Volkmar KleinCDU/CSU - Chinapolitik
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Olaf in der Beek hat völlig recht mit den Fragen, die er stellt.
(Beifall bei der FDP)
Wahrscheinlich ist vieles von dem, was er in Sachen Menschenrechte in China anmerkt, noch viel schlimmer. Das kann die FDP nicht so genau wissen. Aber Volker Kauder würde dazu eine ganze Menge sagen können.
(Dr. Roland Hartwig [AfD]: Wo ist er? Schon lange nicht mehr gesehen!)
Das ist sicherlich alles richtig.
Es ist auch richtig, dass wir immer wieder überlegen müssen: Welches Land ist denn tatsächlich ein Entwicklungsland? – Es gibt sicherlich gute Gründe, zu überlegen: Ist China nach der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung in der Vergangenheit noch ein Entwicklungsland, auch angesichts der Technik, die dort inzwischen produziert wird, angesichts der finanziellen Situation von China, auch angesichts der Aktivitäten zur neuen Seidenstraße?
Die gleiche Frage ist natürlich auch in anderem Zusammenhang berechtigt: Ist Brasilien noch ein Entwicklungsland? Die Firma Embraer ist die viertgrößte Flugzeugproduktionsfirma der Welt – in einem Entwicklungsland? Ist Malaysia noch ein Entwicklungsland? Wir haben hier schon oft darüber geredet, dass wir eigentlich mehr Investitionen in Afrika tätigen wollen. Aus Malaysia wird mehr in Afrika investiert als aus Deutschland. Das alles spricht für einen gewissen Erfolg der bisherigen Entwicklung, und Entwicklung in einem Land voranzubringen, entspricht durchaus unserem Interesse.
Die Frage, ob jetzt ein einzelnes Land als Entwicklungsland zu qualifizieren ist oder nicht, können wir – jenseits der menschenrechtlichen Fragen – sicherlich nicht allein feststellen. Es darf auch keine Lex China geben. Wenn, dann müsste innerhalb der OECD entschieden werden, dass die Regeln geändert werden. Gegenwärtig besagen die Regeln aber, dass ein Land immer noch als Entwicklungsland gilt, wenn es ein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf – und die Zahlen gelten bei der OECD für 2016 – zwischen 3 950 und 12 300 Dollar hat. Da liegen aber sowohl China als auch Brasilien und Malaysia, im Übrigen auch die Türkei, immer noch deutlich drunter. Wenn wir etwas ändern wollen, dann dürfen wir keine Lex China schaffen, sondern müssen insgesamt die Regeln ändern.
(Otto Fricke [FDP]: Ministerium!)
– Die OECD müsste das ändern; da wären wir nur ein kleiner Beitrag. – Die Frage ist aber: Wie wichtig wäre das überhaupt? Denn wenn ein Land als Entwicklungsland qualifiziert wird, heißt das ja nicht, dass andere verpflichtet sind, dorthin irgendwelche Gelder zu zahlen. Die Folge ist aber sehr wohl, dass verschiedene Tatbestände, die durchaus in unserem Interesse sind, im Falle der Qualifikation als Entwicklungsland als ODA-Leistung gelten.
(Otto Fricke [FDP]: Wir würden das gerne von Ihrem Ministerium hören!)
Wir sind sehr daran interessiert, möglichst viele Studenten aus Australien, aus Amerika, aus vielen Ländern nach Deutschland zu bekommen, weil sie dann hoffentlich, wenn sie wieder zurückkommen, eine andere Verbindung zu Deutschland haben, und das gut ist, auch für unsere Firmen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist ein Teil von Wirtschaftsförderung. Das wird im Falle von Australien natürlich nicht als ODA-Leistung registriert. Weil aber China als Entwicklungsland gilt, gelten schon mal 208 Millionen Euro als ODA-Leistung; das sind die Gelder für Studenten, weil bei uns keine Studiengebühren zu zahlen sind. Die Länder haben das zu tragen, aber das ist nicht irgendwo im Haushalt. Das ist ja keine Entwicklungshilfe im üblichen Sinne. Das heißt, am Ende würde sich, wenn die OECD den Chinesen den Status als Entwicklungsland entzieht, in der Sache an diesen Stellen überhaupt nichts ändern. Sehr wohl aber würde die Zahl, gerade bei den Studenten, gar nicht mehr erfasst und könnte dann auch keinen mehr aufregen.
