Achim KesslerDIE LINKE - Gesundheit
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Spahn, auch wenn Ihr Ministerium noch so fleißig jeden Monat ein neues Gesetz schreibt, die grundlegenden Probleme packen Sie dennoch nicht an. Gegenstand der Gesundheitspolitik ist nicht Ihr Image, das des „Turboministers“, wie Sie Ihr eigener Fraktionskollege ironisch heute hier genannt hat, sondern die Gesundheit der Menschen. Da fragen sich Menschen in der Eifel und in der Prignitz, was sie denn machen sollen, wenn im neuen Jahr ihre Hausarztpraxis schließt. Währenddessen träumt der Gesundheitsminister davon, Digitalisierungsweltmeister zu werden. Herr Minister Spahn, kommen Sie in das reale Leben zurück!
(Beifall bei der LINKEN)
Wenn ich auf dem Land oder in einem armen Stadtteil lebe, habe ich oft weite Wege zur nächsten Praxis. Die Praxen sind voll, und ich muss lange warten. Viele freiwerdende Arztpraxen auf dem Land können nicht neu besetzt werden. Die Situation wird sich noch verschärfen, weil über ein Drittel der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte über 60 Jahre alt ist.
(Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Alles nur Beschreibungen! Wo sind die Lösungen?)
Das betrifft besonders die Regionen, die sowieso schon abgehängt sind, Regionen, in denen der Bus nur zweimal am Tag fährt, Regionen, in denen die Eisenbahnstrecke längst stillgelegt ist und das Schwimmbad geschlossen ist. Meine Damen und Herren, diese Ungleichheit müssen wir beenden.
(Beifall bei der LINKEN – Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Wo ist die Lösung?)
Dazu müssen wir das Problem an der Wurzel packen. Die Zweiklassenmedizin muss durch eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung für alle beendet werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Bärbel Bas [SPD])
Ich war in den letzten Monaten sehr viel unterwegs und habe sehr viele engagierte Landräte, Bürgermeister, Ärzte, aber auch Bürgerinnen und Bürger kennengelernt, die innovative regionale Lösungen für die ambulante Versorgung entwickeln und umsetzen. Die Konzepte, die man kennenlernt, sind unglaublich vielfältig. Sie reichen von Gesundheitszentren mit Filialpraxen über Ärztegenossenschaften bis hin zu Medibussen. Es gibt viele kreative Ideen, die vor Ort entwickelt werden: Rotationspraxen mit Gemeindeschwestern, Bürgerbusse, die Patientinnen und Patienten zu den Praxen bringen, Gesundheitslotsen, die den Patientinnen und Patienten den Weg weisen. Dieses Engagement verdient Unterstützung.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Edgar Franke [SPD)
Aber egal wohin ich komme, höre ich, dass es keinerlei Hilfestellung aus dem Gesundheitsministerium gibt.
(Karin Maag [CDU/CSU]: Wir haben entsprechende Gesetze gemacht, dass es überhaupt möglich ist!)
Sie alle müssen das Rad immer wieder neu erfinden, müssen immer wieder neue Verträge mit einzelnen Kassen abschließen, weil das Ministerium dabei versagt, diese Modelle zu evaluieren und in die Regelversorgung zu bringen.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Ist an Ihnen das DVG vorbeigegangen? Lesen Sie doch mal die Gesetze!)
Warum, frage ich Sie, sollen gute Rezepte nur Versicherten bestimmter Krankenkassen zugutekommen? Warum muss jedes einzelne Gesundheitszentrum ein eigenes Finanzierungskonzept langwierig aushandeln? Was wir brauchen, ist ein Baukastensystem mit maßgeschneiderten Versorgungsformen und der dazugehörigen Finanzierung.
(Beifall bei der LINKEN)
Daraus könnten dann die Gemeinden und die Kreise die passende Lösung auswählen und umsetzen.
Wir brauchen sektorübergreifende öffentliche oder gemeinnützige Gesundheitszentren, in denen Gesundheits- und auch soziale Berufe zusammenarbeiten. Aber statt den Gemeinden und Kreisen zu helfen, schauen Sie tatenlos zu, wie Arztpraxis um Arztpraxis von Private-Equity-Heuschrecken aufgekauft werden.
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Unglaublich!)
Meine Damen und Herren, das ist verantwortungslos.
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist lange bekannt: Arme Menschen sterben in Deutschland im Durchschnitt zehn Jahre früher als reiche. Um die gesundheitliche Ungleichheit zu beseitigen, müssen wir die Arbeits- und Lebensbedingungen der Mehrheit der Menschen in Deutschland verbessern. Wir brauchen bezahlbare und gute Wohnungen für alle. Wir brauchen einen schadstofffreien Verkehr. Wir brauchen höhere Löhne, Renten und bessere Arbeitsbedingungen.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Gesundheit der Menschen muss der Maßstab sein: in der Sozialpolitik, in der Umweltpolitik, aber auch in allen anderen politischen Bereichen. Dafür, meine Damen und Herren, steht Die Linke.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Kordula Schulz-Asche.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7404396 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 131 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |