15.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 139 / Zusatzpunkt 1

Heike HänselDIE LINKE - Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten

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Professorin. – Ich nehme den Titel an. – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir müssen noch mal festhalten: Im Fall der Ermordung des iranischen Generals Soleimani weigert sich die Bundesregierung erneut, gegen einen gravierenden Bruch des Völkerrechts eines NATO-Staates Position zu beziehen; wir haben das ja schon gesehen bei dem türkischen Einmarsch in Syrien. Die Bundesregierung erklärt schlicht – ich möchte zitieren –:

Eine umfassende völkerrechtliche Bewertung erfordert die detaillierte Analyse aller tatsächlichen Umstände des Falls. Diese liegen der Bundesregierung nicht vor.

So wollen Sie sich also hier offenbar rauswinden.

Obwohl es offensichtlich ist, dass die US-Administration keine Beweise für eine unmittelbare Bedrohung durch den Iran vorlegen kann, verstecken Sie sich hinter den Fake News von Donald Trump, und das, muss ich sagen, ist ein Armutszeugnis ohnegleichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Während der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich – wir haben es gehört – den Angriff als völkerrechtswidrig bezeichnet, ich jetzt auch gelernt habe, dass der Kollege Wadephul Herrn Trump eher als Anarchisten sieht, und auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in seinem Gutachten die Rechtmäßigkeit des US-Angriffs klar anzweifelt, lavieren Sie herum. Ich kann für meine Fraktion sagen: Die Linke verurteilt das Attentat auf Soleimani als präzedenzlosen Fall des Staatsterrorismus durch die USA.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie beschädigen durch diese blinde Gefolgschaft gegenüber Donald Trump das Völkerrecht insgesamt, Herr Maas. Während nämlich die US-Demokraten in den USA davon sprechen, Trump habe eine Brandfackel in ein Pulverfass geworfen, ducken Sie sich einfach weg. Sie haben aber im Gegensatz dazu den Gegenschlag des Iran sofort verurteilt. Wir haben ihn auch verurteilt; aber wir haben eben alle Angriffe in dieser Region verurteilt. Sie diskreditieren sich mit dieser Haltung selbst als diplomatischer Vermittler in der Region.

Und dann weigern Sie sich auch, die deutschen Soldaten aus dem Irak abzuziehen. Dabei ist die Situation weiter äußerst gespannt. Wir haben auch erst gestern Nacht wieder Angriffe auf US-Basen durch Raketenbeschuss erlebt. Es ist ungeheuerlich, muss ich sagen, dass Sie die deutschen Soldaten wie bei einem Schachspiel als Bauernopfer einsetzen, um Ihren geopolitischen Einfluss in der Region zu wahren.

(Beifall bei der LINKEN – Gabriele Katzmarek [SPD]: Starker Tobak heute wieder! – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Es ist ja inzwischen wirklich nur noch Protest, was Sie von sich geben, Frau Hänsel! Das sage ich als Oppositioneller! Das ist ja wirklich abstrus!)

So ist es.

Und dann ignorieren Sie auch noch den Beschluss des irakischen Parlaments, dass alle ausländischen Truppen abziehen sollen. So laufen die Bundeswehrsoldaten nämlich Gefahr, zu Besatzungssoldaten zu werden.

(Thomas Hitschler [SPD]: Haben Sie dem Außenminister nicht zugehört? Er hat es doch gerade gut erklärt!)

Das ist unverantwortlich. Wir fordern, dass die Bundeswehr sofort abgezogen wird aus der Region.

(Beifall bei der LINKEN – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Ach, was Neues?)

Wir haben auch gehört, was Herr Maas gesagt hat zu der Aktivierung des Streitschlichtungsmechanismus. Nach unserer Ansicht legen Sie damit die Axt an das Atomabkommen generell. Sie sagen: Wir wollen ja nicht, dass es zu einem Ende dieses Abkommens kommt. – Aber erstens wundert mich, warum Sie eigentlich nicht alle Signatarstaaten, auch Russland und China, einbezogen haben, und zweitens wissen Sie ganz genau, dass es natürlich die Möglichkeit gibt, dass, wenn Sie zu keiner Einigung kommen, jeder Staat für sich den UN-Sicherheitsrat anrufen kann. Sie sind offenbar bereit, jetzt gezielt dieses Risiko einzugehen, vor allem mit dem Trump-Freund Boris Johnson an Ihrer Seite, dass das Atomabkommen, wenn man sich nicht einigen kann, am Ende tot ist. Das ist eine schwarze Stunde der deutschen Diplomatie, muss ich sagen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wer so mit einem wichtigen Abrüstungsabkommen umgeht, ist nicht in der Lage, den USA bei einem Krieg gegen den Iran etwas entgegenzusetzen.

Willy Brandt hat einmal gesagt: Von deutschem Boden darf kein Krieg mehr ausgehen. – Das ist die Verpflichtung des Grundgesetzes, die die Bundesregierung sträflich missachtet, –

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

– wenn sie die für Drohnenmorde wichtigen US-Stützpunkte wie Ramstein und den von US-AFRICOM weiter offenlässt. Es stellt sich ja die Frage, ob dieser Drohnenmord über Ramstein gesteuert wurde.

Frau Kollegin, Sie haben jetzt noch einen Satz, bitte.

Genau deswegen fordern wir endlich die Schließung von Ramstein und der US-Militärbasen, die den USA für ihre völkerrechtswidrigen Kriege und Drohnenmorde dienen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Agnieszka Brugger.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das toppt dann alles!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7413746
Wahlperiode 19
Sitzung 139
Tagesordnungspunkt Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten
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