Hilde MattheisSPD - Organspende
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Wirkung einer Widerspruchsregelung und den Spendenzahlen. Den gibt es nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das hier zu suggerieren, ist ein fatal falscher Ansatz. Wir, die wir einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft einbringen, sagen: Eine Spende muss eine Spende bleiben,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der AfD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
ein aktiver, freiwilliger und selbstbestimmter Akt von Menschen, die in einem Höchstmaß von Solidarität für andere Menschen etwas geben. Das ist die Grundlage von Solidarität: freiwillig, selbstbestimmt etwas zu geben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der AfD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist auch das Menschenbild, das von unserem Grundgesetz geprägt wird, nämlich die Würde nicht zu verletzen über den Tod hinaus.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Alle Vergleiche, zum Beispiel mit einer Obduktion, verbieten sich hier; denn bei einer Organspende handelt es sich nicht um den Körper eines Leichnams.
Wir wissen – die Zahlen werden angeführt –: Ja, in Spanien gibt es eine höhere Spendenzahl. Selbst die DSO sagt: Wir bekommen gar nicht alle Spendenbereitschaften gemeldet. – Das liegt an den Strukturen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der AfD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir setzen auf dem Gesetz, das wir im April letzten Jahres verabschiedet haben, auf, nämlich zu sagen: Man muss den Menschen die Möglichkeit geben, sich im Laufe ihres Lebens unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Situationen mit dem Thema Organspende zu befassen. Wir wollen, dass sich die Behörden da einbringen. Wir wollen, dass dieses Thema beim Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein behandelt wird. Wir wollen, dass die Hausärzte die Möglichkeit bekommen – mit einer Leistungshinterlegung –, in ihren Sprechstunden alle zwei Jahre mit ihren Patientinnen und Patienten darüber zu sprechen. Wir wollen aber nicht auf die Trägheit und den Unwillen von Menschen setzen, sich damit nicht zu befassen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der AfD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Denn das schafft kein Vertrauen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Spendenbereitschaft bedeutet: Man hat ein Höchstmaß an Vertrauen in das, was da passiert, in die Ärztinnen und Ärzte, in die Menschen, die einen begleiten. Da sage ich: Das, was die Widerspruchslösung – sie nennt sich ja: doppelte Widerspruchslösung – suggeriert, ist nicht der Fall. Die Angehörigen haben kein Recht, Nein zu sagen. Vielmehr werden sie zu Zeugen degradiert.
(Zuruf von der CDU/CSU: Ja! Das ist auch richtig!)
Ich nenne zwei Punkte aus einem Kommentar von Heribert Prantl, die mich besonders beeindruckt haben.
Das Erste ist: Menschen sind nicht nur Individuen; sie sind Beziehungsmenschen. Sie stehen in Beziehungen zueinander. Ich darf nicht außer Acht lassen, dass es hier auch Beziehungen gibt. Angehörige müssen mit dem, was da passiert ist, weiter leben, egal wie. Sie brauchen eine Möglichkeit, sich zu artikulieren; sie sollen nicht als Zeugen auftreten, sondern den Willen des Angehörigen entsprechend verkörpern und nicht dastehen als diejenigen, die im Prinzip keinen Einfluss haben.
Das Zweite, was Heribert Prantl zu Recht anspricht, ist der ökonomische Aspekt dieser doppelten Widerspruchslösung: Menschen werden degradiert, und die Würde des Menschen wird verletzt. Das ist ein zentraler Punkt. Da müssen wir Nein sagen. Das geht nicht an dieser Stelle und an anderen Stellen übrigens auch nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der AfD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Von daher werben wir dafür: Schauen Sie genau hin, wenn Sie es nicht schon getan haben. Gucken Sie auf dieses Gesetz, das genau an dem Punkt ansetzt, den uns alle Untersuchungen bestätigen: Es geht darum, die Strukturen zu unterstützen, transparent zu machen, mit hohem Einsatz in den Kliniken arbeiten zu können. Darum geht es. Es geht auch darum, den Menschen ihre Selbstbestimmung nicht zu nehmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der AfD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Detlev Spangenberg.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7413949 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Organspende |