Konstantin KuhleFDP - Aktuelle Stunde zu Bürgerrechten und IT-Sicherheit
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Post, liebe Frau Bundesjustizministerin, Sie haben beide Wert darauf gelegt, dass es sich hier um einen Referentenentwurf handelt,
(Dr. Eva Högl [SPD]: Ja, so ist das!)
also um den Beginn einer Debatte über das richtige Verhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit. Aber wissen Sie, wie Debatten über das richtige Verhältnis von Sicherheit und Freiheit früher hier gelaufen sind? Es war so, wie ich gehört habe, dass das Bundesinnenministerium einen Entwurf vorgelegt hat, der zulasten der Bürgerrechte ging, und dass das Bundesjustizministerium dann darauf geachtet hat, dass den Bürgerrechten hinreichend Geltung verschafft wurde. Im jetzigen Verfahren haben sie offensichtlich die Rollen getauscht.
(Beifall bei der FDP)
Herr Staatssekretär Mayer und Herr Seehofer können ihr Glück kaum fassen, dass die Bundesjustizministerin jetzt die beste Gehilfin des Bundesinnenministers ist
(Dr. Eva Högl [SPD]: Wir wollen Rechtsextremismus bekämpfen!)
und zulasten der Bürgerrechte die Befugnisse der Sicherheitsbehörden ausdehnt. Das geht nicht.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen ist das hier vom Kopf auf die Füße zu stellen. Wir müssen diesen Referentenentwurf schon von vornherein hier diskutieren, gerade mit Blick auf das Thema Passwörter. Denn es ist richtig: Im Gesetzentwurf sind viele Themen enthalten, von Veränderungen im Bereich des materiellen Strafrechts bis hin zur Meldepflicht beim BKA, über die wir im Einzelnen diskutieren müssen. Wir als FDP sehen den Gesetzentwurf in Teilen kritisch; gleichwohl sind einige gute Vorschläge enthalten. Über all das kann man hier parlamentarisch diskutieren.
Mit Blick auf die Passwortherausgabepflicht aber ist eine Grenze überschritten, über die hier schon am Anfang des Verfahrens diskutiert werden muss. Ich will das auch deutlich machen, weil hier verschiedentlich Ermächtigungsgrundlage und Erlaubnisnorm verwechselt wurden. Damit ein Unternehmen ein bestimmtes Datum an eine Sicherheitsbehörde herausgeben muss, braucht es zweierlei: Es braucht auf der einen Seite eine Ermächtigungsgrundlage für die Sicherheitsbehörde, um die Herausgabe der hinterlegten Daten fordern zu können, auf der anderen Seite braucht es eine Erlaubnisnorm für die privaten Unternehmen, gemäß der sie sie herausgeben dürfen.
(Dr. Eva Högl [SPD]: Genau!)
Nun hat niemand hat etwas dagegen, wenn die Ermächtigungsgrundlage mit der Erlaubnisnorm korrespondiert. Sie aber schaffen eine Erlaubnisnorm, die über die bestehenden Ermächtigungsgrundlagen hinausgeht.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht! Haben Sie die Diskussion verfolgt?)
Liebe Kollegen von der SPD, Sie glauben doch selber nicht, dass die CDU/CSU nicht noch in der zweiten und dritten Lesung ankommt und zusätzliche Ermächtigungsgrundlagen in den Gesetzentwurf schreiben will. Das wird passieren. Sie schaukeln sich bei den Einschränkungen der Bürgerrechte immer weiter hoch. Sie öffnen hier Tür und Tor für den Abruf von Passwörtern. Wie muss das auf die Bürgerinnen und Bürger wirken? Es wirkt so, dass überhaupt keine vertrauliche Kommunikation im Internet mehr möglich ist. Deswegen muss dieser Referentenentwurf von vornherein gestoppt werden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Frau Bundesjustizministerin, ich will ausdrücklich und sehr gerne Bezug nehmen darauf, dass Sie gesagt haben, die FDP habe 2013 einer ähnlichen Regelung im Telekommunikationsgesetz zugestimmt.
(Christine Lambrecht, Bundesministerin: 2007!)
– Sie haben erst über 2007, TMG, gesprochen und dann über 2013, TKG. – Es ist zutreffend, dass eine entsprechende Regelung 2013 gemeinsam eingeführt worden ist. Aber wissen Sie, für welche Daten die Regelung, die 2013 eingeführt wurde, gilt?
(Christine Lambrecht, Bundesministerin: Ich redete von 2007!)
Sie gilt für PIN-Nummern. Es geht hier um PIN-Nummern, und PIN-Nummern sind, anders als Passwörter, eben nicht verschlüsselt gespeichert. Deswegen werfen Sie hier Dinge in einen Topf, die nichts miteinander zu tun haben.
(Beifall bei der FDP – Dr. Eva Högl [SPD]: Das stimmt nicht! – Falko Mohrs [SPD]: Das hat doch keiner vor! Meine Güte!)
Wir machen Unternehmen zu Recht die Hölle heiß, wenn sie Passwörter in Klartext speichern. Die Bundesregierung aber zeigt hier, dass sie von IT-Sicherheit überhaupt nichts versteht, und tritt eine Debatte los, die am Ende zu einem Weniger an IT-Sicherheit führt. Deswegen muss der Gesetzentwurf gestoppt werden.
Meine Damen und Herren, ich will abschließend darauf Bezug nehmen, dass der Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität, in dem, wie gesagt, einige diskussionswürdige Punkte enthalten sind, nicht der einzige Punkt ist, bei dem sich dieses Haus brennend dafür interessiert, wie eigentlich der Kompromiss zwischen BMI und BMJV am Ende eigentlich aussieht. Wir wissen, dass es ganz andere Themen gibt, die gerade zwischen Ihnen diskutiert werden, und das ist vor allen Dingen der Gesetzentwurf zur Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts.
(Dr. Eva Högl [SPD]: Ja!)
Also, Quellen-TKÜ, Onlinedurchsuchung für das Bundesamt für Verfassungsschutz: ja oder nein?
(Christine Lambrecht [SPD]: Thema! Reden Sie doch über das Thema!)
Die Überwachung von Minderjährigen: ja oder nein? Weitere Einbruchsbefugnisse: ja oder nein? Ich kann nur sagen: Wenn die Attitüde, die in diesem Gesetzentwurf deutlich wird, Teil der Verhandlungsstrategie der SPD bei der Verteidigung der digitalen Grundrechte beim Verfassungsschutz ist, dann gute Nacht, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alice Weidel [AfD]: Genau!)
Ich will deswegen ganz deutlich an die Adresse derjenigen, die Frau Esken an die Spitze der SPD gewählt haben, weil sie meinen, da käme jemand, der besonders viel von Digitalisierung versteht, der besonders viel von Bürgerrechten versteht, sagen: Wenn die Passwortherausgabepflicht so kommt, dann ist das das Ende der digitalen Glaubwürdigkeit der SPD. Deswegen: Setzen Sie sich hier verdammt noch mal gegen die Union durch!
(Dr. Eva Högl [SPD]: Uijuijui! Da haben wir aber Angst!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Das Wort hat der Kollege Philipp Amthor für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7407974 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 136 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu Bürgerrechten und IT-Sicherheit |