Dirk WieseSPD - Waldschutz und Waldbewirtschaftung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2018: 32,4 Millionen Kubikmeter Schadholz. Eine Fläche von 3 300 Fußballfeldern – das als Vergleichsgröße – war von Waldbränden betroffen. 2019: ungefähr 105 Millionen Kubikmeter Schadholz. Abstrakte Zahlen! Aber jeder von uns, der momentan die Bilder aus dem Harz, aus Brandenburg und auch aus dem Sauerland bei mir in Nordrhein-Westfalen sieht, der weiß, dass die klimatischen Veränderungen, die wir haben und die durch die Borkenkäferkalamität verstärkt werden, massive Auswirkungen auf den Baum haben.
Alleine die Zahl, dass 11 Millionen Bäume in Nordrhein-Westfalen abgestorben sind oder teilweise vom Borkenkäfer befallen sind, zeigt die dringende Notwendigkeit, dass gehandelt werden muss. Es ist gut – das sage ich ganz zu Beginn –, dass diese Koalitionsfraktionen sich darauf geeinigt haben, fast 1 Milliarde Euro an Hilfsgeldern für den Wald zur Verfügung zur stellen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir können auch nicht mehr sagen, dass nur das Nadelholz betroffen ist. Wir sehen die massiven Schadauswirkungen auch beim Laubholz. Wir sehen in den Regionen unterschiedliche Kalamitätsbefälle. Es ist richtig, dass die schnelle Hilfe, die wir auf den Weg bringen, jetzt ankommt.
Es ist gut, dass wir als SPD-Bundestagsfraktion bereits im Frühjahr ein Fachgespräch geführt haben mit Experten des Deutschen Forstwirtschaftsrats, der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft, des Bunds Deutscher Forstleute und anderen, in dem viele der Punkte, die wir in unserem Antrag aufgelistet haben – aber auch welche darüber hinaus –, zur Sprache kamen: Initiative zum Waldumbau, aber auch zur Stärkung des Holzbaus. Das wird jetzt auf den Weg gebracht. Das ist richtig.
Die Forderungen, die wir in unserem Antrag stellen, gehen in die richtige Richtung und sind teilweise schon jetzt in der Umsetzung. Wir fordern, Waldschäden zu beheben, Käferholz aus dem Wald herauszubringen und den Waldumbau hin zu klimatoleranten Mischwäldern über die GAK finanziell zu unterstützen und auf den Weg zu bringen. Wir fordern ebenfalls, das nationale Waldmonitoring auszubauen, um zukünftig bei Großschadensereignissen schneller handeln zu können, gerade in den Abstimmungsprozessen zwischen Bund und Ländern. Hinzu kommt die Forderung, eine Waldbrandpräventionsstrategie auf den Weg zu bringen und – auch das will ich gerne einräumen – gemeinsam mit den Bundesländern darauf hinzuwirken, dass wir mehr qualifiziertes Forstpersonal in den Landeseinrichtungen vorhalten. Das Personal muss dann auch vernünftig bezahlt werden. Ich glaube, hier ist einiges zu tun. Genauso müssen wir gemeinsam mit den Bundesländern daran arbeiten, den Holzbau zu stärken. Das ist gut für das Handwerk. Das ist gut für die Wirtschaft im ländlichen Raum. Hier gehen wir voran.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will mich ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen dafür bedanken, namentlich bei Alois Gerig, bei Hans-Georg von der Marwitz und bei Rainer Spiering.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist sehr gut!)
Ich glaube, uns ist es gelungen – an diesem Punkt möchte ich die Ministerin etwas korrigieren –, das BMEL vor uns herzutreiben. Denn als wir das Thema in den Koalitionsfraktionen erkannt haben, Alois Gerig, da war die Handlungsoption im Ministerium noch nicht so ausgeprägt.
(Beifall bei der SPD)
Darum ist es gut, dass das Parlament – hier die Koalitionsfraktionen – das Ministerium auf den richtigen Weg gebracht hat.
Was gibt es jetzt noch zu tun? Ich glaube, wir müssen den Blick dahin richten, dass es auch auf europäischer Ebene Gelder gibt, die wir zusätzlich für den Wald akquirieren können. Das bedeutet, dass wir möglicherweise Gelder aus der GAP, aus der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, für eine europäische Krisenreserve und gleichzeitig für die Förderfähigkeit von Agroforstsystemen bereitstellen können. Hier, glaube ich, müssen wir sehr intensiv schauen, dass wir diese Gelder auch für die heimischen Wälder akquirieren.
