19.12.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 137 / Tagesordnungspunkt 18

Ernst Dieter RossmannSPD - Deutsch als Wissenschaftssprache

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Kollege Frömming denn erkrankt ist, dann will ich ihm durchaus auch gute Besserung wünschen. Ich will umgekehrt sagen, dass wir von der Ausschusssitzung am gestrigen Mittwoch wissen, wie er in der Diskussion um Blockchain – vielleicht wissen das die Kollegen auch noch – englisch geendet hatte, nämlich mit der Aussage: Lots of gear, no idea. – Er hätte auch auf Amerikanisch sagen können: All hat and no cattle.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ist die Zusammenführung zur Wissenschaftssprache? Offensichtlich gibt es Internationalität, egal welchen Geistes man ist. Gleichzeitig gibt es in diesen Worten den Hinweis auf das Idiomatische, auf das Besondere, das in einer nationalen Sprache liegt, weshalb man manchmal auf andere Sprachen ausweicht. So weit die Hinführung.

Was ich damit grundsätzlich sagen möchte, ist, dass wir natürlich recht daran tun, uns auch mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, weil Sprache einerseits ein Medium der Kultur, der Identität, der Differenzierung bis in das Denken, in das Verstehen hinein ist. Andererseits ist sie ein Medium der Überbrückung von Differenzen und Verschiedenheiten; sie ist ein Medium der Verbreitung, der maximalen Reichweite.

Deshalb müssen wir uns fragen, wie dieses aufgeteilt werden kann, aber immer vor dem Hintergrund, dass wir eines nie vergessen sollten – das möchte ich der AfD ganz ruhig sagen, weil das auch in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ kürzlich zu lesen war; dies meinte darin der Philosoph Waldenfels –: Das Entscheidende ist eigentlich immer die Begegnung mit dem Fremden, mit dem Anderen, mit dem Verschiedenen, weil nur daraus Kultur und Innovationen entstehen.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist wichtig, dass wir es so auch in unserer Auseinandersetzung mit Sprache halten.

Das hat die Wissenschaft beschäftigt. Kollege Sattelberger hat es schon auf den Begriff gebracht: Das A und O ist die Mehrsprachigkeit. – Mehrsprachigkeit dann allerdings in zwei verschiedenen Bereichen: Mehrsprachigkeit in Bezug auf die Welt von Forschung – ihre Anwendung in der Wissenschaft und in der Forschung für die Welt – und Mehrsprachigkeit in der Welt von Lehre und Lernen an Hochschulen.

Ich will an ein sehr tragendes Konzept von Macron anknüpfen, der ja für die europäischen Hochschulen, für die europäische Sprachenentwicklung angeregt hat, möglichst drei Sprachen zu beherrschen: die Muttersprache, die Weltsprache und eine zusätzliche Sprache. Ich glaube, genau so müssen wir es sehen. Wissenschaftler und Forscher müssen dann besondere Ansprüche an sich richten: dass sie in der Weltsprache exzellent sind, aber dass sie auch in ihrer Muttersprache exzellent sind, weil beides herausfordert: das eine bei der Kommunikationsfähigkeit, das andere – das Denken in der eigenen Sprache – bei der Differenzierungsfähigkeit.

Ich mache doch eine kleine Differenz zu Herrn Sattelberger auf: Ich glaube schon, dass es einen Unterschied macht, ob es sich um Naturwissenschaften, um Mathematik, um Technik handelt oder ob es sich um Geisteswissenschaften handelt. Dort, wo die Geisteswissenschaften sich nicht auf dem höchsten Niveau aus der Muttersprache heraus entwickeln können, haben wir Förderinstrumente einzusetzen,

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das verstehen die gar nicht! Ist viel zu komplex!)

damit es dort zu entsprechend wahrnehmbarer hoher wissenschaftlicher Leistung für die Welt kommt – aus dem ganzen Feld der Geistes- und der Sozialwissenschaften.

Was die Lehr- und Lernsprache an den Hochschulen angeht, gilt das Gleiche: das Prinzip der Mehrsprachigkeit. Die Hochschulrektorenkonferenz, DAAD, Humboldt, alle sagen uns: Es kann nicht nur ein durchgängig fremdsprachiges, englisches Studium an deutschen Hochschulen geben; denn dieses würde die enttäuschen, die Deutsch gelernt haben –

Kollege Rossmann, Sie können selbstverständlich weitersprechen; das würde dann aber auf Kosten des Kollegen Röspel gehen.

(Zuruf von der LINKEN: Oh! – René Röspel [SPD]: Der ist klüger als ich!)

– und zu uns kommen und die Kultur kennenlernen wollen. Es würde diejenigen genauso enttäuschen, die bei uns etwas in ihrer Sprache vermitteln wollen. Deshalb werben wir dafür: Halten wir an der Mehrsprachigkeit fest! – Das soll der Schlussbegriff sein.

Danke.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das Wort hat die Kollegin Dr. Petra Sitte für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7409065
Wahlperiode 19
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Deutsch als Wissenschaftssprache
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