Peter Tauber - Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der Bundestag diskutiert die aktuelle Lage im Mittleren und Nahen Osten. Gemeint sind damit die aktuellen Ereignisse: die Tötung Soleimanis, die Reaktion des Iran und auch der Parlamentsbeschluss im Irak. Es muss auch die Frage gestellt werden: Haben diese drei Ereignisse, die eine Diskussion wert sind, zu einer grundlegenden Lageänderung geführt?
Die Lage in der Region vom Iran über den Irak nach Syrien bis hin zum Libanon ist volatil. Das war sie vorher schon. Im Osten entzieht sich der Iran den Verpflichtungen des Nuklearabkommens. Das hat er vorher schon getan. Der IS ist nach wie vor präsent, nicht endgültig besiegt. Es gibt keine Grenze zwischen Irak und Syrien, die diese Bezeichnung verdient, und es ist anzunehmen, dass der IS sein Operationsgebiet erweitert und seine Aktivitäten erhöht. Das hat er vorher schon getan. Und in Syrien regiert Assad, der mithilfe des Irans weite Teile des Landes verwüstet hat, um es unter Kontrolle zu halten oder wieder unter Kontrolle zu bringen. Auch diese Situation bestand bereits vor den Ereignissen, die zu der heutigen Diskussion geführt haben.
Keine dieser Herausforderungen, über die wir diskutieren, können wir im eigenen und im europäischen Interesse ignorieren. Wozu das führen kann, haben wir 2015 und in der Zeit danach in Deutschland und in Europa erlebt. Wahr ist natürlich auch, dass die Konfrontation der letzten Tage zwischen den USA und dem Iran ein weiterer Höhepunkt der Konflikte, der Krisen, die wir uns vergegenwärtigen, ist. Aber noch einmal: Das große Ganze und die Herausforderungen insgesamt dürfen bei der Bewertung der singulären Ereignisse nicht aus dem Blick geraten.
Das gilt auch für unser deutsches Engagement in der Region. Wir reden über die deutschen Soldaten im Irak. Wahr ist: Auch im Libanon, bei UNIFIL, sind deutsche Soldaten im Einsatz, um einen Beitrag für Frieden und Stabilität in der Region zu leisten. Wahr ist auch: Auch in Syrien unterstützen wir mit der Luftaufklärung und der Luftbetankung den Kampf gegen den IS.
(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Noch ein paar Wochen!)
Und im Irak dienen unsere Soldatinnen und Soldaten seit Jahren im Rahmen der Ausbildung der irakischen Streitkräfte und leisten einen Beitrag zur Stabilisierung des Landes. An der Notwendigkeit dieses Beitrags Deutschlands in der Region hat sich auch nach den jüngsten Ereignissen nichts Wesentliches geändert. Man könnte im Umkehrschluss sogar sagen: Sie sind notwendiger denn je.
Dass die Lage auch für unsere Soldatinnen und Soldaten im Einsatz dort brisant und per se gefährlich ist, ist auch nichts Neues. Deswegen schicken wir Soldatinnen und Soldaten in diese Region und nicht vorrangig zivile Aufbauhelfer und ‑kräfte. Es ist auch richtig, dass wir nicht nur jetzt, sondern immer wieder fragen: Haben wir ausreichende Schutzmaßnahmen ergriffen, um die Gefahren für Leib und Leben unserer Soldatinnen und Soldaten zu minimieren, wohl wissend, dass es Teil ihres Einsatzes und ihrer Aufgabe ist, dass wir sie nie gänzlich ausschließen können? Das wissen unsere Soldatinnen und Soldaten auch, und sie sind deswegen auch zu Recht stolz auf den Beitrag, den sie leisten, auf den Dienst, den sie jeden Tag tun. Deswegen bin ich sehr dankbar, dass das Hohe Haus mehrheitlich zum Ausdruck gebracht hat, dass wir unseren Soldatinnen und Soldaten für diese Bereitschaft, zu dienen, und für den Beitrag, den sie ganz konkret leisten, entsprechend dankbar sind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Dass die Ministerin im Irak auch heute wieder Gespräche führt und dass sie auch bei den Soldatinnen und Soldaten ist, um das persönlich zum Ausdruck zu bringen, um die Erfahrungen mit unseren Soldatinnen und Soldaten auszutauschen und aufzunehmen, was sie dort erleben, und hier in unsere weitere Diskussion einzubringen, ist selbstverständlich und ein richtiger Schritt.
Deutschland war und ist ein verlässlicher Partner des Iraks, und das wollen wir bleiben. Die Fortsetzung dient nicht nur der Stabilität im Irak, sondern unserer eigenen Sicherheit. Bei aller unterschiedlichen Bewertung der jüngsten Ereignisse, die ich eingangs noch einmal genannt habe, bleibt am Ende die Frage: Wo stünden wir heute ohne den Einsatz bis zu diesem Zeitpunkt? Was wäre gewonnen, wenn wir uns unserer Verantwortung und Verpflichtung an dieser Stelle entziehen und die Soldaten einfach nach Hause holen, ohne mit Verbündeten und Partnern zu sprechen, ohne mit dem Irak über die Situation zu sprechen und zu klären, ob es einen gemeinsamen Ansatz gibt, für Frieden und Stabilität in dieser Region zu sorgen?
(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Jordanien ist genauso wichtig!)
Das ist der Auftrag und der Anspruch. Die Ernsthaftigkeit der Debatte ist deswegen geboten. Gut, dass wir sie so ernsthaft führen. Das können unsere Soldatinnen und Soldaten im Einsatz auch erwarten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Als Nächste erhält das Wort die fraktionslose Abgeordnete Dr. Frauke Petry.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7413878 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 139 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten |