28.11.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 131 / Tagesordnungspunkt I.15

Edgar FrankeSPD - Gesundheit

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gute Gesundheitspolitik braucht immer einen roten, einen sozialdemokratischen Faden.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und der FDP)

Dieser rote Faden ist die bestmögliche Versorgung für alle Versicherten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Michael Theurer [FDP]: Finden Sie den Faden überhaupt noch?)

Egal wie viel ein Mensch verdient, egal wo er wohnt, egal wie alt er ist: Gute Gesundheitspolitik muss immer, meine sehr verehrten Damen und Herren, aus Sicht des Versicherten und nicht aus der Sicht von Lobbyisten gedacht werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das stimmt!)

Dieser rote Faden sorgt dafür, dass die politische Richtung stimmt. Er sorgt auch dafür, dass unser schwarzer Gesundheitsminister Spahn nicht übermütig werden kann; denn jedenfalls manchmal besteht diese Gefahr.

Unser Gesundheitshaushalt nimmt diesen roten Faden auf. Mit Steuermitteln unterstützen wir unsere gesetzlichen Krankenkassen und stärken die Prävention, vor allem die Aufklärungsarbeit im Gesundheitswesen. Von rund 15 Milliarden Euro gehen allein 14,5 Milliarden Euro in den Gesundheitsfonds. Wir als SPD, meine sehr verehrten Damen und Herren, begrüßen dies ausdrücklich.

Es ist richtig, dass wir die gesetzlichen Krankenkassen mit Steuerzuschüssen unterstützen; diese übernehmen schließlich staatliche Aufgaben wie die Familienversicherung. Dieser Steuerzuschuss muss aber immer auskömmlich sein. Denn die Krankenkassen dürfen eben nicht auf ihren Kosten sitzen bleiben; das ist ganz wichtig.

(Beifall bei der SPD)

Es freut mich sehr, dass wir über 63 Millionen Euro für Prävention ausgeben. Den größten Teil erhält die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung für die Bekämpfung allgemeiner Risiken, für die Bekämpfung von Drogen- und Suchtmittelmissbrauch sowie für die Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten. Dieses Geld ist hervorragend angelegt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aufklärungsarbeit kann aber nur dann gelingen, wenn die Gesellschaft engagiert mitwirkt. So leistet beispielsweise der Verein „Jugend gegen AIDS“ hervorragende Arbeit vor Ort. Mit kreativen Ideen machen junge Mitglieder auf die Gefahren sexuell übertragbarer Krankheiten aufmerksam. Die Lebenswelten der Jugendlichen erreicht man mit Vereinen wie „Jugend gegen AIDS“ wesentlich besser, als das jede teure Werbekampagne könnte.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Erich Irlstorfer [CDU/CSU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Haushaltsberatungen – das haben wir heute gesehen – sind ein guter Zeitpunkt, um ein Stück weit zurückzublicken. Die wichtigsten Themen – das haben wir auch heute gehört – sind die Pflege und die flächendeckende medizinische Versorgung. Wir haben mit der Pflegekampagne erreicht, dass das gesellschaftliche Ansehen für diese wirklich wichtige Arbeit eindeutig gestiegen ist. Wir haben die Arbeitsbedingungen der angehenden Pflegekräfte massiv verbessert. Wir benötigen allerdings – das will ich hier auch kritisch sagen – wesentlich mehr Pflegekräfte, weil wir es noch nicht einmal schaffen, die 13 000 neuen Stellen in der Altenpflege zu besetzen. Das Problem ist auch, dass das Verfahren teilweise ein bisschen bürokratisch ist. Ich glaube, hier müssen wir sehen, wie wir das verbessern können.

(Beifall bei der SPD)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, die konzertierte Aktion von Bundesminister Spahn, Bundesminister Heil und Bundesministerin Giffey war, glaube ich, das richtige Zeichen. Der Minister hat zu Recht gesagt, dass wir Vertrauen in die Regierung brauchen. Ich denke, mehr Pflegerinnen und Pfleger, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne, das ist das richtige Credo unserer Regierung.

(Beifall bei der SPD)

Die flächendeckende ambulante medizinische Versorgung liegt mir als ein Abgeordneter, der aus Nordhessen, aus dem ländlichen Bereich kommt, persönlich sehr am Herzen. Wir haben den Kassenärztlichen Vereinigungen inzwischen alle notwendigen Instrumente an die Hand gegeben. Das Problem ist nur: Die Kassenärztlichen Vereinigungen müssen die auch tatsächlich umsetzen. Das ist ein großes Problem, das wir momentan haben. Daran mangelt es noch immer.

