Christian Lange - Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe heute einen Gesetzentwurf der Bundesregierung ein, den man am besten mit einem Beispielsfall erläutert:
Der Vater zweier Kinder war verstorben. Seine Witwe lebte mit ihrem neuen Partner in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Das Paar hatte ein gemeinsames Kind. Alle fünf – die Witwe, ihr neuer Partner, ihr gemeinsames Kind und die beiden Kinder der Witwe – lebten glücklich und zufrieden zusammen. Folgerichtig wollte der neue Partner nun irgendwann die beiden Kinder der Witwe als Stiefkinder adoptieren. Aber durch die Adoption wäre nach geltendem Recht die Elternschaft der Mutter zugunsten der alleinigen Elternschaft des Stiefvaters beseitigt worden. Das wollten die Beteiligten natürlich nicht. Die Mutter sollte in jedem Fall rechtliche Mutter bleiben. Der nichteheliche Stiefvater sollte nur zusätzlicher Elternteil werden.
Der Fall kam bis zum Bundesverfassungsgericht, das feststellte, dass der Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familienkonstellationen gegen das Grundgesetz verstößt. Bislang ist eine zur gemeinsamen Elternschaft führende Adoption eines Stiefkindes nur möglich, wenn der Stiefelternteil mit dem rechtlichen Elternteil verheiratet ist. In einer nichtehelichen Stieffamilie kann der Stiefelternteil das Kind nur allein adoptieren mit der – unerwünschten – Folge, dass die Verwandtschaft des Kindes zu beiden bisherigen Eltern erlischt.
Diese Rechtslage, meine Damen und Herren, hat das Bundesverfassungsgericht als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gewertet, da Kinder in nichtehelichen Stieffamilien gegenüber Kindern in ehelichen Stieffamilien ohne ausreichenden Grund benachteiligt werden. Zwar sei es legitim, eine Stiefkindadoption nur zuzulassen, wenn die Beziehung zwischen Eltern- und Stiefelternteil längeren Bestand verspricht, aber auch nichteheliche Stieffamilien könnten langfristig angelegt und stabil sein.
Die Bundesregierung legt nun einen Gesetzentwurf vor, mit dem der Gesetzgeber dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts nachkommen kann. Die Stiefkindadoption wird nun auch in nichtehelichen Familien ermöglicht. Gesetzestechnisch wird dies über eine Generalverweisung gelöst, nach der die Vorschriften über die Annahme des Kindes des anderen Ehegatten für Personen in einer verfestigten Lebensgemeinschaft entsprechend anwendbar sind.
Voraussetzung für die Stiefkindadoption ist, dass die Partner in einem gemeinsamen Haushalt leben. Beide Personen sollen sich um die Kinder kümmern. Ferner sieht der Gesetzentwurf zwei Regelbeispiele vor, die die verfestigte Lebensgemeinschaft verdeutlichen: Zusammenleben von mindestens vier Jahren oder Zusammenleben mit einem gemeinsamen Kind. Durch diese Regelungen soll weiter sichergestellt werden, dass die Adoption eines Kindes nur in Stabilität versprechenden Lebensgemeinschaften zugelassen und so dem Kindeswohl schon bei Eröffnung der Adoptionsmöglichkeit neben der zusätzlich durchzuführenden Einzelfallprüfung Rechnung getragen wird.
Mit der Änderung geht im Übrigen auch eine Anpassung des internationalen Privatrechts einher.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Ihre Zustimmung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank, Christian Lange. – Nächster Redner: Fabian Jacobi für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7407410 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 134 |
Tagesordnungspunkt | Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien |