20.12.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt 15

Harald WeinbergDIE LINKE - Kurzzeitpflege

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es hier mit einem bemerkenswerten Vorgang zu tun, wie ich finde. Die Koalitionsfraktionen stellen einen Antrag an die Regierung, also an ihre eigene Regierung, dass sie das umsetzt, was ja bereits im Koalitionsvertrag steht. Das ist schon bemerkenswert, muss ich sagen.

(Heike Baehrens [SPD]: Das ist doch gut!)

Warum ist das so? Ich nehme an, es ist deswegen so, weil der Problemdruck in der Frage der Kurzzeitpflege so außerordentlich groß geworden ist und Sie reagieren mussten.

Sie haben bei der Problembeschreibung ja absolut recht: Wir haben zu wenige Kurzzeitpflegeplätze. Auch Kurzzeitpflege muss anders finanziert werden, um gut und für alle verfügbar zu sein. Der Aufwand ist unter anderem durch die hohe Fluktuation sehr hoch. Das System, so wie es ist, wird dem nicht gerecht. Auch der Bedarf an Teilpflegekräften steigt. Es ist immerhin ein Schritt, dass Sie als Koalitionsabgeordnete nun Ihre Regierung auffordern, endlich zu handeln.

Aber konkrete Politik ist das immer noch nicht. Von einem festen Zeitplan und einer konkreten Zielvorgabe für mehr Plätze in der Kurzzeitpflege spricht der Antrag nicht. Auch über die Finanzierung findet sich kein Wort.

(Heike Baehrens [SPD]: Doch!)

Ich denke, es muss um mehr gehen als um eine gute PR für die versprochene Reform der Pflegeversicherung aus dem Hause Spahn.

(Beifall bei der LINKEN)

Da geht ja der Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der FDP weiter. Vor allem schlägt die FDP Mittel, wie etwa die Abschaffung der Sperrfrist, vor, die unbürokratisch und schnell eine Entlastung bedeuten, auch wenn sie aus unserer Sicht noch nicht weit genug gehen. Aber immerhin: Es ist ein wesentlicher Schritt.

Sie aber bleiben vage. Nun heißt es bei Ihnen, man müsse nach einem Krankenhausaufenthalt – Zitat – „neue Versorgungsformen in den Blick nehmen“. Das klingt fast schon poetisch. Aber was soll das denn heißen? Gestehen Sie damit ein, dass Menschen zu früh aus dem Krankenhaus entlassen werden? Dann sollten wir da ansetzen und uns nicht in der Kurzzeitpflege von den angeblichen Erfordernissen des unsäglichen DRG-Systems treiben lassen. Das verstärkt nur den Druck auf die Pflege insgesamt.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie wollen die Vergütung verbessern. Das ist wesentlich, schafft aber keinen einzigen zusätzlichen Pflegeplatz. Haben Sie deshalb den angekündigten Rechtsanspruch auf einen Kurzzeitpflegeplatz freiwillig aufgegeben? Aus unserer Sicht muss ein überarbeiteter Sicherstellungsauftrag auch eine finanzielle Verantwortung des Bundes enthalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Hinzu kommt: Bei Ihren Überlegungen kommen die Menschen mit Pflegebedarf und ihre Angehörigen kaum vor. Sie bereiten den Weg für eine einseitige Besserstellung der Leistungserbringer, ohne zu sichern, dass die Kosten für die Menschen mit Pflegebedarf nicht immer weiter über die Eigenanteile steigen.

Im Sommer hat der Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf einen Lagebericht abgegeben. Dort ist ein klares Programm beschrieben. Ein Gesamtkonzept zur finanziellen und sozialen Absicherung pflegender Angehöriger wird gebraucht, Stichwort „Lohnersatzleistung“, Stichwort „Altersabsicherung“. Daran gemessen ist es unverständlich, warum Ihr Antrag freiwillig das Entlastungsbudget verkleinern will, auch wenn das Entlastungsbudget nur ein Baustein ist. Warum fehlt die Tages- und Nachtpflege, die im Koalitionsvertrag noch genannt wurde? Am Ende beschleicht einen das Gefühl, dass die Versprechen, die Sie im Koalitionsvertrag zur Kurzzeitpflege gemacht haben, über den Antrag vielleicht ein Stück weit relativiert werden sollen.

(Heike Baehrens [SPD]: Quatsch! Wir konkretisieren!)

Natürlich dauert das Verfahren, das Sie gewählt haben – das muss man in aller Deutlichkeit sagen –, länger, als wenn ein Gesetzentwurf vom Bundesministerium käme. Auch das ist aus unserer Sicht ein großes Problem.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat die Kollegin Kordula Schulz-Asche für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7409177
Wahlperiode 19
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Kurzzeitpflege
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