20.12.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 138 / Zusatzpunkt 23

Karamba DiabySPD - Aktuelle Stunde - Globales Flüchtlingsforum und Grundrechtekatalog

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kennen Sie Dr. Anton Wilhelm Amo?

(Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE]: Ja!)

– Ah ja, eine kennt ihn. – Der ghanaische Philosoph war der erste Mensch afrikanischer Abstammung, der an einer deutschen Universität – zufällig auch noch in meiner Heimatstadt Halle – studiert, promoviert und als Dozent gelehrt hat. In seiner Doktorarbeit untersuchte er die Rechte von schwarzen Menschen in Europa. Und: Ich spreche hier über das 18. Jahrhundert!

Abgeordnete der AfD, alleine der Titel dieser Aktuellen Stunde verrät: Sie sind immer noch nicht in der Realität unseres Landes angekommen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Waren die noch nie!)

In Deutschland leben mehr als 1 Million Menschen afrikanischer Abstammung, und das nicht erst seit gestern. Menschen afrikanischer Abstammung gehören schon seit über 400 Jahren zu Deutschland und sind somit auch Teil der langen deutschen Einwanderungsgeschichte.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jan Ralf Nolte [AfD]: Ich glaube, Sie haben das Thema gar nicht verstanden, worum es hier geht! Das ist offenbar zu schwer für Sie! – Gegenruf der Abg. Ursula Groden-Kranich [CDU/CSU]: „Das ist zu schwer für Sie“?)

– Sie sollen zuhören, damit Sie verstehen, was ich sage. Ich weiß ganz genau, wovon ich rede. – Als Bildungspolitiker kann ich Ihnen nur empfehlen: Machen Sie Ihre Hausaufgaben, und belesen Sie sich.

(Beifall bei der SPD)

Ungerechtigkeiten gegen Menschen afrikanischer Abstammung, also Versklavung und der Völkermord während des deutschen Kolonialismus, sind nicht nur die Ursachen für viele aktuelle Konflikte in Afrika, sondern auch für den Fortbestand rassistischer Ausgrenzung von Menschen afrikanischer Herkunft.

Historische Ereignisse bilden immer auch Bezugspunkte, um heutige Auseinandersetzungen zu Ideologien der Ungleichwertigkeit zu verstehen und dagegen vorzugehen. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir insbesondere die Aufarbeitung des Kolonialismus verstärken wollen.

(Zuruf von der AfD)

Dass die Vergangenheit Auswirkungen auf das Hier und Jetzt hat, belegen auch die Zahlen der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und unserer Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Menschen afrikanischer Abstammung sind besonders häufig Opfer rassistischer Gewalt. Bei vielen fehlt es an Rechtshilfe und finanzieller Unterstützung. Auch auf staatlicher Ebene berichten Verbände häufig von Missbrauch von Befugnissen in den Bereichen Strafverfolgung, Verbrechensverhütung und Einwanderungskontrolle.

Unter anderem aus diesen Gründen wurde 2013 die Internationale Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft von der UN-Generalversammlung unter dem Motto „Menschen Afrikanischer Abstammung – Anerkennung, Gerechtigkeit und Entwicklung“ verabschiedet. Ich begrüße ausdrücklich, dass zur Umsetzung des Beschlusses in Deutschland einiges geschehen ist.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat in Kooperation mit der Zivilgesellschaft zum Auftakt der Dekade feierlich ins Familienministerium eingeladen. Einige Organisationen wie EOTO oder der Zentralrat der Afrikanischen Gemeinde in Deutschland werden vom Bund gefördert. Und: Erst im letzten Monat – das wurde von meiner Kollegin Filiz Polat angedeutet – habe ich im Rahmen der UN-Dekade zum Auftakt der „People of African Descent“-Week in den Bundestag eingeladen. Bei dieser Woche drehte sich alles um Menschen afrikanischer Abstammung. Zum ersten Mal haben über 150 schwarze Menschen ihren Forderungen hier im Bundestag Gehör verschafft.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist unerträglich, dass die einzige Antwort der AfD auf globale Herausforderungen immer Ausgrenzung ist.

(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der AfD: Das ist doch Unsinn!)

Diese rassistische Ausgrenzung werden wir niemals zulassen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Ja, ja!)

Wir brauchen in Deutschland eine Gesamtstrategie der Umsetzung der UN-Dekade „Menschen Afrikanischer Abstammung“. Diese Dekade muss in diesem Haus und auch auf der Regierungsebene besser platziert werden. Wir müssen schwarze Menschen in Deutschland als Gruppe anerkennen, die der spezifischen Form des Antischwarzenrassismus ausgesetzt ist.

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Wir haben überhaupt nichts gegen gut gebildete Schwarze in Deutschland! Wir sind gegen Massenimmigration! Reden Sie mal zum Thema!)

Alle demokratischen Parteien sind aufgefordert, Initiativen zur Förderung der politischen Beteiligung von Menschen afrikanischer Abstammung zu unterstützen und zu entwickeln.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Wo ist denn die Gleichberechtigung, wenn man so was macht?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Europäische Parlament hat im März 2019 die Resolution zu den Grundrechten von Menschen afrikanischer Abstammung in Europa verabschiedet. 300 Jahre nach Anton Wilhelm Amo sollten wir das auch im Bundestag tun.

Ihnen wünsche ich schöne Weihnachten und schöne Feiertage!

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Volker Ullrich, CDU/CSU, ist der nächste Redner.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7409842
Wahlperiode 19
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Globales Flüchtlingsforum und Grundrechtekatalog
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