigen Gesellschaften auswirkt.

(Beifall bei der AfD)

Das ist vor dem Hintergrund eines ohnehin schon instabilen internationalen Systems einfach nur unverantwortlich.

Unabhängig von der eigenen politischen Einstellung hat man den Sozialdemokraten, als sie noch eine Volkspartei waren, für zwei Dinge Respekt zollen müssen: für ihren Einsatz für die Interessen der deutschen Arbeiterschaft und ihr Wissen um die Bedeutung Russlands für die Zukunft des europäischen Projektes. Dass sich die Partei inzwischen überwiegend mit Gender und der Auflösung des Nationalstaates beschäftigt und kein Ohr mehr hat für die Sorgen des kleinen Mannes, ist dem generellen Verlust der sozialdemokratischen Werte geschuldet. Am Verlust der Russland-Perspektive, Herr Maas, haben Sie persönlich entscheidenden Anteil.

Die Idee von Europa beschäftigt die Menschen schon seit der Antike. Sie können von dort den Bogen spannen über Karl den Großen als erstem europäischen Herrscher zu deutschen Revolutionären von 1848 und ihrer Vision von Deutschland als Teil eines Hauses gleichberechtigter freier Vertragsstaaten; ein Bild, das übrigens 1989 von Gorbatschow wieder aufgegriffen wurde. Putin sprach 2001 an diesem Rednerpult von der Einheit der europäischen Kultur. Er sagte: Niemand bezweifelt den großen Wert der Beziehungen Europas zu den Vereinigten Staaten. Aber er sei der Meinung, dass Europa seinen Ruf als mächtiger und selbstständiger Mittelpunkt der Weltpolitik langfristig nur festigen werde, wenn es seine eigenen Möglichkeiten mit den russischen Ressourcen und Potenzialen vereinigen würde.

Statt sich der historischen Frage zu stellen, wie ein europäischer Kulturraum von Nationalstaaten unter Einbeziehung Russlands gestaltet werden kann, verstecken Sie sich hinter der Ukraine-Krise. Niemand in Europa kann Interesse an einem neuen Kalten Krieg haben oder daran, Russland in die Arme Chinas zu treiben.

(Beifall bei der AfD – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Das wird immer abstruser!)

Um den Aufgaben der Zeit gewachsen zu sein, braucht man die richtigen Personen an der Spitze, ebenso wie auf allen anderen Ebenen des Auswärtigen Amtes. Der Unmut in Ihrem Hause ist groß darüber, dass gewichtige Stellen immer häufiger nicht mit erfahrenen Diplomaten besetzt werden, sondern mit Genossen aus dem sozialdemokratischen Umfeld, denen man diese Stellen zuschiebt.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Nur das Parteibuch zählt! -Armin-Paulus Hampel [AfD]: So ist es! – Dr. Martin Rosemann [SPD]: Was meinen Sie denn? – Christoph Matschie [SPD]: Beispiele!)

Auch in einem anderen Bereich haben Sie sich den Staat zur Beute gemacht. Sie genehmigen sich inzwischen fast doppelt so viele Steuergelder wie noch 2005, um Ihre parteinahen Stiftungen zu finanzieren. Weit über eine halbe Milliarde Euro pro Jahr müssen die Bürger unseres Landes inzwischen dafür bezahlen. So gelingt es vor allem Ihrer Partei, Herr Maas, die eigenen Leute trotz schwindenden Rückhalts in der Bevölkerung gut zu versorgen.

(Beifall bei der AfD)

Statt Versorgungsmentalität und ideologischem Klein-Klein brauchen wir wieder staatsmännische Verantwortung für die großen Herausforderungen unserer Zeit.

(Beifall bei der AfD)

Wir brauchen Politiker, die dazu auch willens und in der Lage sind. Ich fürchte, Herr Maas, Sie gehören nicht dazu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Johann Wadephul für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7404273
Wahlperiode 19
Sitzung 130
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
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