Auf der anderen Seite: ODA – diese Official Development Assistance, oder auf Deutsch: staatliche Entwicklungshilfe – ist ja noch längst nicht gleichbedeutend mit Steuergeld oder mit Haushaltmitteln.
Kollege Klein, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung?
Ja, gerne.
Herr Kollege Klein, die Opposition wundert sich darüber, dass wir über ein entwicklungspolitisches Thema sprechen und aus dem Entwicklungshilfeministerium niemand anwesend ist.
(Otto Fricke [FDP]: Noch nicht mal aus dem Kanzleramt! – Dr. Wolfgang Stefinger [CDU/CSU]: AA ist da!)
Sehen Sie das genauso, dass das sehr verwunderlich ist, dass niemand von der Bundesregierung unseren Ausführungen zu so einem wichtigen Thema wie der Chinapolitik folgen möchte?
(Parl. Staatssekretär Norbert Barthle betritt den Plenarsaal – Johannes Selle [CDU/CSU]: Gar nicht! Da kommt der Parlamentarische Staatssekretär!)
– Oh, ja. Volkmar Klein (CDU/CSU):
Erstens ist der Parlamentarische Staatssekretär da.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Lachen bei der AfD und der FDP)
Zweitens können Sie davon ausgehen, dass die Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsgruppe Entwicklungszusammenarbeit der Unionsfraktion und dem Minister und dem Staatssekretär so eng ist, dass kein einziges Wort der Einlassungen der anderen Fraktion am Ende verloren gehen wird.
(Lachen bei der FDP – Zurufe von der FDP: Oh!)
– Damit ist die Frage beantwortet.
(Dr. Roland Hartwig [AfD]: Das glauben Sie doch selber nicht! – Otto Fricke [FDP]: Missachtung des Parlaments ist das! – Zuruf von der AfD: Peinlich!)
ODA ist nicht gleichbedeutend mit Steuermitteln oder Haushaltmitteln. Das wird insbesondere bei den Krediten der KfW deutlich. Die gelten nach den Regeln der OECD als ODA, also als Official Development Assistance, auch wenn am Ende die KfW daran verdient. Die Chinesen kriegen – genau wie viele andere Schwellenländer – durchaus gute, günstige Kredite. Da sich die KfW aber refinanziert zu den Bedingungen der Bundesrepublik Deutschland, also oft zu Zinsen im eher negativen Bereich, verdient die KfW noch Geld damit. Das heißt also: Das ist hier überhaupt nicht zu skandalisieren.
Ich glaube, das macht Sinn, wenn auf diesem Wege auch noch Deckungsbeiträge für die KfW erwirtschaftet werden können. Hinzu kommt – das gilt ganz genauso für Indien und für viele andere Länder –, dass dort in der Tat kein Mangel an Liquidität herrscht. Das Interesse an Zusammenarbeit mit der KfW besteht daher vor allen Dingen darin, ein gemeinsames Kooperationsprojekt zu haben, auch inhaltlich zusammenzuarbeiten. Das wiederum ist gut für deutsche Firmen.
Bei der DEG gibt es überhaupt kein Steuergeld, das ausgegeben wird; da gibt es auch keine ODA-Anrechnung. Wir haben als letztes Projekt der technischen Zusammenarbeit einen Rechtsstaatsdialog; es ist, glaube ich, gut, wenn wir helfen, dass China ein Rechtssystem entwickelt, das eher an unser Rechtssystem angelehnt ist als an angelsächsische Kasuistik. Das wird am Ende den deutschen Firmen eher zugutekommen.
Insofern glaube ich: Es sind gut gemeinte Überlegungen, immer wieder zu überprüfen: Kann denn China noch dazugehören? Die Antwort heute aber ist: Es gibt keinen aktuellen Handlungsbedarf. – Deswegen ist es sicherlich richtig, diesen Antrag zurückzuweisen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])
Das Wort hat der Abgeordnete Markus Frohnmaier für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7409084 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Chinapolitik |