19.12.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 137 / Zusatzpunkt 14

Martina Stamm-FibichSPD - Medizinprodukterecht

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten liegt die Sicherheit der Patientinnen und Patienten ganz besonders am Herzen, und deshalb freue ich mich mit meiner Fraktion, dass wir heute über einen ganzen Strauß von Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit in Deutschland sprechen können.

Den Kern des vorliegenden Gesetzes bildet die Umsetzung der europäischen Medizinprodukteverordnung in nationales Recht. Auslöser für diese Medizinprodukteverordnung auf europäischer Ebene waren verschiedene Skandale und auch die Vorfälle rund um die Brustimplantate, die zahlreiche Frauen erhielten und die uns in Europa schwer erschüttert haben. So etwas darf nicht passieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist gut, dass sich die EU der Sache angenommen hat und im Jahr 2017 einheitliche Mindeststandards gesetzt hat. Die EU-weite Einführung einer einheitlichen Konformitätsbewertung von Medizinprodukten ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Patientensicherheit. Gleichzeitig hat die EU vorgesehen, dass einige Aspekte individuell zu regeln sind. Mit dem vorliegenden Gesetz können wir jetzt unserer Pflicht gegenüber der EU nachkommen. Ja, wir gehen sogar darüber hinaus und führen noch weitere Regelungen ein, die für eine noch bessere Qualitätskontrolle und Übersicht bei Medizinprodukten sorgen werden. Damit tun wir effektiv etwas für die Patientinnen und Patienten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Neben dem Implantateregister, das wir in diesem Jahr bereits eingeführt haben, zeigt der jetzige Entwurf einmal mehr, dass der Begriff „Patientensicherheit“ für diese Koalition keine leere Worthülse ist. Ganz konkret sieht der Entwurf vor, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und das Paul-Ehrlich-Institut eigene Vollstreckungsbefugnisse bekommen. Die beiden Behörden können in Zukunft eine Risikobewertung vornehmen. Zusätzlich erhalten die Behörden einen wirksamen Instrumentenkasten, der vom Produktrückruf bis zum Entzug der Zulassung gereicht. Damit stärken wir die Kontrolle und gewährleisten vor allem, dass im Notfall effektiver und schneller gehandelt werden kann, als es bisher der Fall ist.

(Beifall bei der SPD)

Darüber hinaus enthält das Gesetz neue Regelungen zu klinischen Prüfungen und sogenannten Leistungsstudien für Diagnostika. Hier nutzen wir den nationalen Gestaltungsspielraum, den das künftig geltende Unionsrecht bietet und verankern das Verfahren bei der Ethik-Kommission. Zusätzlich nutzen wir den Gestaltungsspielraum, um aktuell geltende und besondere Schutzvorschriften für Minderjährige und nicht einwilligungsfähige Patienten aufrechtzuerhalten.

Wichtig ist auch, dass das Gesetz die Sonderzulassung für Medizinprodukte ermöglicht, auch wenn die erforderliche Konformitätsbewertung nicht durchgeführt worden ist. Damit stellen wir sicher, dass in speziellen Fällen Versorgungsengpässe vermieden werden können. Diese Maßnahmen dienen dem Schutz der Patienten. Frau Staatssekretärin hat schon darauf hingewiesen: Auch die Medicrime-Konvention des Europarates werden wir damit ratifizieren.

Ich möchte an dieser Stelle noch einen Blick auf die EU richten. Die Medizinprodukteverordnung soll nach der dreijährigen Übergangsfrist am 20. Mai 2020 in Kraft treten. Ich blicke mit Sorge auf dieses Datum; denn die notwendige Rezertifizierung der Medizinprodukte schreitet nicht so schnell voran, wie man sich das vorgestellt hat. Insbesondere bei der Benennung der Benannten Stellen, die zur Zertifizierung der Medizinprodukte notwendig sind, hakt es gewaltig.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich bin deshalb froh, dass das Europäische Parlament am Dienstag für Medizinprodukte der Risikoklasse I eine Verlängerung der Übergangsfrist bis 2024 beschlossen hat. Nichtsdestotrotz müssen wir im Auge behalten, wie sich die Situation entwickelt. Es darf unter keinen Umständen Versorgungsengpässe bei Medizinprodukten geben, weil der Zertifizierungsprozess zu langsam fortschreitet. Ich bin der Meinung, dass die Reform des Medizinprodukterechts sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene für die Verbesserung der Patientensicherheit dringend notwendig ist. Aber es wäre eine Blamage für die Politik, wenn diese guten Maßnahmen in der Umsetzung zu Versorgungsengpässen führen würden. Das müssen wir unbedingt verhindern.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Zum Abschluss möchte ich noch auf einen vorliegenden Änderungsantrag zu diesem Gesetz eingehen, und zwar zum Thema Hilfsmittelversorgung. Seit dem HHVG kämpft die SPD für eine qualitätsorientierte Hilfsmittelversorgung in Deutschland. Mit dem TSVG haben wir Ausschreibungen und Open-House-Verträge verboten. Wir haben die Kassen und die Leistungserbringer dazu verpflichtet, gute qualitätsorientierte Verträge auszuhandeln. Aber wir bemerken, dass es immer noch einige schwarze Schafe gibt, denen eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patientinnen und Patienten egal ist. Der vorliegende Änderungsantrag gibt den Aufsichtsbehörden jetzt ein scharfes Schwert an die Hand, um diese schwarzen Schafe zu sanktionieren. Dazu werden die Aufsichts- und Ahndungskompetenzen der zuständigen Behörden deutlich ausgeweitet, und ich hoffe, dass wir mit diesem Signal die betroffenen Akteure endlich zur Räson bringen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat die Kollegin Katrin Helling-Plahr für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7409053
Wahlperiode 19
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Medizinprodukterecht
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