Thomas SattelbergerFDP - Kommunikation in der Wissenschaft
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Frau Ministerin, Sie haben seit Ihrem Amtsantritt stets die Wichtigkeit der Wissenschaftskommunikation betont. 18 Monate kreißte der Berg und gebar jetzt eine dreiseitige Maus.
(Heiterkeit bei der FDP)
Ein erstaunlich dürftiges BMBF-Papier für ein solches Herzensanliegen. So dürftig, dass der heutige Antrag der Koalition noch dürftiger nachlegen musste: aus der Komfortzone für die Komfortzone der Etablierten.
Wissenschaftskommunikation, meine Damen und Herren, wird von der Großen Koalition als reine Elitendebatte gedacht.
(Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Nein, das stimmt nicht!)
Viele Ihrer geforderten Initiativen finden in Berliner Salons statt, auf elegant bezogenen Fauteuils,
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen Sie das?)
die immer gleichen Verdächtigen im sogenannten Diskurs.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)
Weder Karliczek-Papier noch Ihr Antrag enthalten auch nur ein Wort, wie man Elitensilos aufbricht,
(Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)
wie man Bakteriologinnen zum Bloggen bewegt, wie man die sogenannte Provinz erreicht, wie man mehr MINT-YouTuberinnen gewinnt, wie die Chemikerin Dr. Mai Thi Nguyen mit 561 000 Followern. Sie müssen das Netzwerk der Zehntausenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aktivieren. So erreicht man Reichweite. Bei Ihnen tröpfelt die Reichweite.
(Beifall bei der FDP)
Stattdessen wird man heute in der Wissenschaftsszene – ich habe das selber erlebt – mit Podcasts und Kinderuni mitleidig belächelt und ins Karriereabseits befördert. Ihre Rezepte dagegen: jahrelange Strategieplanung, Forschungs- und Prüfungsaufträge statt Handeln.
Kennen Sie Flacherdler? Das sind Menschen, die glauben, die Erde sei eine Scheibe.
(Heiterkeit bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Eine gewagte These. Selbst die katholische Kirche hat sich 1992 dazu durchgerungen, Galileo Galilei zu rehabilitieren. Es gibt Zehntausende Flacherdler und Tausende in Deutschland. Was hilft denn gegen Flacherdler? Wir brauchen die direkte Auseinandersetzung mit Wissenschaftsleugnern, Verschwörungstheoretikern und Sympathisanten. Für die Granden der Wissenschaft gilt: Leadership, selber in die Bütt gehen, nicht an Kommunikationsabteilungen delegieren. Hat ein Max-Planck-Präsident jemals getwittert, sich mit der AfD über Genderforschung auseinandergesetzt? Diejenigen, die den Beitrag des Menschen zum Klimawandel leugnen, die Genderforschung für eine Chimäre halten, sitzen übrigens auch mitten unter uns, Herr Kollege Jongen. Hier hilft nur die direkte Auseinandersetzung. Steter Tropfen höhlt den Stein, auch wenn es Steine gibt, die an sich schon recht hohl sind.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Also: Protagonisten in die Bütt, Netzwerke online und offline aktivieren und animieren –
Kollege Sattelberger.
– und mehr Ringen um die Wahrhaftigkeit jenseits des Salons. Ran an den Speck, Frau Ministerin Karliczek.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)
Das Wort hat Dr. Petra Sitte für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7409096 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Kommunikation in der Wissenschaft |