Siemtje MöllerSPD - Beschaffung von bewaffneten Drohnen
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bewaffnung von Drohnen ist sicherlich ein Thema, das unglaublich emotionalisiert diskutiert und unglaublich unterschiedlich bewertet wird. Bewaffnung von Drohnen macht vielen Menschen Angst.
(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Dann erklären Sie denen, um was es geht!)
Es verbreitet sich eine große Sorge vor dem sich verselbstständigenden technologischen Fortschritt, vor allen Dingen im Bereich Kriegswaffen. Bewaffnung von Drohnen macht aber auch vielen Menschen Hoffnung, beispielsweise denjenigen, die sich mehr Sicherheit wünschen, beispielsweise unseren Soldatinnen und Soldaten oder auch deren Angehörigen. Aber auch Angehörige der Zivilbevölkerung könnten sich mehr Schutz und Sicherheit von der Bewaffnung von Drohnen versprechen. Das ist die kontroverse Situation, in der sich unsere Debatte verorten lässt – quasi zwei Pole, die sich gegenüberstehen.
Auf der einen Seite steht das schwerwiegende Argument von mehr Schutz. Ich als Parlamentarierin spüre diese besondere Verantwortung für unsere Soldatinnen und Soldaten jedes Mal, wenn ich mich zu einem Antrag auf Verlängerung eines Einsatzes belese und darüber abstimme und wenn ich die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz besuche. Ich bin mir dieser Verantwortung sehr bewusst; ich bin mir sicher, das sind auch Sie alle sich. Das ist tatsächlich ein schwerwiegendes Argument.
(Beifall bei der SPD)
Bewaffnete Drohnen könnten beispielsweise bei Patrouillen mehr Sicherheit und Schutz für unsere Soldatinnen und Soldaten bieten,
(Markus Grübel [CDU/CSU]: So ist es!)
beispielsweise wenn sie in einen Hinterhalt geraten. Dann könnte dieses Wirkmittel, das in der Luft unmittelbar vor Ort wäre, wirken und müsste eben nicht erst angefordert werden, um dann mit 30-minütiger Verzögerung Schutz zu gewähren. Es könnte sogar möglicherweise besser sein für den Schutz der Zivilbevölkerung durch lange Stehzeiten dieses exzellenten Wirkmittels. Stellen wir uns nur mal vor, dass ein entlegenes Dorf einer ethnischen Minderheit, das von marodierenden Banden angegriffen wird, durch bewaffnete Drohnen besser geschützt wäre. – Das ist die eine Seite.
Die andere Seite – ich empfinde die als ebenso schwerwiegend – ist die Sorge und auch die Angst vor einer Entgrenzung durch Technik, die Angst vor dem Kontrollverlust und möglicherweise, in die Zukunft gerichtet, auch die Angst vor einem Kampf der Maschinen, der manche Menschen, die sich nicht so sehr damit beschäftigen wollen, umtreibt. Es ist auch das Unbehagen, das viele Menschen umtreibt, mit denen ich spreche, bei größer werdender Entfernung zwischen Pilot oder Pilotin und dem Luftfahrzeug, sozusagen die Entfernung zwischen Knopf und Wirkmittel, sodass das, was tatsächlich ausgelöst wird, nämlich das Töten von Menschen, nicht mehr so unmittelbar verortet ist in der Person, die das zu verantworten hat. Es ist meine Überzeugung, dass Politik genau hier ausloten muss und dass wir hier alle begleiten und abwägen müssen. Genau deshalb haben wir in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben:
Über die Beschaffung von Bewaffnung wird der Deutsche Bundestag nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung gesondert entscheiden.
(Gerold Otten [AfD]: Dafür hatten Sie zwei Jahre Zeit!)
Hierzu wird die Bundesregierung eine gesonderte Vorlage erstellen und dem Deutschen Bundestag zuleiten.
Genau um diese Würdigung – Würdigung heißt nicht eine schnelle Entscheidung, sondern heißt unter Berücksichtigung all dieser genannten Aspekte – vornehmen zu können, benötigen wir eine umfassende Ausarbeitung, beispielsweise der Rules of Engagement und auch der Operationsszenarien.
(Dr. Marcus Faber [FDP]: Wann denn? – Gerold Otten [AfD]: Unsere Soldaten sind heute im Einsatz!)
