15.01.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 139 / Tagesordnungspunkt 3

Jürgen MartensFDP - Strafgesetzbuch - Verunglimpfung der EU

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Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Frage der Beschädigung, des Verbrennens der Flaggen anderer Staaten, namentlich der israelischen Flagge, möchte ich nicht eingehen, weil das im Moment gar nicht Gegenstand der heutigen Beratung und der Drucksache ist. Das werden wir in den Ausschussberatungen nachholen. Ich sage jetzt mal: Das ist etwas, dem wir uns aus Sicht der Liberalen sicherlich eher nähern können als dem hier auf dem Tisch liegenden Vorschlag der Einführung eines Strafschutzes zugunsten der Flagge und der Hymne der Europäischen Union.

Die Tathandlung, die hier beschrieben wird, reicht bereits weiter als die Regelungen, mit denen die Symbole und Flaggen ausländischer Staaten geschützt werden sollen: Neben dem Zerstören und Entfernen soll auch das Unbrauchbarmachen, das Unkenntlichmachen oder sogar das bloße Verunglimpfen der Symbole einschließlich der Hymne ausreichen.

Mit der Ausweitung von Strafrecht, dem inflationären Gebrauch von Strafnormen noch nicht genug, meine Damen und Herren: Auch der Versuch soll bereits strafbar sein, also das unmittelbare Ansetzen zur Verunglimpfung. Irgendjemand hat gerade eben gespottet, dass könne auch schon der Fall sein, wenn in manchen Männergesangsvereinen der Liedtext der Hymne verteilt wird.

Die Begründung des Gesetzentwurfes weist darauf hin: „Wegen der fortwirkenden … Verantwortung der Bundesrepublik als Gründungsmitglied“ der EU sei es erforderlich, den Schutz der EU-Symbole „stärker auszugestalten“ als denjenigen von Flaggen ausländischer Staaten. – Eine Begründung ist das nicht wirklich, meine Damen und Herren.

(Fabian Jacobi [AfD]: Ja!)

Was wäre denn, wenn Deutschland kein Gründungsmitglied der EU gewesen wäre? Bräuchten wir dann keinen Strafschutz, oder müsste er anders aussehen? Das müssen Sie uns im Rahmen der weiteren Ausschussberatungen noch erklären.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Genauso ist die Frage nach dem Rechtsgut, das hier geschützt werden soll, zu beantworten. Hier heißt es: „ ... im Interesse des Ansehens der Europäischen Union und der Aufrechterhaltung des europäischen Friedens ...“ Ich glaube nicht, dass der europäische Frieden wirklich gefährdet werden kann, wenn man eine EU-Fahne beschädigt oder zerstört.

(Beifall bei der FDP und der AfD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Es geht nicht um die Frage der Aufrechterhaltung wirklich interessanter und wirklich wichtiger Rechtsgüter wie des öffentlichen Friedens – das wäre ja einzusehen –, analog etwa der Vorschrift zur Volksverhetzung in § 130 Strafgesetzbuch.

Okay, die Europäische Union hat als Friedensprojekt ohne Zweifel eine bisher beispiellose Erfolgsgeschichte geschrieben und als Raum der Freizügigkeit für Menschen und Waren einen nie gekannten Wohlstand in Europa ermöglicht. Ich glaube, die überwältigende Mehrheit des Hauses sieht dies auch so.

(Beifall bei der FDP)

Aber dieser historische Wert und das mit ihm verbundene Ansehen der Europäischen Union wird durch einen Strafrechtsparagrafen weder gesteigert noch auch nur geschützt.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN)

Das Ansehen der Europäischen Union hängt nicht von dem Einsatz engagierter Staatsanwälte ab; das Ansehen der Union hängt ganz maßgeblich von unserer Tätigkeit in diesem Haus ab.

(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Andrej Hunko für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7413893
Wahlperiode 19
Sitzung 139
Tagesordnungspunkt Strafgesetzbuch - Verunglimpfung der EU
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