Carina KonradFDP - Agrarpaket und Düngeverordnung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundeskanzlerin selbst hat gemeinsam mit der Bundeslandwirtschaftsministerin Anfang Dezember anlässlich der Bauernproteste einen längst überfälligen Dialogprozess gestartet. Das begrüßen wir Freie Demokraten ausdrücklich; denn es ist wichtig, miteinander statt immer nur übereinander zu reden.
(Beifall bei der FDP)
Die Bundeskanzlerin und die Bundeslandwirtschaftsministerin haben zahlreiche Branchenvertreter eingeladen. Vielleicht waren es zu viele; man kann darüber diskutieren – geschenkt. Es wäre aber gut gewesen, wenn die Bundesumweltministerin auch mit am Tisch gesessen hätte,
(Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Dann waren es zu wenige!)
auch geschenkt. Es ist zu begrüßen, wenn bei zentralen politischen Entscheidungen – und die Entscheidungen, die in der Landwirtschaft anstehen, sind zentral – über die Zukunft eines Berufsstandes, aber auch über die Zukunft des gesamten ländlichen Raumes die Betroffenen miteingebunden werden.
(Beifall bei der FDP)
Doch während im Bundeskanzleramt der Dialog forciert wurde, wurden im Bundeslandwirtschaftsministerium bereits Tatsachen geschaffen. Der Referentenentwurf zur erneuten Verschärfung der Düngeverordnung wurde ohne Dialog vorgelegt. Mit diesem Prozess wurde die zarte Saat des Vertrauens im Keim erstickt. Mit diesem Prozess macht das Ministerium die Bundeskanzlerin unglaubwürdig.
(Beifall bei der FDP)
Es ist auch ein Schlag ins Gesicht all der Branchenvertreter, die ernsthaft mitwirken möchten, um unser gemeinsames Ziel, den Schutz des Wassers und die Praktikabilität der Düngeverordnung, zu erreichen.
Kollegin Konrad – –
Es ist vor allen Dingen auch ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die große Hoffnungen in diesen Dialogprozess gesetzt haben. Das treibt die Landwirte derzeit weiter auf die Straße – zu Recht, wie wir finden.
(Beifall bei der FDP)
Kollegin Konrad, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung aus der Unionsfraktion?
Sehr gerne.
Liebe Frau Konrad, herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben gerade von Dialog gesprochen. Die Landwirtschaftsministerin hat zu zahlreichen Gesprächen eingeladen. Sie hat alle Landwirtschaftsminister eingeladen. Der einzige Landwirtschaftsminister der FDP, Volker Wissing, hat an diesen Gesprächen nie teilgenommen. Ich habe ihn dort nie gesehen. Ich habe an diesen Gesprächen auch teilgenommen.
(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Als Landwirtschaftsminister?)
Er war nie da. Deswegen meine Frage: Ist dieses Thema der FDP vielleicht doch nicht so wichtig gewesen? Er hat sich nämlich noch nicht mal vertreten lassen. Oder wie stehen Sie dazu?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oijoijoi!)
Herr Stegemann, was mich wundert, ist, dass bei Gesprächsrunden der Landwirtschaftsminister Abgeordnete der Union anwesend sind. Abgeordnete der FDP werden dazu nicht eingeladen.
(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Wir auch nicht!)
Die FDP ist immer bereit, sich einzubringen.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank.
(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Der Minister war nicht da! – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sie haben die Frage nicht beantwortet!)
– Wir waren nicht eingeladen.
(Marianne Schieder [SPD]: Der Minister war eingeladen!)
– Keiner von uns war eingeladen.
(Carsten Träger [SPD]: Sie haben die Frage nicht verstanden! – Gegenruf der Abg. Marianne Schieder [SPD]: Oder nicht verstehen wollen!)
– Ich glaube, Sie haben den Ernst der Lage nicht verstanden.
(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Peinlich!)
Es geht um die Existenz landwirtschaftlicher Betriebe, und es geht dabei gerade um die Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe, die familiengeführt sind. Es geht um die Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe, die nachhaltig wirtschaften, die ökologisch wirtschaften, die die Belastungen, die durch die Verschärfungen anstehen, einfach nicht mehr tragen können. Wenn Sie hier solche Zwischenfragen stellen, zeigen Sie mir damit eins: dass Sie überhaupt nicht verstanden haben, um was es hier geht. Es geht um die Existenz.
(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])
Gehen wir mal zu den Details der Düngeverordnung. In diesem Referentenentwurf wird suggeriert, dass der Boden so eine Art homogener Kuchenteig wäre.
(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das für ein Quatsch?)
Das Gegenteil ist der Fall: Boden ist sehr unterschiedlich, sehr divers. Wir können heute durch Ertragskartierung ganz genau feststellen, was wo wann gebraucht wird. Neue Sensortechnik kann das auch leisten. Aber wenn pauschal alles über einen Kamm geschert wird, so wie das versucht wird, leiden darunter nachher nicht nur Ertrag und Qualität, sondern auch die Landwirte selbst.
(Beifall bei der FDP)
Kollegin Konrad, ich habe die Uhr schon wieder angehalten.
Das ist gut.
Ich sage aber auch gleich: Sollten Sie diese Frage oder Bemerkung, wiederum aus der Unionsfraktion, zulassen, ist das auch die letzte, die ich heute hier zulasse.
(Benjamin Strasser [FDP]: Sie sind sehr unfreundlich!)
Vielleicht ist sie fachlicher Art.
Lassen Sie sie zu?
Ja.
Vielen Dank, Frau Kollegin Konrad, dass auch ich meine Frage kurz loswerden darf. – Sie sagen, wir hätten nicht verstanden. Sie tun so, als ob die Bundesregierung willkürlich eine Novellierung der Düngeverordnung aufgelegt hat. Das ist ja überhaupt nicht so. Das kommt aus Europa. Alle Länder waren sich einig, dass es eine Novellierung geben muss. Ihr Parteikollege und Landesmann Wissing hat explizit eine Protokollerklärung herausgegeben, in der er eine Novellierung fordert, und sein Stellvertreter hat, weil Wissing nicht selber da war, gegen den Vorschlag unseres Bundesministeriums gestimmt,
(Dieter Stier [CDU/CSU]: Das ist ja interessant! – Ulli Nissen [SPD]: Spannend!)
in den roten Gebieten den Nitratgehalt, die Düngung um 10 Prozent zu reduzieren.
(Albert Stegemann [CDU/CSU], an die Abg. Carina Konrad [FDP] gewandt: Vielleicht sprechen Sie sich mal ab!)
Ihr Vertreter hat dafür gestimmt, die Düngung um 20 Prozent abzusenken,
(Ulli Nissen [SPD]: Was jetzt alles rauskommt!)
und jetzt tun Sie hier so, als ob die Bundesregierung schuld wäre. Was sagen Sie Ihrem Landwirtschaftsminister Wissing, liebe Frau Konrad?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Lieber Kollege Alois Gerig, nach meinem Wissen steht die zweite Novellierung der Düngeverordnung jetzt an, und nach meinem Wissen haben zwei Bundesländer bereits angekündigt, dieser Novellierung in der Form nicht zuzustimmen. Das ist neben dem Bundesland Bayern, Ihrem Nachbarbundesland,
(Beifall der Abg. Nicole Bauer [FDP])
das Bundesland Rheinland-Pfalz, in dem der von Ihnen angeführte Minister tätig und zuständig ist.
(Beifall bei der FDP)
Es geht bei dieser Sache darum, dass ein repräsentatives Messnetz geschaffen werden muss, um die tatsächlichen Einflüsse der Landwirtschaft dort zu ermitteln, wo sie stattfinden, um dann auch gezielt Maßnahmen zu ergreifen. Aber die Messstellen müssen auch ermitteln, wo Landwirtschaft nicht der Verursacher ist.
(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen sie nicht!)
Das ist die Kunst; denn die Landwirte und auch namhafte Vertreter der Wissenschaft empfinden diese 20-prozentige Kürzung als reine Willkür. Keiner weiß, wo diese Zahl überhaupt herkommt. Wenn ein Kind in einer Schulklasse übergewichtig ist, kommt ja auch kein Mensch auf die Idee, der ganzen Schulklasse pauschal die Kalorienzufuhr um 20 Prozent – Herr Gerig, ich versuche, es Ihnen zu erklären – zu reduzieren.
(Zuruf des Abg. Albert Stegemann [CDU/CSU])
Während bei dem Rest der Klasse dann Mangelernährung herrscht, kann es sein, dass das übergewichtige Kind immer noch nicht abnimmt; das ist doch der Punkt.
(Johann Saathoff [SPD]: Was ist das für ein Vergleich? – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Holla, die Waldfee! – Marianne Schieder [SPD]: Problem völlig verkannt!)
Das ist Willkür. Das ist nicht logisch, wie das angelegt werden soll, und das versteht auch kein Mensch.
(Beifall bei der FDP – Carsten Träger [SPD]: Sie vielleicht nicht!)
Noch ein Punkt: Immer weniger Landwirte sind Tierhalter. Da ist es nicht logisch, eine Politik zu forcieren, die Landwirte dazu zwingt, immer mehr Futtergetreide zu produzieren. Auch das ist ein Punkt, der die Leute umtreibt. Deshalb ist das, was wir mit unserem heutigen Antrag fordern, eigentlich nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit. Führen Sie diesen Dialog mit den Branchenvertretern, den Sie begonnen haben, ehrlich weiter. Sie sind dazu bereit, sich einzubringen, um den Grundwasserschutz und die Praktikabilität unter einen Hut zu bringen.
(Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Im Gegensatz zur FDP!)
Angesichts der Dringlichkeit der Sache wollten wir als Fraktionen heute sofort namentlich abstimmen. Die Union jedoch hat dies im Vorfeld verhindert und will in den Ausschuss überweisen. Das finden wir sehr schade. Sie hätten heute die Chance gehabt, die Glaubwürdigkeit nicht nur Ihrer Bundeskanzlerin, sondern auch die Glaubwürdigkeit von Ihnen selbst bei den Landwirten wiederherzustellen. Dieses Thema treibt doch die Leute um.
(Zuruf der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])
Es sind die Landwirte, die unser Land ernähren und die für ihre Arbeit den nötigen Respekt verdienen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Das Wort hat der Abgeordnete Johannes Röring für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7413927 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 139 |
Tagesordnungspunkt | Agrarpaket und Düngeverordnung |