15.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 139 / Zusatzpunkt 1

Thomas HitschlerSPD - Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten

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Hochgeschätzter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Zweistromland hat ein langes Gedächtnis. Seit Jahrtausenden leben dort Menschen, entstehen und enden Zivilisationen. Manchmal, so scheint mir, sind wir im Vergleich dazu sehr vergesslich. Wir scheinen vergessen zu haben, wie sich die Lage in der Region fortlaufend verändert. Mir scheint, wir haben sehr schnell vergessen, dass vor nicht allzu langer Zeit der selbsternannte „Islamische Staat“ kurz vor Erbil stand, wie er Städte im Norden des Irak erobert und dort Leid und Schrecken verbreitet hat.

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Sehr richtig!)

Ich erinnere mich an Kämpfe rund um das Sindschar-Gebirge, wo Zehntausende vom Tode bedroht flüchten mussten und nur unter massiven Anstrengungen befreit werden konnten.

(Zuruf von der CDU/CSU: Stimmt!)

Mir scheint, wir haben vergessen, was wir den staatlichen und nichtstaatlichen Sicherheitskräften im Irak zu verdanken haben. Ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, bin sehr dankbar, dass die kurdischen Peschmerga und andere Akteure sich dem IS entgegengestellt haben, auch wenn sie dafür einen hohen Preis bezahlt haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Warum ist dieses Vergessen gefährlich? Weil der Nahe und Mittlere Osten auch uns etwas angeht; viele Vorrednerinnen und Vorredner haben das betont. Er ist Europas globale Nachbarschaft. Konflikte in der Region haben direkte Auswirkungen auf uns. Auch deswegen ist es nicht egal, ob man die Region einfach nur sich selbst überlässt oder versucht, die Lage dort zum Positiven zu verändern. Ich bin fest davon überzeugt, dass ein weiterer Zerfall des Irak und eine zusätzliche Destabilisierung in der Region direkte Auswirkungen auf unser Land und auf Europa hätten. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns der Verantwortung für die Stabilität im Nahen und Mittleren Osten jederzeit bewusst sind.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten einen Ruf der Verlässlichkeit in der Region erarbeitet. Wir sind unverdächtig, territoriale Interessen zu vertreten unverdächtig, religiöse Interessen zu vertreten, und unverdächtig, eigene wirtschaftliche Interessen mit sicherheitspolitischen Interessen gleichzusetzen. Im Gegenteil: Wir stehen für die Herrschaft des Völkerrechts, wir stehen für Stabilität und Ordnung. Das macht uns zu einem gerngesehenen Partner, und das soll auch so bleiben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dafür leisten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr vor Ort einen wichtigen Beitrag mit der Stärkung der irakischen Armee genauso wie im Vorgehen gegen den selbsternannten „Islamischen Staat“. Und auch der Einsatz, die Verbindlichkeit gegenüber den lokalen Partnern und die Leistungsbereitschaft der Soldatinnen und Soldaten haben dem deutschen Engagement seinen guten Ruf gegeben. Im kollektiven Gedächtnis der Region werden sie unserem Land einen besonderen Platz sichern. Dafür gebühren ihnen unser Dank, unser Respekt und unsere Anerkennung.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, genau deshalb darf uns nicht gleichgültig sein, was dort passiert. Genau deshalb ist es wichtig, dass wir gemeinsam mit den Partnern der internationalen Mission weiter Verantwortung in der Region übernehmen. Auch das ist aber an eine grundsätzliche Voraussetzung geknüpft, nämlich an den Willen des irakischen Volkes. Das ist die Maßgabe für unser Engagement. Daran werden wir die Entscheidung über die Fortsetzung des Einsatzes ausrichten. Wir werden sie nicht ausrichten an außenpolitischen Reflexhandlungen, wie wir sie heute gehört haben, und auch nicht an dem Verlangen, weltpolitisch den Kopf in den Sand zu stecken. Lassen Sie uns die Menschen im Irak weiterhin unterstützen, Kolleginnen und Kollegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Henning Otte.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7413881
Wahlperiode 19
Sitzung 139
Tagesordnungspunkt Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten
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