Ingmar JungCDU/CSU - Strafgesetzbuch - Verunglimpfung der EU
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren zwei Themen. Ich will auch mit der vorgeschlagenen Einführung von § 90c StGB anfangen, der Bundesratsinitiative. Wir haben aus gutem Grund die Tradition, dass unsere Bundesflagge, Schwarz-Rot-Gold, und die Symbole unseres Staates vor bestimmten Verunglimpfungen geschützt sind.
Ich weiß nicht, ob es meinem Vorredner schon mal aufgefallen ist: Wir haben gelegentlich auch noch andere Symbole vor unseren Ministerien, vor dem Kanzleramt und auch mitten im Herzen unserer Demokratie,
(Zuruf von der AfD: Die Regenbogenfahne hängt da auch schon!)
hier im Plenarsaal des Deutschen Bundestages.
Man muss in Zeiten wie diesen und in Zeiten, in denen solche Reden wie eben gehalten werden, Folgendes sagen. Sie haben selbst gefragt, Herr Jacobi: Wofür steht die Flagge der Europäischen Union? Sie haben dann gesagt: Sie steht für die Autorität der Herrschaftsmacht oder irgendetwas Ähnliches.
(Fabian Jacobi [AfD]: Das steht im Entwurf drin!)
Es geht bei dem strafrechtlichen Schutz um etwas ganz anderes. Es geht darum, die dahinterstehenden Werte zu verteidigen. Was sind denn die Werte, für die Schwarz-Rot-Gold und auch die Europaflagge stehen?
(Fabian Jacobi [AfD]: Sie sind im Grundgesetz ganz gut vertreten!)
Da geht es um Demokratie. Da geht es um Freiheit. Da geht es um Rechtsstaatlichkeit
(Lachen bei Abgeordneten der AfD)
und um die längste Periode des Friedens, die wir in Europa jemals hatten. Die sollten wir nicht verunglimpfen,
(Zuruf von der AfD: Das will er ja gar nicht!)
das sollten wir hier gelegentlich so deutlich sagen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Fabian Jacobi [AfD]: War schon klar!)
Deshalb will ich nicht, dass das passiert, was wir letztes Jahr erleben mussten: dass eine Partei, die sich „Der dritte Weg“ nennt, einen Aufmarsch macht und bei diesem Aufmarsch auf der Europaflagge marschiert. Sie wissen, was das für eine Partei ist.
(Fabian Jacobi [AfD]: Das sind Neonazis!)
Es mag sein, dass Sie denen näher stehen.
(Fabian Jacobi [AfD]: Sagen Sie mal, was soll denn der Unsinn? Das sind Neonazis! Auf der Basis können wir uns nicht unterhalten! Tut mir leid!)
Aber ich muss ganz ehrlich sagen: Wir wollen solche Verunglimpfungen nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Deswegen bin ich absolut sicher, dass es der richtige Weg ist, auch die Symbole der Europäischen Union unter Schutz zu stellen.
Im Übrigen: Sie haben ja selbst die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zitiert; ich will das gar nicht näher kommentieren. Aber wer nach diesem Antrag erklärt, der Antrag verbiete, in Zukunft die Europäische Union zu kritisieren, der hat unsere Verfassung wirklich nicht verstanden, meine Damen und Herren – wirklich nicht verstanden.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gabriele Katzmarek [SPD]: Oder will sie nicht verstehen!)
Deshalb glaube ich, dass wir dort auf dem richtigen Weg sind. Wir unterstützen die Initiative, und wir unterstützen auch den zweiten Punkt, die Änderung beim § 104 StGB. Herr Staatssekretär, Sie haben die Anlässe benannt und schon umfassend dargestellt, worum es geht.
Man muss, auch wenn es um ausländische Staaten geht, vielleicht auch
deutlich sagen, dass man in Deutschland im Rahmen der Meinungsfreiheit aus gutem Grunde und zu Recht alles sagen darf, was man will, dass man auch für alles und gegen alles demonstrieren darf. Das ist eine Errungenschaft, die wir erst seit einigen Jahrzehnten in Deutschland haben, und da will auch kein Mensch ran.
Aber ich sage Ihnen – auch vor dem Hintergrund unserer Geschichte –: Dass ausgerechnet unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit ausgerechnet die Flagge des Staates Israel ausgerechnet vor dem Brandenburger Tor verbrannt wird, ohne dass wir dort strafrechtlich reagieren können, das wollen wir nicht hinnehmen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
So wehrhaft muss eine Demokratie an der Stelle sein können. Deshalb begrüßen wir diese Initiative.
(Fabian Jacobi [AfD]: Sprechen Sie doch erst mal zum Antrag, über den wir hier reden!)
Ich sage ganz offen: Wir hätten uns ursprünglich auch noch eine etwas engere Fassung vorstellen können. Wir müssen im parlamentarischen Verfahren und auch in der Anhörung, glaube ich, noch ein bisschen genauer hinschauen, wo wir Abgrenzungen vornehmen können. Im Bereich des Strafrechts muss man immer besonders vorsichtig sein, dass man am Ende nicht zu weit geht. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie eine Definition von „Flagge“ dann eigentlich passiert. Wann wird eigentlich eine Flagge zur Flagge? Wann wird ein Bild zur Flagge? Welche Staaten können da alle erfasst sein?
Das sind aber alles Dinge, die im parlamentarischen Verfahren genau und sorgfältig betrachtet werden können und auch interessante Themen für die Anhörung sind. Auf die freuen wir uns. Das grundsätzliche Anliegen unterstützen wir sehr.
Und: Herr Staatssekretär, wie immer können Sie sich auf die Unterstützung der Unionsfraktion verlassen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Jürgen Martens für die Fraktion der FDP.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7413892 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 139 |
Tagesordnungspunkt | Strafgesetzbuch - Verunglimpfung der EU |