Auf nationaler Ebene, glaube ich, gibt es eine wichtige Baustelle, wo wir vorankommen müssen. Wir als SPD wollen das. Bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ müssen wir Verbesserungen hinbekommen. Es kann nicht sein, dass seit 2015 rund 440 Millionen Euro an Bundes- und Landesmitteln nicht abgerufen wurden. Wenn wir jetzt die Gelder für den Wald, Frau Ministerin, aus der GAK in die Fläche bringen wollen, müssen wir schauen, dass das Geld vor Ort ankommt. Es kann nicht sein, dass zum Beispiel Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren 95 Millionen Euro an Geldern nicht abgerufen hat. Wenn das Geld liegen bleibt, ist keinem geholfen. Das Geld muss in die Fläche kommen. Hier müssen wir gerade bei der GAK sehr intensiv hinschauen.
(Beifall bei der SPD)
Wir müssen es hinbekommen, dass die Gelder übertragen werden können, dass wir eine Überjährigkeit des Mittelabflusses haben. Ich bin sehr froh, dass einige Landesminister wie Reinhold Jost hier schon die Initiative ergriffen haben, sodass wir hier gemeinsam vorankommen.
Wir sind in diesem Jahr bei den Haushaltsverhandlungen – ich lasse es noch einmal Revue passieren – ursprünglich mit einem Haushaltsansatz von 76 Millionen Euro für den Bereich Wald gestartet; Uli Freese weiß das. Rausgekommen sind wir aber bei fast 1 Milliarde Euro. Da bedarf es einmal des Dankes an das Bundesfinanzministerium, das diese Gelder zur Verfügung gestellt hat, und auch an die Haushälter der Koalitionsfraktionen, die das möglich gemacht haben. Das ist ein Mittelaufwuchs um fast 920 Millionen Euro. Das ist richtig, und das ist gut.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Umso wichtiger ist es natürlich, die Notfallmaßnahmen jetzt einzuleiten und den Waldumbau voranzubringen. Aber es ist auch wichtig – das will ich noch mal eindeutig erwähnen –, das Bauen mit Holz zu stärken. Es ist gut, dass gerade im Haushaltsansatz fast 55 Millionen Euro für die Förderung der Holzverwendung enthalten sind. Das stärkt die Wertschöpfungskette Holz. Das stärkt die Arbeitsplätze auch im ländlichen Raum, vor allem im Handwerk. Es ist gut, dass wir das geschafft haben und dass gerade auch das Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion zu Bewegung im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geführt hat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Nichtsdestotrotz: Die Aufgaben werden nicht kleiner werden. Wir müssen bei der Reform der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ noch einmal genau hinschauen, damit die Gelder im ländlichen Raum ankommen. Ich glaube, das ist gerade für diejenigen entscheidend, die davon profitieren wollen. Das ist der Klein- und Kleinstprivatwald, aber auch der Kommunalwald, den man nicht unterschätzen darf und nicht unerwähnt lassen sollte; er hat die gleiche Unterstützung verdient. Das sage ich als jemand, der aus der waldreichsten Stadt Deutschlands kommt: Brilon im Sauerland ist der größte kommunale Waldbesitzer. Auch hier sind die Herausforderungen enorm. Darum ist es gut, dass auch der Kommunalwald von diesen Geldern profitieren wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nicht nur in Brilon!)
Frau Bundesministerin Klöckner, ich will gerne noch einen Punkt ansprechen. Sie haben gerade in Ihrer Rede gesagt, dass es wichtig ist, jetzt unideologisch heranzugehen, und dass man bei der Wiederaufforstung das Nadelholz nicht vergessen darf. Das betrifft gerade die Douglasie. Ich habe eine Bitte aus nordrhein-westfälischer Perspektive: Reden Sie bitte mit der nordrhein-westfälischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerin.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die macht tolle Arbeit!)
Denn die Förderrichtlinien Ihrer CDU-Kollegin in Nordrhein-Westfalen sehen vor, dass das Nadelholz nicht förderfähig ist und nicht unterstützt wird. Das ist genau die Ideologie einer CDU/FDP-Landesregierung, die gegen das Nadelholz ist.
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Oh!)
Das ist genau das, was Sie gerade kritisiert haben. Rufen Sie bitte bei Ihrer Ministerin in Nordrhein-Westfalen an,
(Beifall bei der SPD)
und stehen Sie an der Seite derjenigen, die Wald wirtschaftlich nutzen wollen, die Wald nicht stilllegen wollen. Ich bin überrascht, dass CDU und FDP das in Nordrhein-Westfalen machen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Frank Sitta, FDP.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7408221 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Waldschutz und Waldbewirtschaftung |