Diese müssen vom Verteidigungsministerium vorgelegt werden, um dann zu einer abgewogenen Entscheidung kommen zu können.
Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage?
Nein. – Aber Sie, beispielsweise von der FDP, wollen es ja andersrum machen. Sie wollen ja die Entscheidung und danach einen Konsens und eine breite Diskussion herbeiführen.
(Dr. Marcus Faber [FDP]: Wir diskutieren seit Jahren! Seit Jahren diskutieren wir darüber!)
Das ist falsch herum. Wir müssen erst darüber diskutieren, um dann zu einer abgewogenen Entscheidung zu kommen. Genau das machen wir als Koalition.
(Beifall bei der SPD – Jan Ralf Nolte [AfD]: Seit mindestens sechs Jahren wird darüber debattiert!)
Sie wollen auch jetzt eine Entscheidung, weil Sie behaupten – das tun Sie in Ihrer Begründung –, dass die Regierungsfraktionen seit Jahren verzögern
(Jan Ralf Nolte [AfD]: Wie können Sie von unseren Soldaten Mut im Einsatzland verlangen, wenn Sie nicht mal Mut zur Entscheidung haben nach sechs Jahren Diskussion? – Dr. Marcus Faber [FDP]: So ist es!)
und eine nicht hinnehmbare Situation entstehe und die Soldatinnen und Soldaten auf eine Schutzfähigkeit verzichten müssen, obwohl sie seit Jahren verfügbar ist.
(Dr. Marcus Faber [FDP]: Gehen Sie mal nach Afghanistan!)
Meine Damen und Herren, auch von der FDP, wir haben die Heron TP 2018 beschlossen. Diese Heron TP ist bewaffnungsfähig. Sie läuft zu zum Jahre 2025. Ich verstehe die Eile nicht. Sie verbreiten hier eine Hysterie, und Sie verbreiten auch ein Unsicherheitsgefühl bei den Soldatinnen und Soldaten, das nicht gerechtfertigt ist.
(Beifall bei der SPD)
Gleichzeitig müssen wir ja sagen: Bis 2025 werden wir die Heron 1 einsetzen. Die Heron 1 ist nicht bewaffnungsfähig. Das heißt doch: Wir haben eine Aufklärungsdrohne, und das, was Sie uns hier suggerieren, trifft überhaupt nicht zu.
(Beifall bei der SPD)
Es gibt weitere Schwachstellen in Ihrem Antrag, beispielsweise die Beschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen.
(Dr. Marcus Faber [FDP]: Wo ist denn Ihr Antrag?)
Ich wiederhole mich: Wir haben das 2018 beschlossen. Auch dass die Eurodrohne vorangetrieben wird, haben wir als Koalition erledigt, oder dass extralegale Tötungen weiterhin geächtet werden sollen. Das tun wir jeden Tag, und ich hoffe, das tun wir alle hier in diesem Hohen Haus nicht nur in Bezug auf die Drohnen, sondern auch in Bezug auf alle Kriegswaffen, wenn sie benutzt werden, um Tötungen außerhalb des Völkerrechts durchzuführen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Henning Otte [CDU/CSU])
Ich bin überzeugt: Es ist unsere Aufgabe, Soldatinnen und Soldaten bestmöglich zu schützen, und es ist unsere Aufgabe, gesellschaftlichen Frieden herzustellen.
(Jan Ralf Nolte [AfD]: Der Frieden in der Koalition ist Ihnen wichtiger!)
Das geht nur, wenn man sich die Ruhe nimmt, miteinander alle Aspekte zu beleuchten. Dafür braucht man eine Debatte genau hierzu. Dazu braucht man die Vorlagen, um darüber entscheiden zu können, und keine hysterieverbreitenden Anträge. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Siemtje Möller. – Es gab gerade die Frage nach einer Kurzintervention. Ich habe sie nicht zugelassen. Ich lasse aber auch keine weiteren oder anderen Kurzinterventionen zu, weil ich weiß, dass einige Kollegen aus gegebenem Anlass heute Züge bekommen wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dr. Marcus Faber für die FDP-Fraktion ist der nächste Redner.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7409767 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 138 |
Tagesordnungspunkt | Beschaffung von bewaffneten Drohnen |