12.12.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 134 / Tagesordnungspunkt 12

Peter BoehringerAfD - Öffentliche Investitionen

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute ja mehrere Anträge mit völlig gegenläufiger Stoßrichtung. Der FDP-Antrag geht in die richtige Richtung,

(Otto Fricke [FDP]: Ja, natürlich!)

ist aber auch in der zweiten Lesung weiterhin unvollständig, weil die FDP die sehr bedeutsamen Bilanzen der Euro-Rettungsvehikel ESM und EFSF noch immer nicht in ihre gestärkte Schuldenbremse mit einbezieht.

Und auch Staatsanleihen der Euro-Südländer, die die EZB seit 2015 billionenschwer auf ihren Büchern hat, stellen eine künftige deutsche Neuverschuldung dar; denn die Abschreibungen auch darauf werden eine massiv erhöhte Schuldenaufnahme Deutschlands erzwingen. Das gilt ebenso übrigens für die ungedeckten Pensionsverpflichtungen des Staates.

Die Summen, um die es hier geht, sprengen die Begrenzung der heutigen Schuldenbremse um das Hundertfache. Doch von diesem Elefanten im Raum schweigt der FDP-Antrag. Er ist darum nicht falsch, aber völlig unzureichend.

(Beifall bei der AfD)

In genau die andere Richtung, also zur Abschaffung der Schuldenbremse, wollen die Linken. Zwar ist die grundsätzliche Feststellung, dass die Investitionsquote im Haushalt wieder einmal viel zu niedrig ist, auch unsere Sicht der Dinge. Ja, Olaf Scholz fährt ebenso wie seine Vorgänger die öffentliche Infrastruktur auf Verschleiß. Daran ist kein Zweifel möglich – egal, ob man Verkehrswege ansieht, Bundeswehrmaterial oder öffentliche Bauten. Allerdings war das Regieren auf Verschleiß ja auch eines der markantesten Merkmale der DDR. Irgendwie verdrängt die Linke also bei solcher Kritik ihre eigene Vergangenheit.

(Beifall bei der AfD – Fabio De Masi [DIE LINKE]: Und ihr habt die Autobahnen gebaut!)

Weiterhin ist es bemerkenswert, dass ausgerechnet die Linke in ihren Anträgen, Herr De Masi, die Goldene Regel der Finanzpolitik positiv hervorhebt. Natürlich ist es wahr, dass seriös wirtschaftende Staaten Kredite immer nur investiv verwenden sollten, weil sonst die heutige Generation Konsum in der Gegenwart vorwegnimmt, den spätere Generationen einmal nachhungern müssen, wie es Roland Baader einmal bezeichnet hat.

Die 1990 nach gescheitertem Realsozialismus zusammengebrochenen Ostblockstaaten können ein Lied davon singen, was Nachhungern bedeutet. Auch hier sollten also ausgerechnet SED-Nachfolger mit der Forderung nach höherer Verschuldung ganz vorsichtig sein. Normalerweise hat die Linke entgegen der Goldenen Regel keinerlei Skrupel, auch konsumtive Ausgaben auf Pump zu decken.

(Beifall bei der AfD)

Es ist ein schlechter Witz, wenn ausgerechnet die Linke hier die Goldene Regel predigt.

(Fabio De Masi [DIE LINKE]: Ihr seid ein schlechter Witz!)

Linke sind ja generell sehr kreativ, wenn es um wohlfeile, vulgär-keynesianistische Sprüche zur Begründung schlichter Schuldenmacherei geht. Auch die Kühnert-Borjans-Esken-SPD wird in trauter einheitssozialistischer Manier zusammen mit Grünen und Dunkelroten dann spätestens ab 2021 alle Schranken der Haushaltssolidität fallen lassen. Es werden Schulden, etwa für das Klima, gemacht werden. Die Grünen haben dafür neulich hier ja bereits 100 Milliarden Euro extra gefordert.

Die Sprüche von guten investiven Ausgaben auf Pump sind übrigens auch technisch schlicht verlogen. Es gibt haushaltsrechtlich keine Schulden für einen guten Zweck, etwa zur Klimarettung. Es gibt im Haushalt nur einen Einnahmetopf, in den alle Steuereinnahmen und alle Kreditaufnahmen fließen. Die Bundeshaushaltsordnung normiert das Gesamtdeckungsprinzip. Alle Einnahmen finanzieren zusammen alle Ausgaben inklusive aller Investitionen. Zweckbindung ist die absolute Ausnahme.

Darum muss im Haushalt vor allem eines gemacht werden: Statt die Schuldenbremse zu streichen, müssen die von linker Ideologie getragenen nichtinvestiven Ausgaben gestrichen werden. Damit wird ganz viel Spielraum für mehr Investitionen geschaffen – und bitte auch nur für echte Investitionen.

