15.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 139 / Zusatzpunkt 1

Christoph MatschieSPD - Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten

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Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist zu Beginn der Debatte noch mal deutlich gemacht worden: Am Anfang dieses Jahres haben auch hier in Deutschland viele die Luft angehalten, weil klar wurde, dass wir am Abgrund stehen, dass die Möglichkeit besteht, dass ein neuer großer Krieg im Nahen Osten ausbricht, zusätzlich zu der Auseinandersetzung, die wir in Syrien schon sehen.

Ich will an dieser Stelle noch mal sagen: Ich bin der Bundesregierung, dem Außenminister, der Verteidigungsministerin und der Bundeskanzlerin dankbar, dass sie sich gemeinsam mit vielen anderen europäischen Partnern in den letzten Tagen so engagiert haben, dass es gelungen ist, diesen Konflikt zunächst mal zu vermeiden und eine Eskalationsspirale zu verhindern. Vielen Dank dafür!

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Nun ist hier von einigen Abgeordneten die Frage gestellt worden: Wie ist es jetzt eigentlich mit der Völkerrechtswidrigkeit des Drohnenschlags der Amerikaner? Ich glaube, da die US-Regierung bisher keine eindeutigen Beweise für ihre Behauptungen vorgelegt hat, kann man politisch sagen: Solange das nicht passiert, muss man davon ausgehen: Dieser Angriff war völkerrechtswidrig,

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

übrigens genauso wie der Angriff der Iraner auf die irakische Militärbasis völkerrechtswidrig war.

Nun muss man aber auch wissen: Für das Auswärtige Amt steht nicht einfach die Möglichkeit im Raum, das politisch mal so mit einem Federstrich zu beurteilen, sondern das Auswärtige Amt muss das, was die Amerikaner vorlegen, prüfen. Bisher liegt nichts vor. Deshalb eiert der Außenminister nicht hier rum, sondern er verhält sich so, wie sich ein Außenminister in dieser Frage verhalten muss.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Stefan Liebich [DIE LINKE]: Ein Außenminister darf auch Politiker sein! – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das nenne ich Arbeitsteilung! Schlimmer geht’s nicht!)

– Herr Hampel, zu Ihnen komme ich vielleicht auch gleich noch.

Die Frage, die wir hier diskutieren, lautet: Wie reagieren wir auf die Situation, die im Irak entstanden ist? Ich halte übrigens – das will ich vorausschicken – den Schritt der Amerikaner nicht nur für völkerrechtswidrig. Ich halte ihn auch für einen großen politischen Fehler;

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

denn er führt einerseits dazu, dass sich im Iran die Reihen hinter dem Regime wieder schließen, trotz der Demonstrationen gegen das Regime, die wir im Moment sehen. Er führt dazu, dass der Irak weiter destabilisiert wird. Das irakische Parlament hat einen Beschluss gefasst, dass ausländische Truppen abziehen sollen. Aber das Parlament hat die Regierung beauftragt, auszuloten, wie das umzusetzen sei. Deshalb gibt es jetzt intensive Gespräche mit der Regierung; denn es gibt aus dieser Regierung eben auch Signale, die besagen: Wir wollen aber gar nicht, dass die ausländische Truppenpräsenz komplett beendet wird; wir brauchen internationale Truppen, um den Irak zu stabilisieren und dafür zu sorgen, dass der IS nicht wieder erstarken kann. – Deshalb ist es richtig, dass wir jetzt dazu Gespräche führen und erst am Ende dieser Gespräche und wenn die irakische Regierung eine Entscheidung getroffen hat, auch unsere Entscheidung treffen. Dabei ist klar: Deutsche Bundeswehrsoldaten werden dort nicht sein, wenn die irakische Regierung es nicht will.

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss, weil Sie das zum Anti-IS-Einsatz erwähnt haben, Herr Kollege Lambsdorff: Die Bundeswehr macht sich nicht einfach aus dem Staub. Schon im letzten Jahr war vereinbart, dass ein anderer Staat diese Aufgabe übernimmt. Es ist damals nicht gelungen, einen Nachfolger zu finden. Jetzt haben die Italiener die Bereitschaft erklärt.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Es sind sehr viele Fragen offen, Herr Matschie, das wissen Sie! Auch das ist alles andere als klar!)

Also: Im Falle, dass die irakische Regierung entscheidet: „Internationale Truppen bleiben; das IS-Mandat wird fortgesetzt“, ist dafür gesorgt, dass die Aufklärung weitergeht und die internationale Gemeinschaft hier gemeinsam handelt. Das ist wichtig in dieser Frage. Dass Europa zusammensteht und dass wir etwas erreichen können, zeigt nicht nur die Deeskalation in diesem Konflikt, sondern auch die Libyen-Konferenz, die am Sonntag hier in Berlin stattfinden wird. Europa kann etwas erreichen, wenn es zusammensteht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Matschie. – Nächster Redner ist für die Fraktion der AfD der Kollege Rüdiger Lucassen.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7413872
Wahlperiode 19
Sitzung 139
Tagesordnungspunkt Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten
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