Wir haben deshalb mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz gesetzgeberisch nachgesteuert. Durch verbesserte Terminservicestellen, durch Mindestsprechstunden und vor allen Dingen auch durch regionale Zuschläge bekämpfen wir die Unterversorgung in strukturschwachen Gebieten. Von allein wird das aber nicht gehen. Wir brauchen jemanden, der wie ich auch noch kommunalpolitisch im Kreistag vor Ort aktiv ist. Wir brauchen vor allem die kleineren Kommunen und die Landkreise. Die müssen einsehen, dass ambulante medizinische Versorgung auch Daseinsvorsorge, auch eine kommunale Aufgabe ist. Ich glaube, das ist ein Punkt, den wir immer wieder deutlich machen müssen, auch hier vonseiten des Bundes.

(Beifall bei der SPD)

Auch das Krankenhaus bleibt ein Thema. Gesine Lötzsch hat die DRGs im Bereich der Kinderkrankenhäuser und Kinderkrankenabteilungen angesprochen. Das Problem bei den Fallpauschalen ist aber nicht, dass sie nicht wirken. Das Problem bei den Fallpauschalen ist, dass aus den Fallpauschalen die Investitionskosten der Länder mitfinanziert werden müssen. Dazu haben wir ein Delta von 3 Milliarden Euro. Die Länder müssen also mehr finanzieren, und das ist das eigentliche Problem bei den DRGs.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Dann stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu!)

Darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen. Das sage ich auch als jemand, der als Vater in einem Kinderkrankenhaus war. Daher weiß ich, dass es aufgrund von Unterfinanzierung Probleme gibt.

Wir müssen gerade in den Krankenhäusern in Zukunft unsere Ausgaben zielgerichteter steuern. Wir dürfen das nicht mit der Gießkanne machen; da gebe ich Ihnen recht. Im Krankenhausbereich gibt es ein Nebeneinander von Über- und Unterversorgung. Wir dürfen allerdings – das sage ich ausdrücklich – die strukturschwachen Regionen nicht vergessen, jedenfalls die kleinen bedarfsnotwendigen Krankenhäuser; denn auch die Menschen auf dem Land haben ein Anrecht auf optimale Versorgung. Das muss man ganz klar sagen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb haben wir eine eigenständige pauschale Bundesförderung für ländliche Kliniken geschaffen, und zwar unabhängig von den Sicherstellungszuschlägen der Länder. Ab 2020 bekommen rund 120 Kliniken, darunter allein 6 Kliniken bei uns im strukturschwachen Nordhessen, zusätzlich 400 000 Euro pro Jahr. Dafür habe ich mich persönlich eingesetzt. Der Gesetzgeber hat allerdings dieselben Anforderungskriterien zum Maßstab genommen wie bei Sicherstellungszuschlägen, also weniger als 100 Menschen pro Quadratkilometer und mehr als eine halbe Stunde zum nächsten Krankenhaus. Das bedeutet, dass manche Kliniken auf dem Land eine Doppelförderung bekommen, andere gar nichts. Hier sollte man darüber nachdenken, ob für die Bundesförderung weiterhin generell die starren Voraussetzungen des Gemeinsamen Bundesausschusses gelten sollten. In Ausnahmefällen ist es unter Umständen wichtig für die Versorgung, dass auch andere Krankenhäuser Anspruch auf Förderung erhalten.

Schließlich freue ich mich sehr, dass es jetzt das Digitale-Versorgung-Gesetz gibt. Viele Minister sind bei der Digitalisierung als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Hier hat der Minister aber ein wirklich gutes, innovatives Gesetz vorgelegt. Bis jetzt, wenn man so will, ist er noch der Tiger. Wir warten ab, wie das weitergeht. Ich erhoffe mir jedenfalls, dass wir in dieser Legislaturperiode tatsächlich noch die elektronische Patientenakte bekommen; dann würde ich sozusagen vor dem Tiger den Hut ziehen.

Ich komme zum Schluss. Wir haben uns als SPD-Fraktion erfolgreich dafür starkgemacht, dass die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie die Arbeitgeber seit Januar 2019 die Beiträge zur Krankenversicherung wieder zu gleichen Teilen tragen. Das bedeutet, dass gesetzlich Versicherte unterm Strich mehr Geld in der Tasche haben. Das sind mehrere Hundert Euro pro Jahr. Wir werden den Krankenkassen nichts wegnehmen.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. – Vielmehr werden wir dadurch viele Versicherte entlasten. So geht sozialdemokratische Gesundheitspolitik. Auch mit einem schwarzen Minister haben wir einen roten Faden,

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Gerade mit einem schwarzen Minister!)

nämlich diesen sozial ausgewogenen und seriösen Haushalt.

Herr Kollege, Sie dürfen sich jetzt verabschieden.

Ihm kann man nur zustimmen.

Danke schön, Herr Präsident.

(Beifall bei der SPD)

Okay. Vielen Dank. – Nächste Rednerin für die CDU/CSU-Fraktion ist die Kollegin Professor Claudia Schmidtke.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
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Wahlperiode 19
Sitzung 131
Tagesordnungspunkt Gesundheit
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