Auch hier wird Etikettenschwindel betrieben, wie man ihn sich kaum vorstellen kann. Die Regierung verbucht im Haushalt sogar klassische Hungerhilfe im Ausland als Investitionen. Im Klimapaket sind zehnstellige Ausgaben zur globalen CO

Ich möchte noch ein paar generelle Sätze zum Thema Verschuldung sagen. Herr De Masi hat da teilweise ja die richtigen Fragen gestellt. Die Grundsatzfrage im absurden neuen Normal der Negativzinswelt lautet tatsächlich: Warum nicht hohe Schulden auf fünfzig Jahre aufnehmen, warum nicht das Schlaraffenland der Finanzierung auf Pump ohne jeden Schmerz und ohne Zinskosten exzessiv nutzen, wenn der Markt das doch tatsächlich hergibt? Im Prinzip wäre das betriebswirtschaftlich-ökonomisch rational. Es gibt aber gesellschaftliche Probleme dabei. Diese haben Sie, Herr De Masi, nicht genannt.

Erstens. Kreditgeber sind heute nicht mehr die Sparer. Die Schulden nimmt der Staat bei den regulatorisch zum Kauf von Staatsanleihen gezwungenen Pensionsfonds und indirekt bei der Zentralbank auf. Er verschuldet sich also bei von ihm symbiotisch abhängigen Institutionen und damit faktisch bei sich selbst. Das ist das Rezept zur Hyperinflation, auch wenn das heute noch keiner glaubt.

(Beifall bei der AfD)

Die Summe der Kreditbillionen, die Mario Draghi in wenigen Jahren mandatswidrig gedruckt hat, ist fast so groß wie das deutsche Bruttoinlandsprodukt. Dieser Unrechtszustand setzt sich nun fort, wenn die neue EZB-Chefin Lagarde der neuen EU-Chefplanwirtin von der Leyen zusagt, die weltbeglückenden Ideen der EU zum CO

Staaten und Suprastaaten wie die EU bekommen so unendlich viel Kreditspielgeld für ihre ideologische Machbarkeitshybris, und sie können zugleich die Malaise ihrer Volkswirtschaften noch jahrelang kaschieren und verschlimmern.

Zweitens. Es ist inzwischen für Investoren schwer geworden, überhaupt noch realwirtschaftliche Kreditnachfrager mit gutem Geschäftsmodell zu finden; denn es ist bereits viel zu viel Kreditgeld im Umlauf. Es gibt heute kaum noch valide unternehmerische Ideen, die an Kapitalmangel scheitern. Die Schumpeter’sche Zerstörung schlechter Ideen und Produkte kann in einem Umfeld ohne Wettbewerb und ohne Kapitalkosten nicht mehr funktionieren. Mit fatalen Folgen: Man erinnere sich auch hier an die Erfahrungen des real existierenden Sozialismus. Unternehmen, die ihre Kapitalkosten nicht mehr verdienen müssen, können als unproduktive Zombies jahrzehntelang überleben, solange ihre Liquidität durch den Staat und heute durch die Zentralbank gesichert ist. Das Ganze ist ein Paradies für Blender. Jeder Blödsinn wird auf Pump finanziert und subventioniert, solange er politisch erwünscht ist. Kein politisch korrektes Unternehmen wird in einem solchen geldsozialistischen Umfeld pleitegehen können.

(Beifall bei der AfD)

Drittens. Die Kehrseite in diesem neuen Normal – das wurde ja schon erwähnt – sind die permanenten Enteignungen aller Bürger, direkt durch Negativzinsen und indirekt durch die Fehlallokation von großen Summen. Eine Welt ohne Zins kann knappes echtes Kapital – das ist nicht das der Zentralbanken – nicht mehr in betriebswirtschaftlich, technisch und gesellschaftlich sinnvolle und auch nachgefragte Produkte lenken. Damit werden Marktwirtschaft und Arbeitsteilung als Hauptwohlstandsfaktoren außer Kraft gesetzt.

Darum – zum Fazit – sollte Deutschland von wenigen einmaligen Ausnahmen abgesehen, die ich konzediere, keine uferlosen Schulden machen. Die gesellschaftlichen und ökonomischen Folgen wären fatal. Der Antrag der Linken ist darum abzulehnen. Diese Regierung sowie die altlinke Opposition sollten keinesfalls noch mehr Kreditgeld für linksideologische Zwecke in ihre Hände bekommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort hat der Kollege Andreas Schwarz für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7406795
Wahlperiode 19
Sitzung 134
Tagesordnungspunkt Öffentliche Investitionen
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