20.12.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt 23

Ulla IhnenFDP - Altschulden der Kommunen und Wohnungsunternehmen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Laufe des Jahres hatte Bundesfinanzminister Scholz angeboten, einen Teil der Altschulden an Kassenkrediten der Kommunen zu übernehmen. Damit will er knapp ein Viertel der Kommunen in Deutschland mit Steuermitteln entlasten. Dabei heißt es im Monatsbericht des Bundesfinanzministers vom April dieses Jahres: „Die Finanzsituation der Kommunen ist – insgesamt betrachtet – sehr gut.“

(Otto Fricke [FDP]: Eben! – Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Im Durchschnitt!)

Die kommunale Ebene verzeichnet mittlerweile erhebliche Haushaltsüberschüsse.

(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Mittlerweile“? Wie war es in den letzten Jahren?)

Eine allgemeine strukturelle Unterfinanzierung besteht bei den Kommunen also nicht. Die kommunalen Kassenkredite sinken im Moment auch ohne Bundeshilfe.

Laut aktueller Steuerschätzung werden die Einnahmen des Bundes für 2020 stagnieren, während die Einnahmen der Länder um 3 Prozent und die der Gemeinden um 3,5 Prozent zunehmen werden. Erstmals werden die Länder gemeinsam mehr Steuereinnahmen erzielen als der Bund. Die Gleichgewichte verschieben sich also etwas. Dass es dennoch Kommunen gibt, die sich in arger Finanznot befinden, ist völlig unstrittig.

(Bernhard Daldrup [SPD]: Länder doch auch! Jede Menge!)

So richtig es ist, Altschulden der kommunalen Ebene abzubauen, so ist es doch auffällig, dass die Kassenkredite, die heute noch 35 Milliarden Euro ausmachen, überwiegend auf Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland entfallen.

(Fabio De Masi [DIE LINKE]: Ja! Warum denn?)

In unserem Staatsaufbau sind für die angemessene Finanzausstattung ihrer Kommunen in allererster Linie die Länder in der Verantwortung.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Peter Boehringer [AfD])

Und aus dieser Verantwortung dürfen wir die Länder auch nicht entlassen. Richtig wäre, wenn die Länder ihre Spielräume nutzten und insbesondere durch ihre Kommunalaufsichten die überschuldeten Kommunen gezielt bei Zins- und Tilgungslasten unterstützten.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Astrid Mannes [CDU/CSU])

Die Mittel, die die Länder aufgrund des Konnexitätsprinzips vom Bund erhalten, sollten sie auch wirklich fair an die Kommunen weiterleiten.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Ingo Gädechens [CDU/CSU])

Niedersachsen zum Beispiel hat das mit seinem Hilfsprogramm in den letzten Jahren vorgemacht und die Bestände der Kassenkredite seiner überschuldeten Kommunen um zwei Drittel reduziert. Hessen ist mit seiner Hessenkasse dabei.

Ich selbst habe viele Jahre in einem Landkreis in Niedersachsen gearbeitet, der, als ich dort anfing, nur noch den Mangel verwaltet hat. Aber der Landkreis hat es heute dank dieser Hilfe des Landes geschafft. Eine solche Entschuldung ist keineswegs einfach für alle Beteiligten und gelingt nur mit schmerzhaften Einschnitten und unter größten Anstrengungen, aber eben auch ohne Hilfe des Bundes.

(Beifall bei der FDP)

Der Kollege Haase hat sehr ausführlich vorgetragen – ich will es nicht wiederholen –, mit wie viel Milliarden Euro dennoch der Bund die Kommunen entlastet, zum Beispiel über den Kommunalinvestitionsförderungsfonds und vieles andere mehr. Was der Bund jetzt nicht tun darf, ist, Altschulden punktuell für einige Kommunen zu übernehmen. Das setzt falsche Anreize und wäre verantwortungslos gegenüber den Kommunalaufsichten, den Kommunalpolitikern und den Kämmerern, die unter schwierigsten Bedingungen Jahr für Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Peter Boehringer [AfD])

Bei dem jetzigen Vorschlag zur Altschuldenübernahme wären die Kommunen, die sich mithilfe ihrer Länder und mit zum Teil drastischen Einsparmaßnahmen selbst geholfen haben, die Dummen. Das darf nicht sein.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Peter Boehringer [AfD])

Deshalb lehnt zum Beispiel auch der Landkreistag zu Recht einen solchen Vorschlag ab. Im Übrigen: Die Frage der Solidarität der Länder untereinander können wir an dieser Stelle sicherlich nicht lösen; man blicke nur zur Bank des Bundesrates.

(Alois Karl [CDU/CSU]: Ganz leer! Niemand ist da!)

Als Serviceopposition noch unser Rat zu Weihnachten: Lieber nichts schenken als das Falsche schenken!

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank. Ich wünsche allen frohe Weihnachten!

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat der Kollege Stefan Schmidt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7409734
Wahlperiode 19
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Altschulden der Kommunen und Wohnungsunternehmen
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